Sie ist eine Architektur-Ikone der Nachkriegsmoderne: Schlicht und mit streng geraden Linien steht die Neue Nationalgalerie am Berliner Kulturforum, ein Tempel aus Glaswänden und Stahl, gebaut Mitte der 1960er-Jahre von Ludwig Mies van der Rohe.
"Ich liebe diese Einfachheit, nicht wahr."
Im kommenden April wird das Museum nach mehr als vier Jahren Schließung wiedereröffnen. 140 Millionen Euro hat die Sanierung dieses in aller Welt bekannten Hauses durch den britischen Architekten David Chipperfield gekostet. Mancher mag sich nun fragen, ob das Gebäude künftig weniger Energie verbraucht. Vor der Schließung waren es 12,5 Millionen Kilowattstunden Strom und Wärme im Jahr. Das entspricht umgerechnet etwa dem Verbrauch von 3.500 Zwei-Personen-Haushalten. Der Energieverbrauch des Gebäudes mit seinen gigantischen Glaswänden und den riesigen offenen Räumen dürfte auch in Zukunft trotz neu eingebauter Energiesparlampen hoch bleiben. Das Museum, ein Klima-Killer?
"Ich liebe diese Einfachheit, nicht wahr."
Im kommenden April wird das Museum nach mehr als vier Jahren Schließung wiedereröffnen. 140 Millionen Euro hat die Sanierung dieses in aller Welt bekannten Hauses durch den britischen Architekten David Chipperfield gekostet. Mancher mag sich nun fragen, ob das Gebäude künftig weniger Energie verbraucht. Vor der Schließung waren es 12,5 Millionen Kilowattstunden Strom und Wärme im Jahr. Das entspricht umgerechnet etwa dem Verbrauch von 3.500 Zwei-Personen-Haushalten. Der Energieverbrauch des Gebäudes mit seinen gigantischen Glaswänden und den riesigen offenen Räumen dürfte auch in Zukunft trotz neu eingebauter Energiesparlampen hoch bleiben. Das Museum, ein Klima-Killer?
"Zum einen haben wir in der Zeitung lesen können, dass die Bundesrepublik tatsächlich die Klimaziele 2020 erreicht hat."
Weltweit eine Orgie an Museumsneubauten
Der Chemiker Stefan Simon leitet das Rathgen-Forschungslabor in Berlin, das wie die Neue Nationalgalerie zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz gehört. Simon fordert schon seit längerem eine Green Task Force und mehr politische Initiativen für grüne - also umweltfreundliche - Museen:
"Wir wissen alle, wir haben weltweit eine Orgie an Museumsneubauten. Und da schneiden natürlich die Kultureinrichtungen nicht besonders gut ab, wenn man sich mal die Klimaziele des Paris-Abkommens vergegenwärtigt. Wo der Energieverbrauch ja eigentlich nicht zurückgeht, sondern entweder gleichbleibt oder sogar leicht steigt. Und das nur bezogen auf den Betrieb, also auf die Energiekosten, die man hat, zur Wärme, zur Kälte, zur Klimaanlage, zu Licht und sonstigen Strom-Verbräuchen. Aber nichts zu der grauen Energie, die in den Gebäuden steckt."
"Wir wissen alle, wir haben weltweit eine Orgie an Museumsneubauten. Und da schneiden natürlich die Kultureinrichtungen nicht besonders gut ab, wenn man sich mal die Klimaziele des Paris-Abkommens vergegenwärtigt. Wo der Energieverbrauch ja eigentlich nicht zurückgeht, sondern entweder gleichbleibt oder sogar leicht steigt. Und das nur bezogen auf den Betrieb, also auf die Energiekosten, die man hat, zur Wärme, zur Kälte, zur Klimaanlage, zu Licht und sonstigen Strom-Verbräuchen. Aber nichts zu der grauen Energie, die in den Gebäuden steckt."
Graue Energie – damit ist die benötigte Energie für Herstellung, Lagerung und Transport gemeint. Nehmen wir das Humboldt Forum, eine mit Prestige und Diskussion aufgeladene Institution, die Berlin international glänzen lassen soll, untergebracht im wiederaufgebauten Berliner Schloss. Als das Humboldt Forum im Dezember digital eröffnet wurde, betonten Kulturstaatsministerin Monika Grütters und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz seine Nachhaltigkeit. Aber welche Nachhaltigkeit ist hier gemeint?
"Wir planen immer noch, auch in unseren Museumsneubauten, ob sie jetzt das Museum der Moderne nehmen, Nationalgalerie, Humboldt-Forum oder die Renovierung des Pergamonmuseums, wir planen mit Klimaanlagen. Klimaanlagen mit bestimmten Luftaustauschraten. Da wird die gesamte Luft mit der Außenluft ausgetauscht in einer bestimmten Rate, die vermutlich gar nicht notwendig ist und die aber mit sehr, sehr hohen Kosten verbunden ist."
Meint Stefan Simon, der auch noch auf andere Kosten verweist. So wurden beim Wiederaufbau des Hohenzollern-Schlosses 250.000 Tonnen Beton verbraucht – und damit auch Unmengen von klimaschädlichem CO2 verursacht. Seit Beginn dieses Jahres gilt in Deutschland ein CO2-Preis von zunächst 25 Euro pro Tonne. Für Stefan Simon längst überfällig.
"Und das muss in die Köpfe auch der Haushälter und der Museumsträger kommen. Und ich glaube, damit sind die Museen auch überfordert. Da braucht es natürlich auch Beratung. Da braucht es auch externe Beratung, ganz klar, also nicht nur Ressourcen im Haus sondern auch externer Beratung von außen, von Experten in der Umstrukturierung einer Nachhaltigkeit."
"Wir planen immer noch, auch in unseren Museumsneubauten, ob sie jetzt das Museum der Moderne nehmen, Nationalgalerie, Humboldt-Forum oder die Renovierung des Pergamonmuseums, wir planen mit Klimaanlagen. Klimaanlagen mit bestimmten Luftaustauschraten. Da wird die gesamte Luft mit der Außenluft ausgetauscht in einer bestimmten Rate, die vermutlich gar nicht notwendig ist und die aber mit sehr, sehr hohen Kosten verbunden ist."
Meint Stefan Simon, der auch noch auf andere Kosten verweist. So wurden beim Wiederaufbau des Hohenzollern-Schlosses 250.000 Tonnen Beton verbraucht – und damit auch Unmengen von klimaschädlichem CO2 verursacht. Seit Beginn dieses Jahres gilt in Deutschland ein CO2-Preis von zunächst 25 Euro pro Tonne. Für Stefan Simon längst überfällig.
"Und das muss in die Köpfe auch der Haushälter und der Museumsträger kommen. Und ich glaube, damit sind die Museen auch überfordert. Da braucht es natürlich auch Beratung. Da braucht es auch externe Beratung, ganz klar, also nicht nur Ressourcen im Haus sondern auch externer Beratung von außen, von Experten in der Umstrukturierung einer Nachhaltigkeit."
Seit vier Monaten gehört auch das Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit zu den Klimaschutz-Beratern für Kultureinrichtungen, gefördert durch das Staatsministerium für Kultur und Medien. Was das für die Museen bedeutet, erklärt Projektleiter Jacob Sylvester Bilabel.
"Die Museen stehen vor einer besonderen Herausforderung. Und zwar, ein Museum ist eigentlich so etwas wie die Mondlandung der Nachhaltigkeit. Alles ist erstmal sehr, sehr kompliziert und auch durch Rahmenbedingungen beschrieben, die man eigentlich relativ wenig beeinflussen kann. Nämlich: wie warm darf es in den Räumen sein? Wieviel Luftfeuchtigkeit darf herrschen? Was will man denn da eigentlich bewahren? Und wie lange? Wieviel Zuschauer-/Zuschauerinnen-Betrieb möchte man denn zulassen?"
Die Werke reisen um den halben Globus
Die Häuser können oder wollen oft selbst nicht genau beziffern, was ihre Graue Energie genau ausmacht. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Kunstzeitschrift "Art" initiierte Umfrage unter rund 80 Institutionen. Auch Alexandra Czarnecki, Restauratorin in der Alten Nationalgalerie in Berlin, bestätigt das. Sie beschäftigt sich mit der Frage, wie ein nachhaltiges Bewahren von Kulturgut möglich sein könnte.
"Zunächst denke ich, müsste man wissen, welche Ökobilanz die Museen denn nun tatsächlich vorweisen. Denn eine derartige Datenerhebung im Sinne jetzt der ökologischen Nachhaltigkeit ist mir bisher aus keinem deutschen Museum bekannt. Es also gibt quasi keine Fakten, die man hernehmen kann, sondern man kann im Grunde nur mutmaßen."
Ein Museum beschäftigt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die durch die Welt fliegen, um Kontakt zu Künstlern zu halten, Ausstellungen vorzubereiten oder wichtige Schauen zu besuchen. Für Ausstellungen reisen auch die Werke um den halben Globus, der Sicherheitsaufwand ist mitunter immens. Aber nicht nur die Kunst und die Museumsakteure reisen, in den vergangenen Jahrzehnten bis zum Beginn der Corona-Pandemie entwickelte sich auch der Kulturtourismus zu einem Massenphänomen. Schlangen bildeten sich nicht nur vor dem Louvre in Paris, sondern auch etwa vor dem vergleichsweise kleinen LWL-Museum in Münster, als dort eine große Schau mit Bildern des englischen Malers William Turner gezeigt wurde.
"Zunächst denke ich, müsste man wissen, welche Ökobilanz die Museen denn nun tatsächlich vorweisen. Denn eine derartige Datenerhebung im Sinne jetzt der ökologischen Nachhaltigkeit ist mir bisher aus keinem deutschen Museum bekannt. Es also gibt quasi keine Fakten, die man hernehmen kann, sondern man kann im Grunde nur mutmaßen."
Ein Museum beschäftigt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die durch die Welt fliegen, um Kontakt zu Künstlern zu halten, Ausstellungen vorzubereiten oder wichtige Schauen zu besuchen. Für Ausstellungen reisen auch die Werke um den halben Globus, der Sicherheitsaufwand ist mitunter immens. Aber nicht nur die Kunst und die Museumsakteure reisen, in den vergangenen Jahrzehnten bis zum Beginn der Corona-Pandemie entwickelte sich auch der Kulturtourismus zu einem Massenphänomen. Schlangen bildeten sich nicht nur vor dem Louvre in Paris, sondern auch etwa vor dem vergleichsweise kleinen LWL-Museum in Münster, als dort eine große Schau mit Bildern des englischen Malers William Turner gezeigt wurde.
Weltweit übertrafen sich die großen Museen mit Blockbuster-Ausstellungen: Picasso, Leonardo da Vinci, Tizian - auch für die Kunst gilt die Ökonomie der Aufmerksamkeit. Hans Ulrich Obrist, einer der wichtigsten Kuratoren der Gegenwart und künstlerischer Direktor der Londoner Serpentine Galleries, macht auch auf die Diskrepanz zwischen Ästhetik und Klima aufmerksam, die an vielen Kultur-Neubauten sichtbar wird.
"Ein ganz wichtiger Punkt ist natürlich die Architektur, und dass sehr viele dieser neu entstehenden Gebäude nicht unbedingt klimafreundlich sind und wir auch darüber nachdenken müssen, wie die Architektur auch sich da verändern kann. Wir haben ja in der Serpentine vor 20 Jahren schon beschlossen, dass wir eben nicht die Institution endlos wachsen lassen."
Klimawandel als Thema der Künstler
Besonders auffällig wird das an den Museumsneubauten auf der Arabischen Halbinsel, in Abu Dhabi und Doha. Der Architekt und Priztker-Preisträger Jean Nouvel realisierte dort spektakuläre Bauten. Der Energieverbrauch der Klimaanlagen, die die Räume in den Wüstenregionen auf von Versicherungen geforderten stabilen 20 Grad halten, ist vermutlich gigantisch, Angaben dazu gibt es keine. Dabei läuft gerade diese jüngste Prestigearchitektur dem Anliegen vieler Künstler diametral entgegen.
"Die Museen des 21. Jahrhunderts werden einbeziehen müssen, dass sich die Art und Weise, wie Künstler arbeiten, verändert."
Denn immer mehr Künstler machen den Klimawandel zum Thema ihrer Kunst und passen ihre Arbeitsweise an. So kommentierte Olafur Eliasson Polkappenschmelze während des Weltklimagipfels 2015 in Paris mit aufgestellten schmelzenden Gletscherbrocken. Der Argentinier Tomas Saraceno erhebt Spinnennetze zum Kunstwerk und denkt in seinen Installationen über alternative Lebensformen nach. Die nächste documenta wird von dem indonesischen Kollektiv ruangrupa geleitet, das den Gedanken des Gemeinwohls über sein gesamtes Schaffen stellt.
"Das sind Werte nach denen wir arbeiten. Wir haben dabei die Individualität nicht getötet. Wir respektieren und schätzen die individuelle Arbeit hoch. Die Stärke des Kollektivismus ist auch die Stärke des einzelnen. Das eine schließt das andere nicht aus."
Kritiker fragen, wie sinnvoll eine künstlerische Praxis ist, die sich als erweiterte Pädagogik und als mahnender Appell an den Betrachter versteht. Wirklich brennend ist die Frage der Nachhaltigkeit auch eher hinter den Kulissen. Die nächste documenta in Kassel setzt sich zwar auch inhaltlich mit dem Zustand unseres Planeten auseinander. Aber sie muss sich als eine der wichtigsten Kunstschauen der Welt der Frage ebenfalls strukturell und institutionell stellen. Sabine Schormann, Geschäftsführerin der documenta, sieht eine klare Verantwortung darin…
"…uns so klimafreundlich und nachhaltig wie möglich aufzustellen. Das wird nicht zu einer 100-Prozent Klimaneutralität führen können, denn die würde, glaube ich, nur dann gelingen, wenn man die documenta gar nicht durchführt. Selbst wenn sie rein digital durchgeführt würde, hätte das ja einen entsprechenden Abdruck zur Folge. Aber man kann sich natürlich auf allen möglichen Feldern von Mobilität über Catering bis hin zum Ausstellungsbau und der Infrastruktur und Publikationen, versuchen nachhaltiger aufzustellen und das tun wir auch."
Was theoretisch einfach klingt, ist in der Umsetzung allerdings erstaunlich schwierig. Global vernetzte Wirtschaftsstrukturen lassen sich von ambitionierten Kunstakteuren nicht einfach durchbrechen.
"Liegt einem ja sofort nahe, dass man ein nicht nur recyceltes, sondern zum Beispiel aus Apfel hergestelltes Papier wählt mit einer komplett umweltfreundlichen Tinte. Was dann aber das Problem ist, dass dieses Papier selber dann zum Beispiel nur in Tirol hergestellt wird, da ist eine Druckerei, die das verarbeiten kann. Dann muss das auch gebunden werden. Da gibt es nur ganz wenige, die mit diesen Materialien überhaupt umgehen können. Und schon ist man in einem ganz schwierigen Entscheidungsprozess. Ob es dann nicht doch besser ist, sozusagen nur blauer Engel zertifiziertes Papier zu nehmen, das dafür aber dann in einer Druckerei mit Bindungen in der Nähe von Würzburg oder so verarbeitet werden kann. Wenn man das dann zu zusammenrechnet, dann ist die zweite Lösung wahrscheinlich klimatisch gesehen trotzdem die bessere."
"Die Museen des 21. Jahrhunderts werden einbeziehen müssen, dass sich die Art und Weise, wie Künstler arbeiten, verändert."
Denn immer mehr Künstler machen den Klimawandel zum Thema ihrer Kunst und passen ihre Arbeitsweise an. So kommentierte Olafur Eliasson Polkappenschmelze während des Weltklimagipfels 2015 in Paris mit aufgestellten schmelzenden Gletscherbrocken. Der Argentinier Tomas Saraceno erhebt Spinnennetze zum Kunstwerk und denkt in seinen Installationen über alternative Lebensformen nach. Die nächste documenta wird von dem indonesischen Kollektiv ruangrupa geleitet, das den Gedanken des Gemeinwohls über sein gesamtes Schaffen stellt.
"Das sind Werte nach denen wir arbeiten. Wir haben dabei die Individualität nicht getötet. Wir respektieren und schätzen die individuelle Arbeit hoch. Die Stärke des Kollektivismus ist auch die Stärke des einzelnen. Das eine schließt das andere nicht aus."
Kritiker fragen, wie sinnvoll eine künstlerische Praxis ist, die sich als erweiterte Pädagogik und als mahnender Appell an den Betrachter versteht. Wirklich brennend ist die Frage der Nachhaltigkeit auch eher hinter den Kulissen. Die nächste documenta in Kassel setzt sich zwar auch inhaltlich mit dem Zustand unseres Planeten auseinander. Aber sie muss sich als eine der wichtigsten Kunstschauen der Welt der Frage ebenfalls strukturell und institutionell stellen. Sabine Schormann, Geschäftsführerin der documenta, sieht eine klare Verantwortung darin…
"…uns so klimafreundlich und nachhaltig wie möglich aufzustellen. Das wird nicht zu einer 100-Prozent Klimaneutralität führen können, denn die würde, glaube ich, nur dann gelingen, wenn man die documenta gar nicht durchführt. Selbst wenn sie rein digital durchgeführt würde, hätte das ja einen entsprechenden Abdruck zur Folge. Aber man kann sich natürlich auf allen möglichen Feldern von Mobilität über Catering bis hin zum Ausstellungsbau und der Infrastruktur und Publikationen, versuchen nachhaltiger aufzustellen und das tun wir auch."
Was theoretisch einfach klingt, ist in der Umsetzung allerdings erstaunlich schwierig. Global vernetzte Wirtschaftsstrukturen lassen sich von ambitionierten Kunstakteuren nicht einfach durchbrechen.
"Liegt einem ja sofort nahe, dass man ein nicht nur recyceltes, sondern zum Beispiel aus Apfel hergestelltes Papier wählt mit einer komplett umweltfreundlichen Tinte. Was dann aber das Problem ist, dass dieses Papier selber dann zum Beispiel nur in Tirol hergestellt wird, da ist eine Druckerei, die das verarbeiten kann. Dann muss das auch gebunden werden. Da gibt es nur ganz wenige, die mit diesen Materialien überhaupt umgehen können. Und schon ist man in einem ganz schwierigen Entscheidungsprozess. Ob es dann nicht doch besser ist, sozusagen nur blauer Engel zertifiziertes Papier zu nehmen, das dafür aber dann in einer Druckerei mit Bindungen in der Nähe von Würzburg oder so verarbeitet werden kann. Wenn man das dann zu zusammenrechnet, dann ist die zweite Lösung wahrscheinlich klimatisch gesehen trotzdem die bessere."
Wieviel Klimaschwankungen verträgt die Kunst?
Jacob Sylvester Bilabel vom Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit sieht Möglichkeiten des Wandels in der Kunst hin zu einer klimatauglichen Zukunft nur im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang.
"Ich glaube, wir haben einen Fehler, wenn wir jetzt ein System betrachten und nur einen kleinen Teil rausnehmen würden, also sozusagen, wir schauen uns nur den Footprint der Emission der Menschen an, die eine Veranstaltung besuchen, oder eine Ausstellung."
"Wie wir jetzt auch Umdenken, im letzten Jahr, und unsere Konferenzen über Videoplattformen abhalten und eben nicht mehr überall hinreisen - das wird sich natürlich auch in der Praxis der Museen niederschlagen. Man wird sich überlegen: kann man nicht Ausstellungen machen mit Objekten in den eigenen Sammlungen? Muss es denn immer der internationale Reiseverkehr sein? Kann man nicht eben mal schauen, ob man zumindest aus dem näheren Bereich Objekte holt oder längerfristig Objekte in Ausstellungen integriert?"
Einige Institutionen praktizieren eine andere Ausstellungspraxis, wie sie von Stefan Simon und seiner Initiative für das Grüne Museum vorgeschlagen wird. So zeigte der Gropius Bau in Berlin im vergangenen Sommer mit "Down To Earth" eine Schau, die den Klimawandel nicht nur künstlerisch abbildete, sondern die auch keine Künstler einflog. Außerdem wurde einen Monat lang sogar der Strom abgestellt. Auch Hans Ulrich Obrist wird das für sein Projekt "Back To Earth" in London umsetzen. Die geltende Museumspraxis sei von Überfluss geprägt:
"Sehr oft bei Ausstellungen werden Wände rausgerissen. Es werden wieder neue Wände reingesetzt, ganz neue Strukturen gebildet. Dass man halt irgendwie das Display auch der vorherigen Ausstellung verwendet, ist auf jeden Fall eine Möglichkeit. Das Bündeln von Transporten ist enorm wichtig, dass man eben auch vermeidet, dass irgendwie Werke aus einer Vielzahl von Geografien und so weiter, um die Welt fliegen, sondern man kann die Werke bündeln. Also, das haben wir jetzt auch mit größeren Ausstellungen gemacht."
Überhaupt müsse man das strikte, von den Versicherungen bedingungslos geforderte 20 Grad-Gesetz in den Museen, Depots und Archiven in Frage stellen, sagt Stefan Simon.
"Es gibt nur sehr wenige Forscher, die sich überhaupt damit auseinandersetzen, mit der Frage: Wieviel Klimaschwankungen verträgt eigentlich Kunst und Kulturgut? Und wir haben wirklich absurde Anforderungen, die natürlich von unserer Seite, von der Museumsseite auch an die Bauträger kommen, die dann verlangen: Wir brauchen dieses oder jenes Klima, und das muss so eng gefahren werden, dieser Korridor. Da ist in vielen Fällen überhaupt nicht klar, ob das wirklich notwendig ist."
Bevor das Museum zum Aufbewahrungsort wurde, haben Kunstwerke Jahrhunderte in Kirchen überlebt. Und waren neben Temperaturschwankungen auch den Rußpartikeln der Kerzen ausgesetzt. Auch wenn das sicher keine Empfehlung für zukünftige Museumsarbeit ist: Gemälde wie die des Genter Altars von Jan van Eyck aus dem 15. Jahrhundert haben Raubkunsttransporte und unsachgemäße Lagerungen überstanden und versetzen den Betrachter heute immer noch in Staunen.
"Ich glaube, wir haben einen Fehler, wenn wir jetzt ein System betrachten und nur einen kleinen Teil rausnehmen würden, also sozusagen, wir schauen uns nur den Footprint der Emission der Menschen an, die eine Veranstaltung besuchen, oder eine Ausstellung."
"Wie wir jetzt auch Umdenken, im letzten Jahr, und unsere Konferenzen über Videoplattformen abhalten und eben nicht mehr überall hinreisen - das wird sich natürlich auch in der Praxis der Museen niederschlagen. Man wird sich überlegen: kann man nicht Ausstellungen machen mit Objekten in den eigenen Sammlungen? Muss es denn immer der internationale Reiseverkehr sein? Kann man nicht eben mal schauen, ob man zumindest aus dem näheren Bereich Objekte holt oder längerfristig Objekte in Ausstellungen integriert?"
Einige Institutionen praktizieren eine andere Ausstellungspraxis, wie sie von Stefan Simon und seiner Initiative für das Grüne Museum vorgeschlagen wird. So zeigte der Gropius Bau in Berlin im vergangenen Sommer mit "Down To Earth" eine Schau, die den Klimawandel nicht nur künstlerisch abbildete, sondern die auch keine Künstler einflog. Außerdem wurde einen Monat lang sogar der Strom abgestellt. Auch Hans Ulrich Obrist wird das für sein Projekt "Back To Earth" in London umsetzen. Die geltende Museumspraxis sei von Überfluss geprägt:
"Sehr oft bei Ausstellungen werden Wände rausgerissen. Es werden wieder neue Wände reingesetzt, ganz neue Strukturen gebildet. Dass man halt irgendwie das Display auch der vorherigen Ausstellung verwendet, ist auf jeden Fall eine Möglichkeit. Das Bündeln von Transporten ist enorm wichtig, dass man eben auch vermeidet, dass irgendwie Werke aus einer Vielzahl von Geografien und so weiter, um die Welt fliegen, sondern man kann die Werke bündeln. Also, das haben wir jetzt auch mit größeren Ausstellungen gemacht."
Überhaupt müsse man das strikte, von den Versicherungen bedingungslos geforderte 20 Grad-Gesetz in den Museen, Depots und Archiven in Frage stellen, sagt Stefan Simon.
"Es gibt nur sehr wenige Forscher, die sich überhaupt damit auseinandersetzen, mit der Frage: Wieviel Klimaschwankungen verträgt eigentlich Kunst und Kulturgut? Und wir haben wirklich absurde Anforderungen, die natürlich von unserer Seite, von der Museumsseite auch an die Bauträger kommen, die dann verlangen: Wir brauchen dieses oder jenes Klima, und das muss so eng gefahren werden, dieser Korridor. Da ist in vielen Fällen überhaupt nicht klar, ob das wirklich notwendig ist."
Bevor das Museum zum Aufbewahrungsort wurde, haben Kunstwerke Jahrhunderte in Kirchen überlebt. Und waren neben Temperaturschwankungen auch den Rußpartikeln der Kerzen ausgesetzt. Auch wenn das sicher keine Empfehlung für zukünftige Museumsarbeit ist: Gemälde wie die des Genter Altars von Jan van Eyck aus dem 15. Jahrhundert haben Raubkunsttransporte und unsachgemäße Lagerungen überstanden und versetzen den Betrachter heute immer noch in Staunen.
Viel Energie für die Bewahrung von Schlüsselwerke
Das naheliegende Problem jeder Sammlung und jedes Depots ist aber das beständige Wachstum, wenn man den Begriff des Sammelns ernst nimmt. Wer sich als Kulturnation versteht, der bezieht seine Identität aus dem, was die Musik, die Literatur, die Architektur, die Kunst hervorbringen. Das bedeutet, es wird auch immer mehr Platz und Energie für diese Praxis benötigt. Restauratorin Alexandra Czarnecki:
"Zum Entsammeln hat sich der Deutsche Museumsbund ja relativ eindeutig positioniert, und zwar entsammeln die deutschen Museen nicht. Es wird nicht getauscht. Es wird nicht verkauft wie in Amerika, sondern wir nehmen unseren Auftrag als Bewahrungsort ernst. Und das einzige, was es immer noch gibt, ist Restitution. Das ist auch wichtig und das versteht die deutsche Museumslandschaft auch als einen zentralen Auftrag. Aber grundsätzlich verpflichten wir uns, die Sammlungen zu erhalten, zu erforschen, zu präsentieren, zu vermitteln und eben zu bewahren."
Nur: Wie kann das klimaschonend gelingen? Stefan Simon vom Rathgen Forschungslabor plädiert für eine langfristige Sicht auf das Kulturerbe.
"Wenn man mal einen Schritt zurücktritt und sich überlegt, was passiert eigentlich mit unserem kulturellen Erbe? Es wird ständig geschaffen. Es geht auch ständig verloren, durch Naturkatastrophen, durch Krieg, aber eben auch durch den Klimawandel. Das muss man auch ganz deutlich sehen. Wenn man so ein bisschen größeres Bild nimmt, aus einer etwas höheren Perspektive, dann wird man feststellen, dass es natürlich darauf hinausläuft, Prioritäten zu setzen. Es lässt sich nichts auf ewig erhalten, auch nicht in Museen. Das ist, glaube ich, eine Selbstverständlichkeit. Das weiß eigentlich jeder von uns. Nicht nur die Menschen, die in Kultureinrichtungen arbeiten. Jeder weiß, dass alles hier auf diesem Planeten eine begrenzte Lebensdauer hat. Auch das Kulturgut."
Das hat in der künstlerischen Praxis zur Folge, dass Werke entweder nicht mehr auf Dauer angelegt werden oder einem grundlegend anderen Kunstverständnis entspringen. Hans Ulrich Obrist:
"Wir arbeiten ja immer sehr eng mit Künstlerinnen und Künstlern zusammen als Gegenwarts-Kunsthalle, wenn man so will, und in vielen dieser Projekte geht's jetzt zurzeit eben weniger um Ereignisse oder Ausstellungen, sondern es geht um sehr langfristige Projekte. Also man denkt zum Beispiel darüber nach, wie man Gärten baut. Oder Precious Okoyomon, die Künstlerin, mit der wir oft gearbeitet haben, die auch in Frankfurt, in Deutschland eine Ausstellung hatte, schafft eigentlich Ausstellungen als lebende Organismen. Das sind Gärten."
Kunst, die sich verändert, braucht also möglicherweise gar kein Museum mehr. Dennoch müsse die Politik mehr tun, fordert Stefan Simon.
"Die Grünen haben jetzt auch dieses Geld beantragt im Bundestag, diese fünf Millionen für die Green Culture Taskforce. Ich glaube, dass wir die auch irgendwann bekommen werden. Ich kann mich immer zurücklehnen, ich kann immer denken, okay. Die Entwicklung der letzten zehn Jahre zeigt mir, es geht alles in eine Richtung, und es wird nicht funktionieren, das zu ignorieren. Auch nicht für die Museumseinrichtungen, auch nicht für das Kulturstaatsministerium, was vielleicht tatsächlich an großen Blockbustern und Renommier-Ausstellung interessiert ist. Denn man wird feststellen, dass die Menschen Fragen stellen und auch Antworten auf diese Fragen haben wollen."
Nehmen wir noch mal das Beispiel des 600 Jahre alten Genter Altars von Jan van Eyck, der in einem klimatisierten Glaskasten in der Genter Kirche St. Bavo steht. Und der für viele Millionen Euro gerade restauriert wurde. Die Energie, die für die Bewahrung und Pflege dieses Schlüsselwerks der europäischen Renaissance auch in Zukunft aufgewendet werden muss, wird sehr hoch bleiben. Irgendwann, so sind sich Forscher wie Stefan Simon sicher, werden sich Gesellschaften diesen Energieverbrauch aber nicht mehr für alle Kunstwerke leisten können. Wer also wird dann entscheiden, was in den Kanon gehört, was bleibt und was verfallen soll? Jacob Sylvester Bilabel vom Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit sieht darin eine entscheidende Fragestellung für die Zukunft:
"Wir sind geschichtlich in einer sehr interessanten Phase. Wir haben bis jetzt addiert, addiert, addiert. Also das Versprechen der Moderne, Wachstum, Fortschritt, alles überall zu jeder Zeit, hat sich weitestgehend eingelöst. Die spannende Frage ist jetzt, wo zwischen dem Bewahren und dem Erneuern sehen wir uns? Und damit ist jemand, der heute ein Museum betreibt oder eine Kuration für ein Museum als Auftrag hat, in einer ganz, ganz schwierigen Rolle, weil er oder sie muss sich fragen: Ist mein Auftrag das Bewahren? Oder ist mein Auftrag das Erneuern? Weil eine Sache ist total klar: das einfach so weitermachen, das wird nicht funktionieren."
"Zum Entsammeln hat sich der Deutsche Museumsbund ja relativ eindeutig positioniert, und zwar entsammeln die deutschen Museen nicht. Es wird nicht getauscht. Es wird nicht verkauft wie in Amerika, sondern wir nehmen unseren Auftrag als Bewahrungsort ernst. Und das einzige, was es immer noch gibt, ist Restitution. Das ist auch wichtig und das versteht die deutsche Museumslandschaft auch als einen zentralen Auftrag. Aber grundsätzlich verpflichten wir uns, die Sammlungen zu erhalten, zu erforschen, zu präsentieren, zu vermitteln und eben zu bewahren."
Nur: Wie kann das klimaschonend gelingen? Stefan Simon vom Rathgen Forschungslabor plädiert für eine langfristige Sicht auf das Kulturerbe.
"Wenn man mal einen Schritt zurücktritt und sich überlegt, was passiert eigentlich mit unserem kulturellen Erbe? Es wird ständig geschaffen. Es geht auch ständig verloren, durch Naturkatastrophen, durch Krieg, aber eben auch durch den Klimawandel. Das muss man auch ganz deutlich sehen. Wenn man so ein bisschen größeres Bild nimmt, aus einer etwas höheren Perspektive, dann wird man feststellen, dass es natürlich darauf hinausläuft, Prioritäten zu setzen. Es lässt sich nichts auf ewig erhalten, auch nicht in Museen. Das ist, glaube ich, eine Selbstverständlichkeit. Das weiß eigentlich jeder von uns. Nicht nur die Menschen, die in Kultureinrichtungen arbeiten. Jeder weiß, dass alles hier auf diesem Planeten eine begrenzte Lebensdauer hat. Auch das Kulturgut."
Das hat in der künstlerischen Praxis zur Folge, dass Werke entweder nicht mehr auf Dauer angelegt werden oder einem grundlegend anderen Kunstverständnis entspringen. Hans Ulrich Obrist:
"Wir arbeiten ja immer sehr eng mit Künstlerinnen und Künstlern zusammen als Gegenwarts-Kunsthalle, wenn man so will, und in vielen dieser Projekte geht's jetzt zurzeit eben weniger um Ereignisse oder Ausstellungen, sondern es geht um sehr langfristige Projekte. Also man denkt zum Beispiel darüber nach, wie man Gärten baut. Oder Precious Okoyomon, die Künstlerin, mit der wir oft gearbeitet haben, die auch in Frankfurt, in Deutschland eine Ausstellung hatte, schafft eigentlich Ausstellungen als lebende Organismen. Das sind Gärten."
Kunst, die sich verändert, braucht also möglicherweise gar kein Museum mehr. Dennoch müsse die Politik mehr tun, fordert Stefan Simon.
"Die Grünen haben jetzt auch dieses Geld beantragt im Bundestag, diese fünf Millionen für die Green Culture Taskforce. Ich glaube, dass wir die auch irgendwann bekommen werden. Ich kann mich immer zurücklehnen, ich kann immer denken, okay. Die Entwicklung der letzten zehn Jahre zeigt mir, es geht alles in eine Richtung, und es wird nicht funktionieren, das zu ignorieren. Auch nicht für die Museumseinrichtungen, auch nicht für das Kulturstaatsministerium, was vielleicht tatsächlich an großen Blockbustern und Renommier-Ausstellung interessiert ist. Denn man wird feststellen, dass die Menschen Fragen stellen und auch Antworten auf diese Fragen haben wollen."
Nehmen wir noch mal das Beispiel des 600 Jahre alten Genter Altars von Jan van Eyck, der in einem klimatisierten Glaskasten in der Genter Kirche St. Bavo steht. Und der für viele Millionen Euro gerade restauriert wurde. Die Energie, die für die Bewahrung und Pflege dieses Schlüsselwerks der europäischen Renaissance auch in Zukunft aufgewendet werden muss, wird sehr hoch bleiben. Irgendwann, so sind sich Forscher wie Stefan Simon sicher, werden sich Gesellschaften diesen Energieverbrauch aber nicht mehr für alle Kunstwerke leisten können. Wer also wird dann entscheiden, was in den Kanon gehört, was bleibt und was verfallen soll? Jacob Sylvester Bilabel vom Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit sieht darin eine entscheidende Fragestellung für die Zukunft:
"Wir sind geschichtlich in einer sehr interessanten Phase. Wir haben bis jetzt addiert, addiert, addiert. Also das Versprechen der Moderne, Wachstum, Fortschritt, alles überall zu jeder Zeit, hat sich weitestgehend eingelöst. Die spannende Frage ist jetzt, wo zwischen dem Bewahren und dem Erneuern sehen wir uns? Und damit ist jemand, der heute ein Museum betreibt oder eine Kuration für ein Museum als Auftrag hat, in einer ganz, ganz schwierigen Rolle, weil er oder sie muss sich fragen: Ist mein Auftrag das Bewahren? Oder ist mein Auftrag das Erneuern? Weil eine Sache ist total klar: das einfach so weitermachen, das wird nicht funktionieren."