Jule Reimer: Derzeit hat er wieder viel Konjunktur: der Begriff Nachhaltigkeit. Auch gestern beim Weltbankforum in Berlin mahnten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Entwicklungsminister Dirk Niebel mehr Nachhaltigkeit an. In den vergangenen Tagen nahmen viele Initiativen dies ernst, im Rahmen der Woche der Nachhaltigkeit, die der Nachhaltigkeitsrat der Bundesregierung ausgerufen hatte. - Am Telefon in Berlin begrüße ich den Generalsekretär des Rates, Günther Bachmann. Guten Tag nach Berlin! Herr Bachmann, sind Sie im Rückblick zufrieden mit Ihrer Aktionswoche?
Günther Bachmann: Schönen guten Tag. - Ja wir finden das überwältigend, wie viele, über 250 lokale Gruppen, sich beteiligt haben und wie breit das Themenraster ist. Das zeigt, worum es den Menschen wirklich geht, wenn über Nachhaltigkeit gesprochen wird.
Reimer: Der neue Chef der Weltbank, Jim Yong Kim bescheinigte gestern Deutschland, eine Führungskraft zu sein, wenn es darum gehe, Wirtschaftswachstum vom Schadstoffausstoß zu entkoppeln sowie den Klimawandel erfolgreich zu bekämpfen. Können Sie das unterschreiben?
Bachmann: Wir haben in Deutschland in der Tat viele Erfolge und andere Nationen gucken auf uns, wie wir das wohl gemacht haben. Vor nicht allzu langer Zeit, in den 70er-, 80er-Jahren, hatten wir noch Müllberge und auf den Flüssen brannte gelegentlich auch mal eine Ölschicht. Das haben wir ja nicht mehr! Wir sind beim Recycling von Plastik vorangekommen und, und, und. Diese Liste ist lang und beachtlich. Aber wir wissen auch, dass wir riesengroße Herausforderungen haben, um den Dreiklang Ökologie, Ökonomie und Soziales in Zukunft auch in der gleichen Kraft und Stärke zu verlängern. Insofern ist das mit der Vorreiterrolle gut, wenn andere Leute darüber reden. Ich würde da selber etwas vorsichtiger sein. Wer herkommen will und sich anguckt, wie wir den Smog bekämpft haben, um ihn in Asien zu bekämpfen, dem kann hier geholfen werden, sage ich mal. Aber umgekehrt müssen wir auch sehr wach sein, wo das Ausland wesentlich besser und stärker vorangeht, als wir es tun, also ein Austausch auf beiden Seiten.
Reimer: Wo geht das Ausland besser voran?
Bachmann: Wenn Sie sich angucken, mit welchen Schritten zur Energieeffizienz die Chinesen vorangehen, dann können wir uns noch eine Scheibe abschneiden. Wenn Sie sich angucken, wie jetzt die Japaner nach Fukushima ihre Energiewirtschaft umbauen, auch deutlich große Schritte in Richtung Erneuerbare und Geothermie, auch da ist Wettbewerb durchaus angesagt. Und in den USA ist es so: Jetzt haben die ihr billiges Gas entdeckt durch das Fracking, das verändert natürlich auch die Bedingungen für Industrieansiedlungen und die Frage ist, macht billige Energie in den USA einen Fortschritt im Blick auf Ressourcenproduktivität, Effizienz, moderne Industrieanlagen aus, oder macht es schläfrig? Wir werden diesen Weg der Amerikaner, was das billige Gas angeht, hier nicht mitgehen, richtigerweise, aber auch hier steht für uns die Frage, wohin muss sich die deutsche Industrie entwickeln, um in der Tat voranzugehen.
Reimer: Sie haben sich ja auch in die Strompreisdebatte eingemischt. Passiert ist aber seitdem nichts mehr. Die EEG-Umlage wird weiter steigen, es gibt weiter Ausnahmen für Unternehmen. Der Emissionshandel - und auch da haben Sie Handeln angemahnt - siecht dahin. Was fordern Sie?
Bachmann: Den Emissionshandel müssen wir mit einer Reparaturmaßnahme - und das ist dieses Zurückstellen von größeren Anzahlen von Handelszertifikaten - erst mal helfen. Das ist eine Notmaßnahme wie bei einem Arzt.
Reimer: Hört da Herr Rösler nicht auf Sie?
Bachmann: Bitte? Noch mal.
Reimer: Hört da Bundeswirtschaftsminister Rösler gar nicht auf Sie?
Bachmann: Die Bundesregierung hat da eine gespaltene Meinung dazu und ich würde mir wünschen, dass im Interesse der deutschen Industrie und des deutschen Umweltschutzniveaus es zu einer gemeinsamen Meinungsbildung kommt in Richtung auf diese erste Reparaturmaßnahme, der eine zweite folgen muss, eine zweite Therapiemaßnahme.
Reimer: Welche genau?
Bachmann: Da geht es um die Kosten des deutschen Energiemarktes. Wir brauchen die Reform des Energiegesetzes und des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes. Es kann nicht angehen, dass der Preis an der Börse, der Strompreis an der Börse immer niedriger wird und wir als Endkonsumenten immer mehr zahlen. Das ist ein gestörtes Verhältnis.
Reimer: Günther Bachmann, Generalsekretär des Nachhaltigkeitsrates der Bundesregierung – ich danke Ihnen für das Gespräch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Günther Bachmann: Schönen guten Tag. - Ja wir finden das überwältigend, wie viele, über 250 lokale Gruppen, sich beteiligt haben und wie breit das Themenraster ist. Das zeigt, worum es den Menschen wirklich geht, wenn über Nachhaltigkeit gesprochen wird.
Reimer: Der neue Chef der Weltbank, Jim Yong Kim bescheinigte gestern Deutschland, eine Führungskraft zu sein, wenn es darum gehe, Wirtschaftswachstum vom Schadstoffausstoß zu entkoppeln sowie den Klimawandel erfolgreich zu bekämpfen. Können Sie das unterschreiben?
Bachmann: Wir haben in Deutschland in der Tat viele Erfolge und andere Nationen gucken auf uns, wie wir das wohl gemacht haben. Vor nicht allzu langer Zeit, in den 70er-, 80er-Jahren, hatten wir noch Müllberge und auf den Flüssen brannte gelegentlich auch mal eine Ölschicht. Das haben wir ja nicht mehr! Wir sind beim Recycling von Plastik vorangekommen und, und, und. Diese Liste ist lang und beachtlich. Aber wir wissen auch, dass wir riesengroße Herausforderungen haben, um den Dreiklang Ökologie, Ökonomie und Soziales in Zukunft auch in der gleichen Kraft und Stärke zu verlängern. Insofern ist das mit der Vorreiterrolle gut, wenn andere Leute darüber reden. Ich würde da selber etwas vorsichtiger sein. Wer herkommen will und sich anguckt, wie wir den Smog bekämpft haben, um ihn in Asien zu bekämpfen, dem kann hier geholfen werden, sage ich mal. Aber umgekehrt müssen wir auch sehr wach sein, wo das Ausland wesentlich besser und stärker vorangeht, als wir es tun, also ein Austausch auf beiden Seiten.
Reimer: Wo geht das Ausland besser voran?
Bachmann: Wenn Sie sich angucken, mit welchen Schritten zur Energieeffizienz die Chinesen vorangehen, dann können wir uns noch eine Scheibe abschneiden. Wenn Sie sich angucken, wie jetzt die Japaner nach Fukushima ihre Energiewirtschaft umbauen, auch deutlich große Schritte in Richtung Erneuerbare und Geothermie, auch da ist Wettbewerb durchaus angesagt. Und in den USA ist es so: Jetzt haben die ihr billiges Gas entdeckt durch das Fracking, das verändert natürlich auch die Bedingungen für Industrieansiedlungen und die Frage ist, macht billige Energie in den USA einen Fortschritt im Blick auf Ressourcenproduktivität, Effizienz, moderne Industrieanlagen aus, oder macht es schläfrig? Wir werden diesen Weg der Amerikaner, was das billige Gas angeht, hier nicht mitgehen, richtigerweise, aber auch hier steht für uns die Frage, wohin muss sich die deutsche Industrie entwickeln, um in der Tat voranzugehen.
Reimer: Sie haben sich ja auch in die Strompreisdebatte eingemischt. Passiert ist aber seitdem nichts mehr. Die EEG-Umlage wird weiter steigen, es gibt weiter Ausnahmen für Unternehmen. Der Emissionshandel - und auch da haben Sie Handeln angemahnt - siecht dahin. Was fordern Sie?
Bachmann: Den Emissionshandel müssen wir mit einer Reparaturmaßnahme - und das ist dieses Zurückstellen von größeren Anzahlen von Handelszertifikaten - erst mal helfen. Das ist eine Notmaßnahme wie bei einem Arzt.
Reimer: Hört da Herr Rösler nicht auf Sie?
Bachmann: Bitte? Noch mal.
Reimer: Hört da Bundeswirtschaftsminister Rösler gar nicht auf Sie?
Bachmann: Die Bundesregierung hat da eine gespaltene Meinung dazu und ich würde mir wünschen, dass im Interesse der deutschen Industrie und des deutschen Umweltschutzniveaus es zu einer gemeinsamen Meinungsbildung kommt in Richtung auf diese erste Reparaturmaßnahme, der eine zweite folgen muss, eine zweite Therapiemaßnahme.
Reimer: Welche genau?
Bachmann: Da geht es um die Kosten des deutschen Energiemarktes. Wir brauchen die Reform des Energiegesetzes und des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes. Es kann nicht angehen, dass der Preis an der Börse, der Strompreis an der Börse immer niedriger wird und wir als Endkonsumenten immer mehr zahlen. Das ist ein gestörtes Verhältnis.
Reimer: Günther Bachmann, Generalsekretär des Nachhaltigkeitsrates der Bundesregierung – ich danke Ihnen für das Gespräch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.