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Nachgefragt
Wie wird die Zuwanderung von Fachkräften geregelt?

Der von der Großen Koalition vorgelegte Entwurf für ein Einwanderungsgesetz für Fachkräfte ist umstritten. Offizielles Ziel ist eine Verringerung des Fachkräftemangels in bestimmten Branchen und Regionen. Viele bezweifeln, dass das mit diesem Gesetz gelingt. Doch was sind die Kernpunkte?

    Drei junge Flüchtlinge arbeiten im Ausbildungszentrum der Siemens Professional Education in Leipzig an der Verdrahtung eines Schaltschranks.
    Bei Siemens lernen Geflüchtete die Grundlagen der Elektrotechnik in einer Förderklasse (dpa / Monika Skolimowska)
    Grundsätzlich setzt der Gesetzentwurf das um, was die zuständigen Ministerien schon Anfang Oktober in den Eckpunkten fürs Zuwanderungsgesetz vereinbart haben:
    • Fachkräfte aus aller Welt sollen künftig in Deutschland in allen Berufen arbeiten dürfen, wenn sie einen Arbeitsvertrag und eine anerkannte Qualifikation haben. Es soll keine Beschränkung auf "Engpassberufe" mehr geben. Auch die Prüfung, ob nicht auch ein Deutscher oder EU-Bürger für eine Stelle infrage käme, soll wegfallen.
    • Fachkräfte dürfen für sechs Monate einreisen, um sich hier eine Stelle zu suchen. Sie müssen vorher belegen, dass sie gut genug Deutsch sprechen und ihren Lebensunterhalt in dieser Zeit allein bestreiten können. Nur bis zu zehn Wochenstunden "Probearbeiten" sind gestattet.
    • Bei der Anerkennung von ausländischen Berufsausbildungen soll es "unter bestimmten Voraussetzungen" möglich sein, eine im Ausland erworbene Ausbildung erst nach der Einreise anerkennen zu lassen und etwaige fachliche Lücken noch zu schließen.
    • Absolventen einer deutschen Auslandsschule und Ausländer mit guten Deutschkenntnissen, die einen Schulabschluss haben, der den deutschen gleichgestellt ist, dürfen für einige Monate kommen, um einen Ausbildungsplatz zu suchen.
    Beschäftigungsduldung für abgelehnte Asylbewerber
    Neu ist die sogenannte "Beschäftigungsduldung" für abgelehnte, aber gut integrierte Asylbewerber. Bisher dürfen sie nicht abgeschoben werden, so lange sie eine Lehre und nach dem Abschluss noch zwei Jahre hier arbeiten. Künftig sollen alle abgelehnten Asylbewerber noch zwei Jahre lang bleiben dürfen, wenn ihre Identität zweifelsfrei geklärt ist und sie:
    • Seit mindestens einem Jahr geduldet sind.
    • Seit eineinhalb Jahren mit mindestens 35 Wochenstunden sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind.
    • Gut genug Deutsch sprechen.
    • Ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können.
    Menschen, die erst nach Inkrafttreten des Gesetzes ins Land gekommen sind, bekommen diese Duldung nur, wenn sie spätestens ein halbes Jahr nach der Einreise ihre Identität offengelegt haben und frühestens ein Jahr nach Ablehnung ihres Asylantrags. Arbeiten dürfen sie zwar auch vorher schon. Den zweijährigen Schutz vor Abschiebung erhalten sie in diesem Jahr aber nicht. Ob sie bleiben dürfen, hängt also in erster Linie davon ab, wie schnell die Behörden an ihrer Abschiebung arbeiten. Damit soll ein direkter "Spurwechsel" vermieden werden.
    Kritik von Opposition und Gewerkschaften
    Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisiert eine "Flickschusterei". Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte, der Entwurf sei "kurzsichtig und integrationsfeindlich", weil es keinen sicheren Status für gut integrierte Geduldete in Sachen Ausbildung und Beschäftigung gebe.
    Der Linken-Fraktionsvorsitzende Bartsch kritisierte, der Entwurf sei vor allem an den Interessen der Wirtschaft orientiert. Die Grünen-Abgeordnete Polat sprach von einem "Einwanderungsgesetz ohne Einwanderung". FDP-Fraktionsvize Thomae sagte, Union und SPD versäumten es weiterhin, die Zuwanderung klar zu ordnen und zu regeln.
    Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Baumann, kritisierte den Entwurf, aber aus anderen Gründen. Er sagte, anstatt Zuwanderung zu regulieren und am tatsächlichen Bedarf auszurichten, würden die "Türen weit geöffnet für jeden, der auch nur vorgebe, in Deutschland arbeiten zu wollen".
    Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall dagegen begrüßte die Einigung und den "straffen Zeitplan" der Regierung. Über den Entwurf soll am 19. Dezember der Bundestag abstimmen.
    Zweifel am Nutzen des Zuwanderungsgesetzes
    Laut Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration wird das Gesetz allein den Fachkräftemangel nicht beheben können. Das liege daran, dass die Wirtschaft bisher kaum Strukturen im Ausland aufgebaut habe, um dort Fachkräfte anzuwerben. Der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und Pro Asyl kritisierten, dass nur eine "Beschäftigungsduldung" und nicht auch Perspektiven für geduldete Schüler und Studierende geschaffen werden sollen.
    (mw/ach)