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Nachhaltiger Anbau
"Mit Bio-Palmöl mache ich nichts falsch"

Palmöl ist ein wichtiges Produkt für Industrie und Lebensmittelwirtschaft - doch seine Gewinnung ist nicht sehr umweltverträglich. Umweltschutzverbände bemühen sich um nachhaltigeren Anbau. Ilka Petersen vom WWF erklärte im DLF, wie das geht - und was man als Verbraucher dafür tun kann.

Ilka Petersen im Gespräch mit Georg Ehring |
    Zwei Arbeiter ernten die Früchte der Ölpalme auf einer Plantage in Malaysia.
    Zwei Arbeiter ernten die Früchte der Ölpalme auf einer Plantage in Malaysia. (picture alliance / dpa / epa Barbara Walton)
    Georg Ehring: Palmöl ist überall: in Süßwaren, in Margarine, in Kerzen, in Wasch- und Reinigungsmitteln und in anderen Industrieprodukten. Gewonnen wird es aus der Ölpalme und ein großer Vorteil von Palmöl ist die hohe Ergiebigkeit. Der Rohstoff ist vergleichsweise billig. Der Nachteil: Ölpalmen-Plantagen verdrängen Urwälder, vor allem in Malaysia und in Indonesien. Über die Brandrodung dort haben wir in der vergangenen Woche berichtet. Weil die Welt auf Palmöl aber nicht so einfach verzichten kann, gibt es Bemühungen, den Anbau umweltverträglich zu gestalten. Darum bemüht sich unter anderem die Umweltschutzorganisation WWF. Sie hat jetzt Einzelhändler und Industrieunternehmen nach ihrer Einkaufspolitik befragt. Ilka Petersen ist beim WWF die Fachfrau für nachhaltiges Palmöl. Guten Tag, Frau Petersen.
    Ilka Petersen: Ja, guten Tag.
    Ehring: Frau Petersen, was unterscheidet eigentlich nachhaltig gewonnenes Palmöl von gewöhnlichem?
    Petersen: Es unterscheidet sich darin, dass gewisse Mindeststandards zumindest schon mal eingehalten werden. Das heißt, ich darf für so eine Plantage keine Primärwälder roden werden oder andere ökologisch wertvolle Flächen. Ich muss gefährdete tier- und Pflanzenarten auf meiner Plantage schützen. Ich muss gesetzliche Regelungen einhalten, zum Beispiel Landnutzungsrechte. Kinderarbeit ist verboten, ich muss Kleinbauern mit einbinden und das Ganze wird normalerweise von unabhängigen Prüfern noch mal gecheckt.
    Rewe und Edeka prüfen ihre Lieferketten
    Ehring: Das ist eine ganze Liste. Aber Bio wird es dadurch nicht?
    Petersen: Nein, Bio wird es dadurch nicht. Aber das Gute ist, dass so gut wie alle Bio-Plantagen, die es gibt im Palmöl-Bereich, auch zusätzlich noch nach anderen Standards mitzertifiziert sind. Das heißt, wenn ich zu Bio-Palmöl greife, mache ich eigentlich überhaupt nichts verkehrt.
    Ehring: Wie ist denn das Einkaufsverhalten von Unternehmen, von Einzelhändlern, wo wir dann einkaufen, oder auch von Industrieunternehmen?
    Petersen: Durchwachsen. Es gibt einige, die machen sehr viel. Die haben in den letzten Jahren wirklich sich ihre Lieferketten genauer angeschaut und wissen auch, wo ihr Palmöl herkommt. Es gibt aber auch andere, die machen wirklich nach Jahren der Diskussion über das Problem und über die Schwierigkeiten beim Palmöl-Anbau noch gar nichts und haben zum Beispiel bei unserer Palmöl-Score-Card noch mal oder immer noch mit null Punkten abgeschnitten. Das ist schon sehr bedauerlich und zeugt wirklich von einer gewissen Ignoranz dem Thema gegenüber.
    Sicht von oben auf Palmölplantagen und Urwald.
    Die Palmölplantagen in Indonesien verdrängen den Urwald (imago/stock&people/Xinhua)
    Ehring: Wo sollte man denn einkaufen und bei welchen Herstellern? Können Sie einzelne Beispiele nennen, wer sich besonders bemüht hat?
    Petersen: Bei den Supermärkten zum Beispiel - das ist ja das, wo ich als Verbraucher normalerweise hingehe und meinen Einkauf mache -, da haben besonders gut Edeka und Rewe abgeschnitten. Das sind die beiden mit der besten Punktzahl in dem Bereich. Und wenn ich jetzt bei Drogeriemärkten schaue, da werde ich am besten beim DM-Drogeriemarkt bedient. Rossmann zum Beispiel hat null Punkte, DM hat elf Punkte bei der Score-Card bekommen.
    "Bei Produkten wirklich draufgucken, was denn drin ist"
    Ehring: Der Verbraucher kann sich den Laden aussuchen, wo man einkauft. Kann man noch mehr tun als Verbraucher?
    Petersen: Na ja, man kann sich den Laden aussuchen, bei dem man einkauft. Man kann natürlich auch bei Produkten wirklich draufgucken, was denn drin ist. Bei Lebensmitteln muss das seit Anfang des Jahres mit draufstehen, wenn Palmöl drin ist. Wenn ich jetzt sage, ich möchte das Palmöl so gut wie möglich komplett vermeiden, dann ist das zwar sehr schwierig, weil es wirklich in vielen Produkten drin ist, aber dann kann ich das zumindest versuchen. Eine Lösung dafür wäre zum Beispiel, möglichst mit wirklich frischen Lebensmitteln zu kochen. Wenig Süßes leider auch oder alles, was Fertigwaren sind, da ist oft Palmöl mit drin, und der Griff irgendwie zu Bioprodukten ist dann auch immer noch mal die bessere Wahl.
    Ehring: Wenn ich versuche, Palmöl zu meiden, dann habe ich ja unter Umständen andere Fette, beispielsweise Kokosöl oder Kokosfett oder so etwas. Ist das denn besser?
    Petersen: Ja, Kokosfett oder Sojaöl. Nein, das ist nicht wirklich besser. Da komme ich tatsächlich vom Regen in die Traufe. Wir wissen auch, dass viele Unternehmen versuchen, Palmöl auszutauschen, was nicht immer möglich ist oder nicht immer einfach ist. Gerade wenn man Palmöl austauscht gegen Kokosöl oder sogar gegen Sojaöl, dann habe ich das Problem nur noch verschlimmert. Sojaöl zum Beispiel wird auf 100 Millionen Hektar angebaut. Das ist überhaupt nicht so effektiv wie Palmöl, das auf 17 Millionen Hektar weltweit steht. Ich habe dann zusätzlich noch das Problem der Gentechnik, das ein riesiges Problem ist. Da mache ich es nicht besser, sondern da mache ich es nur schlimmer, und deswegen sagen wir, wenn man Palmöl nutzt, muss man Verantwortung dafür übernehmen, wo es herkommt, und zum Teil ist es sehr, sehr schwierig, das zu ersetzen.
    Ehring: Ilka Petersen vom WWF war das - herzlichen Dank.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.