Sport und Klimaschutz
Wie es um die Nachhaltigkeit der Fußball-Bundesliga steht

Vor zwei Jahren hat die Deutsche Fußball Liga Nachhaltigkeitskriterien in den Lizenzierungsprozess aufgenommen. Marika Bernhard von der DFL und Anne-Kathrin Laufmann von Werder Bremen ziehen im Dlf-Sportgespräch eine Zwischenbilanz.

Marika Bernhard und Anne-Kathrin Laufmann im Gespräch mit Maximilian Rieger |
Eine Uhr zum "Race to Zero" im Stadion des VfL Wolfsburg.
54 Kriterien hat die Deutsche Fußball Liga in ihre Nachhaltigkeits-Strategie aufgenommen. Allerdings sind für die Clubs nur neun davon verpflichtend. (picture alliance / firo Sportphoto / Jürgen Fromme)
Vor jeder Saison vergibt die Deutsche Fußball Liga (DFL), der Zusammenschluss der 36 Vereine der ersten und zweiten Bundesliga, Lizenzen an die Clubs. Wer keine Lizenz bekommt, darf nicht mitspielen. Und wer eine Lizenz bekommen will, muss seit nunmehr zwei Jahren auch Nachhaltigkeitskriterien erfüllen.
Dabei geht es etwa um ökonomische Nachhaltigkeit, soziale Nachhaltigkeit und ökologische Nachhaltigkeit. In der Satzung der DFL heißt es: "Die Fußball-Bundesliga trägt dazu bei, das Bewusstein für nachhaltiges Handeln innerhalb breiter Bevölkerungsschichten zu verankern."

Bernhard "sehr zufrieden"

Aber wo steht die Liga aktuell, zwei Jahre nach Einführung der Nachhaltigkeitskriterien?
"Ich bin sehr zufrieden", sagte Marika Bernhard, Leiterin der Nachhaltigkeits-Abteilung der DFL, im Deutschlandfunk-Sportgespräch. "Wir können mittlerweile feststellen, dass alle Vereine eine Nachhaltigkeits-Strategie haben. Alle Vereine haben eine verantwortliche Person für Nachhaltigkeit. Sie bekennen sich öffentlich zu Diversität und gegen Diskriminierung. Alle führen Maßnahmen zu nachhaltiger Fan-Mobilität durch und engagieren sich in ihrem lokalem Umfeld. Auch wenn da noch viel zu tun ist, ist es durchaus eine sehr, sehr positive Bilanz."
Marika Bernhard, Lead Nachhaltigkeit (Direktion Unternehmensstrategie) DFL Deutsche FuÃball Liga, spricht beim Nachhaltigkeitsforum der Deutschen Fußball Liga DFL.
Marika Bernhard, Leiterin der Nachhaltigkeits-Abteilung bei der Deutschen Fußball Liga (picture alliance / dpa / Britta Pedersen)
Dass die Vereine in den vergangenen Jahren Fortschritte gemacht haben, zeigen auch mehrere Deutschlandfunk-Abfragen bei allen 36 Profi-Klubs. Die Zahl der Vereine mit verbindlichen und messbaren Zielen, den CO2-Ausstoß zu senken, ist allerdings nicht gestiegen. Weiterhin sind es nur sechs, die auf Anfrage ein solches Ziel nennen können.
Dazu gehört Werder Bremen. Der Erstligist hat sich zum Ziel gesetzt, seine CO2-Emissionen bis 2030 zu halbieren. Bis 2024 will der Bundesligist dann nicht mehr CO2 verursachen, als er woanders kompensiert.

Thema Klimaschutz betrifft Werder Bremen direkt

Die Bremer beschäftigen sich schon länger mit dem Thema Nachhaltigkeit, wie Anne-Kathrin Laufmann, Geschäftsführerin Sport und Nachhaltigkeit, erklärte. Der Grund dafür liege quasi vor der Haustür: "Wir haben hier die Weser. Wir liegen tatsächlich in einem Hochwassergebiet. Das Thema Klimaschutz betrifft uns tatsächlich auch direkt", sagte sie im Dlf.
Dass der Verein dabei nicht alle Aspekte, wie etwa die Anreise der Fans, unter Kontrolle hat, sei klar, sagte Laufmann. Deshalb müsse es im Endeffekt auch um Kompensation gehen.
Es ist nämlich vor allem die An- und Abreise der Fans, die an Bundesliga-Spieltagen die meisten Emissionen verursachen. "Übergreifend ist es natürlich unser Ziel, zur Mobilitätswende in Deutschland beizutragen", sagte Bernhard.
"Unsere Aufgabe ist es, gemeinsam mit allen relevanten Akteueren, mit Fans, Clubs, Städten, Kommunen und Mobilitätsanbietern zu gucken, dass wir die Emissionen so weit wie möglich reduzieren. Gleichzeitig ist es auch Teil der Wahrheit, dass Menschen immer reisen werden. Deswegen werden wir nicht auf Null kommen, sondern es gilt wirklich alle Hebel zu ziehen, die wir zur Verfügung haben."

Kommunikation zum Thema Nachhaltigkeit zurückhaltend

Die Öffentlichkeit bekommt von diesen Themen aktuell wenig mit. "Das sind keine Themen, mit denen man viele Leute hinter dem Ofen hervor lockt", erklärt Laufmann die zurückhaltende Kommunikation. "Das sind Dinge, die wir sukzessive umsetzen müssen und wo man jetzt weniger die Marketing-Brille aufsetzt."
Anne-Kathrin Laufmann, Geschäftsführerin Sport und Nachhaltigkeit von Werder Bremen, spricht zu den Mitgliedern.
Anne-Kathrin Laufmann ist Geschäftsführerin Sport und Nachhaltigkeit von Werder Bremen. (picture alliance / dpa / Carmen Jaspersen)
Doch in all dem Nachhaltigkeits-Bestreben gibt es auch Widersprüche, vor allem beim Thema Sponsoren. Denn beinahe alle Bundesligisten haben einen Glücksspielanbieter als Geldgeber, dazu kommen Unternehmen, deren Geschäftsmodelle etwa auf fossilen Brennstoffen basieren.
Der Hamburger Sportverein hat zum Beispiel vor zwei Jahren eine Partnerschaft mit dem Ölkonzern Shell abgeschlossen, obwohl das Unternehmen einer der Hauptverursacher für die Erderwärmung ist.

Balanceakt zwischen Verantwortung und Wirtschaftlichkeit

"Natürlich ist der Fußball auch gefordert und gezwungen, die richtige Balance zwischen Verantwortung und wirtschaftlichem Interesse zu finden", sagte Bernhard von der DFL. "Und solange Normen und Gesetze eingehalten werden, tun wir uns sehr schwer damit, einzelne Branchen oder Unternehmen als No-Go-Area abzustempeln."
"Diesen Aushandlungsprozess müssen wir kontinuierlich führen. Und da sind wir tatsächlich noch nicht überall", gab Bernhard zu. "Das ist etwas, was im Fußball schon passiert, aber noch verstärkt passieren muss: Sich ganz konkret diese Fragen zu stellen und dann nicht eine Entscheidung vorwegzunehmen, sondern sich mit den relevanten Akteuren zusammenzusetzen und zu überlegen, sind wir darauf angewiesen, bestimmte Partnerschaften einzugehen?"
Außerdem könnte die DFL nicht "Staat spielen", sagte sie. "Wir sind die Clubs. Insofern sind es auch die Clubs, die dann in einem Zusammenschluss entsprechende Dinge auf den Weg bringen müssten."

Nur neun Kriterien für Lizenz verpflichtend

Insgesamt ist das Schwert, mit dem die DFL durch ihre Nachaltigkeits-Kriterien agiert, aktuell allerdings noch recht stumpf. Denn von den 54 Kriterien müssen die Clubs aktuell nur neun verpflichtend erfüllen, um eine Lizenz zu bekommen. Und dazu zählen unter anderem die Verankerung von Nachhaltigkeit in der Satzung, die Ernennung eines Nachhaltigkeits-Verantwortlichen, oder ein öffentliches Bekenntnis gegen Diskrimierung. Also Maßnahmen, die oft sehr einfach zu erfüllen sind.
"Wir sind noch nicht am Ziel", gab Bernhard zu. "Das ist die Basis für alles, was noch kommt. Wir haben uns gemeinsam mit den Clubs dazu entschieden, eine sukzessive Logik anzuwenden und nicht von Anfang an alle zu überfordern."

DFL wollte Clubs nicht überfordern

Dabei gibt es die Nachhaltigkeitskriterien bereits seit zwei Jahren. Damals hatte die DFL angekündigt, dass zur Saison 2024/25 alle Kriterien für die Klubs verpflichtend sein würden. Von diesem ambitionierten Ziel ist die DFL aber nach den ersten Erfahrungen abgerückt.
"Nachdem wir mit der Richtlinie gestartet sind, haben wir erst die Strukturen schaffen können. Dann erst hatten wir Ansprechpersonen in allen Clubs und konnten mit den Personen wirklich daran arbeiten", erklärte Bernhard. "Und dann war es eben wichtig, noch einmal ein Jahr darauf zu verwenden, Erfahrungswerte zu sammeln, die Richtlinie den Kriterien anzupassen, zu verbessern. Und das haben wir getan, die Zeit haben wir uns genommen."
Für das kommenden Jahr seien dann zehn weitere Kriterien verpflichtend. "Und ich würde den Weg immer wieder so gehen. Denn es ist mir wichtiger, dass alle 36 Clubs mitgenommen werden, dass wir zum Kompetenzaufbau und zum Wissenstransfer beitragen und uns nicht selbst ein Bein stellen, indem wir die Messlatte von Anfang an zu hoch setzen und dann Clubs verlieren."

DFL will mehr Transparenz in den kommenden Jahren

Auch am Thema Transparenz arbeite die DFL aktuell noch, sagte Bernhard. Bisher veröffentlicht jeder Verein einzeln seinen Nachhaltigkeits-Bericht. "Da haben wir sicherlich noch Ausbaupotenzial. Es ist nicht so, dass die Dinge nicht vorhanden wären, sondern dass wir uns einfach dem Themenfeld annähern und natürlich auch überlegen, inwieweit es möglich ist, zukünftig auch mal die ein oder anderen Ergebnisse in aggregierter Form zur Verfügung zu stellen. Das wird sicherlich auch in den nächsten Jahren mehr werden."