Archiv

Nachhaltigkeit in der Bundesliga
Zwei Drittel aller Vereine kennen ihren CO2-Fußabdruck nicht

Spieltage der Fußball-Bundesliga verbrauchen viel Energie – aber nur zwölf Vereine in der 1. und 2. Liga kennen ihren CO2-Fußabdruck. Die Nachhaltigkeitskriterien der Liga stoßen aber auf Kritik. Ein Verein in England zeigt aber, was möglich ist.

Von Maximilian Rieger |
Ein Löwenzahn sprießt auf einem Kunstrasenplatz
Beim Thema Nachhaltigkeit hat der Profifußball noch einiges an Nachholbedarf (imago / Arnulf Hettrich)
Rasenheizung, Flutlicht, die An- und Abreise der Fans – die Bundesliga verbraucht viel Energie. Zwei Drittel der Vereine in der 1. und 2. Bundesliga wissen aber nicht, wie viel CO2 sie dabei ausstoßen. Das zeigt eine Umfrage der ARD-Radio-Recherche-Sport und der Sportschau unter allen 36 Profi-Klubs, die in der Deutschen Fußball Liga organisiert sind.
"Ja, offensichtlich Nachholbedarf, würde ich sagen. Großer Nachholbedarf", meint dazu Nicole Kumpis, Präsidentin von Eintracht Braunschweig, im Deutschlandfunk-Sportgespräch.
Forrest Green Rovers – der grünste Klub der Welt
Dass sich Umweltschutz und Profi-Fußball nicht ausschließen, zeigt ein Verein in England: Die Forrest Green Rovers sind gerade in die 3. Liga aufgestiegen. Der Verein nutzt grünen Strom, das Essen im Stadion ist vegan, der Mannschaftsbus fährt elektrisch. Demnächst soll ein modernes Ökö-Stadion aus Holz entstehen.
Eingeführt hat all das Vereins-Besitzer Dale Vince, Gründer eines Ökostrom-Anbieters. In England sind diese Maßnahmen noch freiwillig. Aber Vince fordert, dass die Vereine dazu verpflichtet werden.
„Wir müssen Nachhaltigkeit in den Regularien verankern. Jedes Jahr wird bei uns das Stadion geprüft, damit hier Leute reindürfen. Da geht es vor allem um Sicherheit oder ob es genug Toiletten gibt. Aber man könnte das leicht auf Nachhaltigkeit ausweiten: Wird recycled? Was gibt es zu Essen?“
Widerstände gegen DFL-Nachhaltigkeitskriterien
In Deutschland hat die DFL einen ersten Schritt in diese Richtung gemacht. Im Mai hat der Liga-Verband 39 Nachhaltigkeitskriterien in der Lizenzierung verankert. Wobei es anfangs Widerstände gegeben hat, berichtet Ilja Kaenzig, der Geschäftsführer des VfL Bochum.
„In der Tat war am Anfang des Prozesses der ein oder andere – auch größere - Klub sehr skeptisch oder sogar negativ dem ganzen gegenüber eingestellt. Im Laufe der Zeit hat sich das gewandelt, hat man eingesehen, hat man verstanden, dass das ein Mega-Thema ist, ein Thema, wo es um die Existenzsicherung geht, auf dem Platz und neben dem Platz.“
FC Bayern hat Nachholbedarf bei der Nachhaltigkeit
Zu den Kriterien, die von den Klubs erfüllt werden müssen, gehört auch die Messung des CO2-Fußabdrucks. Alle Vereine müssen bis nächsten März ermitteln, wie viel CO2 sie ausstoßen. Richtig so, findet Jürgen Muth, der Geschäftsführer der Allianz Arena.
„Was ganz wichtig ist, dass man jetzt erstmal alle in der 1. Und 2. Liga screent und sagt: Wo steht ihr denn? Und daraus werden sich Verbesserungspotenziale für jeden entwickeln, weil kein Verein ist gleich und auch kein Stadion ist gleich.“
Auch der FC Bayern München hat noch Nachholbedarf – er gehört zu den Vereinen, die ihren Fußabdruck noch nicht messen haben. Der Rekordmeister hat aber eine Initiative gestartet, um nachhaltiger zu arbeiten.
Nur vier Vereine haben ein CO2-Reduktionsziel
Insgesamt haben 26 Vereine geantwortet, dass sie eine Person beschäftigen, die sich dezidiert um Nachhaltigkeit kümmert. Auch das ist ein Kriterium, das die Vereine bis März erfüllen müssen.
Einigen Klubs, Sponsoren und Fans gehen die Bemühungen aber nicht schnell genug.
„Das liegt einerseits daran, dass es lediglich darum geht, Mindeststands zu erfüllen, die in der freien Wirtschaft ganz normal sind. Oder Reportings zu machen, aber nur reporten, was passiert, ohne tatsächlich wissenschaftlich fundierte Ziele dahinter zu setzen“, kritisiert Anna-Maria Hass vom Fan-Netzwerk Zukunft Profifußball.
Ein konkretes Ziel zur CO2-Reduktion können auf Anfrage dann auch nur vier Vereine nennen: Wolfsburg, Hoffenheim, Werder Bremen und St. Pauli. Diese vier Vereine haben sich verpflichtet, bis 2030 ihren CO2-Ausstoß um die Hälfte zu reduzieren und bis 2040 das Netto-Null-Ziel zu erreichen.
Das heißt: Für alle CO2-Emissionen, die ein Klub dann noch verursacht, muss er Maßnahmen ergreifen, um diese Emissionen wieder aus Atmosphäre zu holen.
Damit halten sich die Vereine an die Vorgaben des Weltklimarates – die anderen Klubs müssen noch daran arbeiten.