Johannes Garbino-Anton kann nicht nur sagen, wie man ein Flugzeug mit Elektroantrieb baut. Sondern als Testpilot weiß er auch, wie es sich anfühlt, wenn man mit solch einer Maschine unterwegs ist.
"Bisher jeden, den ich gesehen habe, der mal elektrisch geflogen ist oder hybrid-elektrisch, dem ist es schwierig, das Grinsen aus dem Gesicht wieder rauszutreiben. Und man spürt, dass es eine andere Technologie ist. Das ist wie von der Dampfmaschine auf eine moderne Gasturbine, so dieses Delta, das ist einfach eine ganz andere Technologie. Und gleichzeitig spürt man, dass es eben vibrationsarm, potentiell deutlich leiser und eben verbrauchsärmer ist."
Mit leicht erreichbaren Zielen beginnen
Für die Berlin-Brandenburg Aerospace Allianz arbeitet er daran, die Hauptstadtregion als Kompetenzzentrum für die elektrische Luftfahrt aufzubauen. Er rät dazu, nicht gleich nach den Sternen zu greifen und stattdessen mit leicht erreichbaren Zielen zu beginnen.
"Batterieelektrische Flugzeuge zum Beispiel zum Pilotentraining. Die brauchen dann noch keine besonders große Reichweite, aber das sind so die ersten Produkte, mit denen man auch wirklich Geld verdienen kann und die Technologiereife vorantreiben kann."
Längere Strecken lassen sich mit einem Elektroantrieb alleine nicht bewältigen. Denn dazu müssten mehr Batterien an Bord sein, das Gewicht wäre einfach zu groß. Hier sieht Johannes Garbino-Anton eine Anwendung für hybridelektrische Luftfahrzeuge, die mit einer Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmotor unterwegs sind.
"Die sind dann typischerweise, gehen wir davon aus, zehn bis zwanzig Sitze. Das ist so ein Zertifizierungsrahmen, in dem man noch mit überschaubarem Aufwand interessante Kurzstreckenflugzeuge schaffen kann, die sehr viel sparsamer sind und entweder mit einem kleinen Turbodiesel oder einer kleinen Gasturbine hybridisiert werden."
Eher ungewöhnliches Konzept für die Tragflächen
An der Entwicklung solch eines Flugzeugs mit Elektro- und Verbrennungsmotor ist Eike Stumpf beteiligt, Professor an der RWTH Aachen. Silent Air Taxi nennt sich die Maschine, die einem Piloten und vier Passagieren Platz bietet.
"Das Silent Air Taxi ist ein Lufttaxi für Regionaldistanzen. Das heißt, alles jenseits von hundert Kilometern, wenn man das überbrücken will in der Luft."
Die Entwickler setzen auf ein eher ungewöhnliches Konzept für die Tragflächen: Ein Paar sitzt unterhalb der Pilotenkanzel, ein Paar auf dem Seitenleitwerk am Heck. Beide sind über Streben miteinander verbunden. Der fischförmige Rumpf des Fliegers scheint also aus einem rechteckigen Rahmen herauszuragen. Boxwing-Konfiguration nennt sich das.
"Das heißt, es ist im Grunde genommen wie ein Doppeldecker, aber mit Endplatten, wenn man so will. Die sind aerodynamisch sehr effizient und von der Seite her schon mal sehr vorteilhaft."
Für den Schub sorgen zwei ummantelte Propeller in Gondeln am hinteren Rumpf, die von zwei verschiedenen Motoren angetrieben werden.
"Es gibt einmal einen Verbrenner, ganz klassisch einen Verbrenner, aber auf der Welle des Verbrenners sitzt noch ein Elektromotor, der tatsächlich dann, wenn er gebraucht wird, in dem Fall ist das also beim Start, noch zusätzlich Leistung gibt und insgesamt den Flieger dann schön leise macht und effizient."
Schnelle Alternative zur Bahn
Sehr viel Treibstoff spart der Flieger dadurch nicht, aber dafür kann er fast auf jeder Start- und Landebahn besonders leise abheben. Als eine schnelle Alternative zur Bahn auf Verbindungen, die von Fluggesellschaften gar nicht oder nur schwach frequentiert werden. Ein Ticket soll auch ungefähr nur so viel kosten wie eine Erste-Klasse-Fahrkarte der Bahn. Bisher existieren von diesem Lufttaxi allerdings nur Modelle. Die Muster-Zulassung ist für das Jahr 2024 geplant.
"Wir sind schon relativ weit: Wir haben also schon erste Gespräche mit der EASA, also mit der Zulassungsbehörde dann jetzt geführt. Ziel ist ganz klar: 22 Erstflug und 24 Entry to Service, das heißt, ab dann sollte also dieses Taxi angeboten werden."
Noch etwas länger dürfte es dauern, bis sich das Modell E10 des Unternehmens SKYLAX in die Lüfte erhebt. Es soll rein elektrisch fliegen und zehn Menschen Platz bieten. Zu den ersten Kunden wird eine Regionalfluggesellschaft gehören, die die ostfriesischen Inseln versorgt, erklärt der SKYLAX-Geschäftsführer Rosario De Luca.
Transportflüge von Insel zu Insel
"Das sehen wir als erstes Einsatzgebiet für unsere Maschine: Transportflüge von Insel zu Insel oder kurze Strecken mit einer Gesamtreichweite von 300 Kilometern. Oder als Trainingsflugzeug für angehende Piloten. Auch staatliche Behörden könnten Interesse daran haben, zur Grenzkontrolle zum Beispiel."
Doch eines dürfte sicher sein: Große Passagiermaschinen werden so schnell nicht mit Elektroantrieb abheben.