Adenauerallee, Andreas-Hermes-Straße, Jakob-Kaiser-Platz, Theodor-Steltzer-Weg. Straßen und Plätze mit diesen Namen gibt es vielen Städten. Allgemein bekannt als Namensgeber ist nur einer: Konrad Adenauer, der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Die anderen Namen dürften nicht einmal allen in der CDU etwas sagen, obwohl es Gründerpersönlichkeiten der Partei sind.
Die treibende Kraft dieser neuen Partei war Andreas Hermes, Zentrumspolitiker in der Weimarer Republik, ehemaliger Landwirtschafts- und Finanzminister. Aus Protest gegen die Machtübernahme der Nationalsozialisten hatte er schon vor dem Ermächtigungsgesetz sein Reichstagsmandat im März 1933 niedergelegt. Auf den Tag genau vor 75 Jahren, am 22. Juli 1945 hielt Andreas Hermes eine bemerkenswerte Rede. Die Christlich Demokratische Union, damals noch CDUD, hatte sich gerade in Berlin gegründet.
Versunken ist eine alte Welt und eine neue wollen wir bauen, in voller Verwerfung jener verabscheuungswürdigen Methoden, mit denen eine - jeder menschlichen Empfindung und jedes sittlichen Gehaltes bare - Verbrecherclique unser Volk jahrelang geknechtet und geknebelt hat, und in Rückkehr zur Achtung und Pflege jener sittlichen und geistigen Werte, die eine ehrwürdige Tradition unseres Landes war und wieder werden soll. (Andreas Hermes)
Die CDUD war eine von mehreren demokratischen Parteien, die ohne Genehmigung der Sowjetischen Militäradministration nicht tätig werden durften. Der Katholik Hermes hatte seinen Protest gegen die Nationalsozialisten auch mit seiner christlichen Überzeugung begründet. Wegen seiner Kontakte zum Kreisauer Kreis und zum aktiven Widerstand war er noch im Januar 1945 zum Tode verurteilt worden.
Rolle der Gruppe Ulbricht
Mai 1945. Noch vor dem offiziellen Kriegsende am 8.Mai landet die "Gruppe Ulbricht" in Berlin. Die Gruppe Ulbricht - das sind deutsche Kommunisten, von der Sowjetunion in Moskau geschult, um die Pläne Stalins für das besetzte Nachkriegsdeutschland umzusetzen. Unter ihnen ist Karl Maron, der spätere Innenminister der DDR, und Wolfgang Leonhard, ein kommunistischer Politkommissar, der sich 1949 vom Stalinismus abwenden wird. Die Gruppe Ulbricht hat schon während des Krieges in Moskau in den Jahren 1944 und 1945 an einem Plan für Nachkriegsdeutschland gearbeitet. Stalin strebt ein kommunistisches Deutschland nach sowjetischem Vorbild an.
Als die Gruppe Ulbricht kurz vor dem offiziellen Kriegsende in Berlin ankommt, nimmt sie sofort Kontakt auf mit Hitler-Gegnern, um sie und Mitglieder der kommunistischen Partei beim Wiederaufbau der Berliner Stadtverwaltung einzusetzen und die West-Alliierten vor vollendete Tatsachen zu stellen. Unter denen, die von der Gruppe Ulbricht aufgesucht werden, ist Andreas Hermes. Walter Ulbricht wird sich Jahrzehnte später an diese Begegnung so erinnern:
Als ich nachts 24 Uhr in der Villa, wo er bei Bekannten wohnte, ankam, lag alles in den Betten. Nachdem ich genügend Lärm gemacht hatte, wurde geöffnet, und wir stellten uns im Kerzenschein gegenseitig als frühere Reichstagsabgeordnete vor. Dann begannen in dieser Nacht die ersten Besprechungen über die Einschätzung der Lage … Dr. Hermes war ein ehrlicher Hitlergegner. Er war vom Hitlerfaschismus verfolgt und zum Tode verurteilt worden und war zufällig gerade noch am vorletzten Tag weggekommen. Es zeigte sich, dass wir in der Einschätzung der Lage ziemlich übereinstimmten. (Walter Ulbricht)
Den Sowjets teilt Ulbricht unmittelbar nach dieser Begegnung seine Einschätzung mit, Hermes sei nach der Erfahrung mit der Hitlerdiktatur sicher auch an einer gründlichen Säuberung Deutschlands vom Faschismus interessiert. Man müsse ihn nur – Zitat – "systematisch und geduldig beeinflussen und kein Mittel scheuen, ihn für die Freundschaft zur Sowjetunion zu festigen".
"Umschulung zu Christus tut unserem Volk Not"
Doch darin hat Ulbricht sich gründlich getäuscht. Andreas Hermes sieht das Heil für Deutschland nicht in der Bindung an die stalinistische Sowjetdiktatur. Der Katholik Hermes ist fest davon überzeugt, dass nur eine echte Hinwendung zum christlichen Glauben die Lösung sei. Er deutet den Neubeginn nach 1945 theologisch: Die tiefe Schuld, die die Menschen in Deutschland auf sich geladen hatten, könne nur durch Buße und echte Umkehr bewältigt werden.
"Eine vollkommene "Umschulung" – zu Christus hin – tut unserm Volke not, wenn ihm wieder ein neuer Auferstehungsmorgen leuchten soll", hat Andreas Hermes im Februar 1945 in einem Brief aus dem Gefängnis an seine Frau geschrieben. Im Januar war das Todesurteil ergangen, es konnte jederzeit vollstreckt werden. Das Kriegsende rettete ihn. Einige Monate später, am 22. Juli 1945, sagt er in seiner Rede anlässlich der Gründungsversammlung der CDU:
"Nichts wird die vergiftenden Lehren des Rassenhasses und der Völkerverhetzung sowie des Chaos im Inneren so nachhaltig überwinden als die Wiederbesinnung auf die Zehn Gebote Gottes, den ewig gültigen Ausdruck der ins Menschenherz eingepflanzten sittlichen Forderungen." (Andreas Hermes)
Auch wenn er die kommunistischen Positionen der neuen Machthaber in der Sowjetisch Besetzten Zone ablehnt – Hermes ist durch und durch pragmatischer Politiker. Er stellt sich den gigantischen Herausforderungen in der Kommunalverwaltung - als Leiter der Abteilung Ernährung und Zweiter Stellvertreter des Oberbürgermeisters von Berlin. Unbelastete, erfahrene Politiker gibt es nach dem Ende des NS-Regimes nicht so viele. Gleichzeitig arbeitet er am Aufbau der neuen Partei CDU. Schon im Juni 1945 gründet er in Berlin mit gut dreißig anderen Engagierten die Christlich-Demokratische Union Deutschlands, damals noch CDUD.
Christliches Menschenbild als Leitschnur
Während Stalins Deutschlandpolitik auf die ideologische Umgestaltung Deutschlands zielt, geht es den Gründervätern und einigen -müttern der CDUD um die Wiederherstellung dessen, was der Nationalsozialismus zerstört hat: Rechtstaatlichkeit, Menschenwürde, individuelle Freiheit, Demokratie. Michael Borchard, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Konrad-Adenauer-Stiftung sagt: "Das christliche Menschenbild als ganz, ganz starke Leitschnur und daraus ergeben die personale Würde des Menschen – das ist eine Kategorie, die hat die CDU von der ersten Geburtswehe an begleitet."
Die übergroße Mehrheit derjenigen, die im Juni 1945 den Berliner Gründungsaufruf der CDU unterzeichneten, sind aus christlicher Überzeugung Gegner des Hitlerregimes gewesen. Viele von ihnen kommen aus dem aktiven Widerstand wie Theodor Steltzer, Otto Lenz und Josef Ersing, die Zuchthaus und Konzentrationslager überlebt haben. Jakob Kaiser und Johannes Albers waren Mitglieder des kirchlichen Widerstands, in der Weimarer Zeit gehörten sie der Christlichen Gewerkschaftsbewegung an.
"Bei der Gründung der CDU 1945 waren unter den Gründern tatsächlich sehr Viele, die aus dem Widerstand kamen wie Andreas Hermes oder eben auch Eugen Kogon. Es gab Verfolgte, Leute, die im KZ waren. Oder es gab welche, die zumindest nicht belastet waren, wie Konrad Adenauer, die sich politisch zurückgezogen hatten nach 1933", sagt Frank Bösch, Professor am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam.
Als der ehemalige Minister der Weimarer Republik Andreas Hermes am 22. Juli 1945 seine bewegende Rede hält, erinnert er auch an die Zersplitterung der Parteien in kleine und kleinste Gruppierungen in der Weimarer Demokratie:
"Das unermessliche Leid, das über uns alle gekommen war, hatte uns frei gemacht von jeder kleinlichen welt-anschaulichen und politischen Enge, hatte Herz und Augen geöffnet für den kategorischen Imperativ der Pflicht, der Einigkeit hieß." (Andreas Hermes)
Andreas Hermes war vor dem Krieg in der katholischen Zentrumspartei aktiv. Doch eine Wiederbelebung der früheren Katholikenpartei will die neue CDU nicht. Michael Borchard von der Konrad-Adenauer-Stiftung erklärt:
"Was den Berliner Aufruf so ganz besonders macht, ist der überkonfessionelle Anspruch. Das heißt, viele von denen, die in die Gründung der CDU nach dem Berliner Aufruf gegangen sind, hatten die Lehren aus der Weimarer Zeit gezogen, die ja sehr polarisiert war, und hatten den Eindruck: Eine christliche Partei kann nur dann stark sein, wenn sie tatsächlich die Konfessionen insgesamt vertritt."
Erste Treffen schon während des Hitler-Regimes
Ohne dass sie sich untereinander abgesprochen hatten, entstehen fast zeitgleich überall in Deutschland regionale Zusammenschlüsse mit CDU-Fokus: In Thüringen, Bayern, Stuttgart, Bremen, Hannover, Frankfurt. In der britischen Zone übernimmt Konrad Adenauer die Führung der rheinischen CDU. Adenauer war Oberbürgermeister von Köln, bis die Nationalsozialisten ihn 1933 aus dem Amt gedrängt hatten.
Michael Borchard: "Was man schon sagen muss, ist, sowohl was den Westen, die Kölner Gründungszelle als auch die Berliner Gründungszelle angeht, dass die Leute, die da unterschrieben haben, haben sich schon noch zu den Zeiten des Nationalsozialismus und der Existenz des Hitlerregimes getroffen, um miteinander über eine solche Parteigründung nachzudenken."
"Die geistige und religiöse Gewissensfreiheit, die wir in unserem Aufruf gefordert haben, nehmen wir nicht nur für diejenigen in Anspruch, die im evangelischen oder katholischen Lager stehen, sondern sie gilt im weitesten Umfange für alle, also auch für jene, die ohne Bindung an eine kirchliche Gemeinschaft das Gesetz der natürlichen Ethik in sich tragen und mit der gleichen Gesinnung uns gegenüber treten. … Wir heißen in unseren Reihen jeden willkommen, der kein Anhänger des Hitlersystems war und der mit reinem Schild und ehrlichem Aufbauwillen sich für die gemeinsame Arbeit zur Verfügung stellt." (Andreas Hermes im Juli 1945)
Doch warum trafen sich so viele kleine Regionalgründungen unter dem Label "christlich"? Die Christen waren ja keineswegs unschuldig an der Katastrophe des Nationalsozialismus. Auf protestantischer Seite war nur die Bekennende Kirche im Widerstand gewesen, die Deutschen Christen hatten mit den Nationalsozialisten paktiert. Auch die katholische Kirche als Instanz hatte versagt. Nicht die kirchlichen Hierarchen, nicht die deutschen Bischöfe, wohl aber einzelne Christen hatten widerstanden.
"Christlich war etwas, was gegen den Nationalsozialismus stand. Christlich war: Eine übergreifende Formel, die alte, diskreditierte Weltanschauungen - mit Konservatismus, Rechts, Nationalismus - ersetzten. Insofern war das Ansprechen aller Christen eine ideale Plattform, um möglichst viele Wähler zu gewinnen und sich gleichzeitig vom Nationalsozialismus abzusetzen", sagt Frank Bösch vom Potsdamer Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung.
Viele Menschen hätten die Ursache für das Scheitern der Weimarer Republik im fehlenden Gottesglauben gesehen. Sie wünschen sich eine authentische Re-Christianisierung. Das "C" wird deshalb in die Programmatik der neuen Partei hineingeschrieben, meint Bösch, um einen breiten bürgerlichen Zusammenschluss zu fordern.
Umstrittener Buchstabe
Das "C" in der Programmatik. Aber auch im Parteinamen?
Frank Bösch: "Das C in der Partei war tatsächlich von Beginn an umstritten. Es war vor allem in den katholischen Verbänden beliebt und gefordert, es war auch bei den sehr kirchen-nahen Regionen wie Württemberg oder im Siegerland bei Pietisten unumstritten, aber im protestantischen Norden war es nicht unbedingt beliebt. Die konservativen Protestanten nannten sich am Anfang zum Beispiel "Demokratische Union" ohne das "C" und fanden erst langsam dorthin, sie bevorzugten andere Begriffe wie zum Beispiel "Rechte Sammlungspartei", "Antimarxistischer Wahlblock" u.ä."
Wie aber soll die Partei konkret aussehen? Welche Werte soll sie vertreten? In der Wirtschaft, im Erziehungswesen, in der Sozialpolitik? Für welche Inhalte steht das Label "christlich"?
Je nach Region und Gruppierung kann das in der Nachkriegszeit etwas sehr Unterschiedliches bedeuten, sagt Frank Bösch, Professor am Potsdamer Zentrum für Zeithistorische Forschung. Frank Bösch erklärt: "Ein großer Unterschied zwischen den Aufrufen in eher katholischen Städten und den protestantischen war, dass sie viel stärker religiös konnotiert waren, viel stärker soziale, teilweise sogar sozialistische Forderungen aufnahmen nach der Sozialisierung, also der Vergesellschaftung der Produktionsmittel. Dagegen waren die protestantischen Aufrufe, wie wir sie in Lübeck, in Hamburg oder Hannover haben, viel, viel stärker liberal ausgerichtet, gegen den Kommunismus ausgerichtet, forderten viel stärker eine freiheitliche Wirtschaftsordnung."
Kritik am Kapitalismus
Die sozialen, teilweise sozialistischen Positionen stammen aus der katholisch-christlichen Gewerkschaftsbewegung. Jakob Kaiser gehört zu diesem Flügel, er will einen "Sozialismus aus christlicher Verantwortung", das bedeutet: teilweise Vergesellschaftung der Großindustrie und starke Mitbestimmungsrechte. Einen Staatssozialismus allerdings lehnte er ab. Diese Ideen sind sogar 1947 ins Ahlener Programm der CDU eingegangen.
"Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. … Durch eine gemeinwirtschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau unseres Volkes dient und den inneren und äußeren Frieden sichert."
Doch planwirtschaftliche Vorstellungen werden von Adenauer entschieden verworfen, an ihre Stelle trat wenige Jahre später die "Soziale Marktwirtschaft". In der Sowjetischen Besatzungszone nimmt die CDUD einen anderen Weg als die CDU im Westen. SPD und KPD werden 1946 zur SED zwangsfusioniert. Die Einheitspartei baut ihre Machtstellung aus. Das hat Folgen für die Christdemokraten und die anderen demokratischen Parteien.
Der Historiker Frank Bösch sagt: "Die CDU wurde im Osten Deutschlands von Beginn an benachteiligt. Während die nach der Zwangsvereinigung 1946 entstandene SED klar bevorteilt wurde bei der Zuteilung von Papier und Zeitungen, bei der Ermöglichung von Wahlveranstaltungen, bei der Kommunikation konnte die CDU nicht auf vergleichbare Ressourcen zurückgreifen. In gewisser Weise war ihre Existenz ein Feigenblatt, um zu suggerieren, dass hier eine Demokratie aufgebaut würde."
Doch die CDU und auch die anderen demokratischen Parteien gehen davon aus, gleichberechtigte Mitspieler zu sein. Michael Borchard von der Konrad-Adenauer-Stiftung erläutert: "Es gab relativ schnell, schon 1945, den ersten Lackmustest. Dieser Lackmustest war die Bodenreform. Bei der Bodenreform war es so, dass die CDU in der SBZ nicht grundsätzlich eingestellt war gegen diese Bodenreform, aber Leute wie Walter Schreiber oder Andreas Hermes haben sehr klar und sehr deutlich und sehr offen gesagt: Eine solche Bodenreform kann stattfinden, aber erstens darf sie nicht entschädigungslos stattfinden, und sie muss nach rechtsstaatlichen Prinzipien vor sich gehen. Schon das hat dazu geführt, dass man Andreas Hermes schwer unter Druck gesetzt hat, dass man Walter Schreiber schwer unter Druck gesetzt hat. Und beide sind dann im Verlaufe des Jahres 1945 im Winter, im Dezember abgesetzt worden."
"Konterrevolutionäre Sabotage"
Bis Ende 1946 etwa kann die sowjetische Militäradministration davon ausgehen, dass sie ihren Einflussbereich auch auf die westlichen Besatzungszonen würde ausdehnen können. Daher dürfen die demokratischen Parteien, die die Sowjetische Militäradministration zugelassen hat, auf keinen Fall zu mächtig werden. Der Historiker Michael Bienert hat sich in seiner Dissertation mit den demokratischen Parteien in der sowjetisch besetzten Zone beschäftigt. Von Anfang an, sagt er, gab es hier nie ein demokratisches Parteiensystem: "Es war ein schleichender Prozess, bei dem man durchaus schon 45, vor allem 46 schon sehen kann – wenn ich an die Vorbereitung der Landtagswahlen im Herbst 46 denke – dass dort entsprechender Einfluss ausgeübt wird und bestimmte Leute eben, die politisch nicht opportun erschienen, auf einmal von der Kandidatenliste gestrichen wurden unter sehr fadenscheinigen Begründungen."
Als ein CDU-Politiker in Thüringen, der Eichsfelder Landrat Aloys Schaefer, das Zulassungsverfahren zu den dortigen Wahlen kritisiert, wird ihm "konterrevolutionäre Sabotage" vorgeworfen. Er wird zu 10 Jahren Arbeitslager verurteilt. Solche harten Urteile, die es in diesen Jahren gelegentlich schon gab, sollen vor allem eines: abschrecken.
Mit der Währungsreform in den besetzten Gebieten der West-Alliierten und der Berlin-Blockade 1948 friert die Situation ein. Es ist Beginn des Kalten Krieges. Michael Bienert sagt: "Sie können durchaus anhand der Parteimitgliedszahlen der Landesverbände und dann auch innerhalb der SBZ sehen, wie dann eben auch ab 48, 49 plötzlich auf einmal die Partei, die CDU, stark schrumpft, was damit zusammenhängt, dass interne Säuberungswellen laufen, dass viele auch in den Westen flüchten und andere auch einfach aus der Partei austreten, also resignieren."
Ehemalige Amtsträger des NS-Staates werden salonfähig
Viele ostdeutsche CDU-Mitglieder, die mit großem Idealismus angetreten sind, um nach der Katastrophe des Nationalsozialismus eine gerechtere Gesellschaft aufzubauen, werden bitter enttäuscht. Unter sowjetischer Besatzung und SED Herrschaft werden viele diffamiert, aus ihren Ämtern gedrängt, verschwinden in Gefängnissen und Arbeitslagern oder fliehen in den Westen. Der Band "Verfolgt und entrechtet" von Günter Buchstab hat 2000 Namen und Biografien zusammengetragen von CDU-Mitgliedern und Menschen, die der CDU nahestanden, die in den Jahren von 1945 bis zum Mauerbau politisch verfolgt wurden.
In der DDR hat die Ost-CDU, wie alle anderen demokratischen Parteien, vor allem eine Alibi-Funktion. Im Westen steigt die CDU zur führenden politischen Kraft über Jahrzehnte. Für Konrad Adenauer sind Sühne und Versöhnung wichtige Leitplanken seiner Außenpolitik. Er bringt die Aussöhnung mit Frankreich auf den Weg, bemüht sich um eine Annährung an Israel, erreicht die Westbindung. Innenpolitisch ist die Integration von Millionen von Kriegsflüchtlingen und Vertriebenen zu bewältigen.
Die christlich begründete Opposition zum Nationalsozialismus hält Adenauer nicht davon ab, in der jungen Bundesrepublik ehemalige Amtsträger des NS-Staates wieder salonfähig zu machen und ihnen einflussreiche Positionen in der Regierung anzuvertrauen.
Das "C" stand in der Gründungsphase für Prinzipienfestigkeit, es wird schnell zum schillernden, vieldeutigen Etikett. Historisch ergiebig ist nicht nur die Frage, wie das C in den Parteinamen kam. Mindestens so bemerkenswert ist, dass es dort blieb. Doch das ist eine andere Geschichte.