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Nachruf auf Chuck Berry
Rock'n'Roll mit gebeugten Knien

Er gilt als der Vater des Rock'n'Roll, hat Generationen von Musikern geprägt - dabei war die Hochphase seines Erfolgs relativ kurz. Jetzt ist Chuck Berry im Alter von 90 Jahren in Missouri gestorben.

Von Sören Brinkmann |
    Der Musiker Chuck Berry spielt Gitarre und singt am 07.11.2005 in Zürich.
    Der US-Sänger Chuck Berry galt als Pionier des Rock'n'Roll. (picture alliance / Walter Bieri/KEYSTONE / EPA FILE/dpa)
    Die Musik hat sein Leben lang eine prägende Rolle gespielt. Schon als kleiner Junge singt Chuck Berry im Baptisten-Kirchenchor, später im Chor der High School. Das Gitarrenspielen bringt er sich als Jugendlicher selbst bei und legt so den Grundstein für seine spätere Karriere. Als schwarzer Musiker bekommt er in den USA der 50er- und 60er-Jahre auch Rassismus und Vorurteile zu spüren.
    Ab 1955 feiert Chuck Berry seine größten Erfolge. Es ist der neue Sound des Rock’n’Roll, der ihn berühmt macht. Im Gegensatz zu anderen damaligen Größen wie Elvis Presley oder Bill Haley schreibt Chuck Berry viele Hits selbst: "Rock 'n' roll Music", "Sweet Little Sixteen", "School Days", "Around and Around" oder "Almost Grown".
    Chuck Berry – einer der Pioniere des Rock’n’Roll, der sich selbst nur als ein Rädchen im Getriebe bezeichnete: "I’m surely a cog in the wheel", sagte er einmal.
    Friseur und Lagerarbeiter
    Chuck Berry wurde als Charles Edward Anderson Berry am 18. Oktober 1926 in St. Louis geboren. Er wuchs mit drei Schwestern und zwei Brüdern auf.
    Berry verdiente zunächst als Lagerarbeiter und Friseur seinen Lebensunterhalt. 1952 gründete er ein Trio mit dem Pianisten Johnnie Johnson und dem Schlagzeuger Ebby Harding. Drei Jahre später landeten sie ihren ersten Hit: "Maybellene"
    Der bis heute bekannteste Hit von Chuck Berry wurde wenig später "Johnny B. Goode". Ein Stück, das 1977 im Wortsinne überirdisch wurde. Es ist zu hören auf einer goldenen Schallplatte, die an Bord der Voyager-Sonden ins All geschickt wurde – darauf: ein Querschnitt der Musikgeschichte.
    Legendär wurde sein "Duckwalk"
    Legendär wurde auch sein "Duckwalk", der später von vielen anderen Musikern auf der Bühne imitiert wurde. Bereits während seiner ersten großen Tournee kreierte Chuck Berry diese Schritte mit gebeugten Knien, die zu seinem Markenzeichen wurden.
    "Als ich ein Kind war, bin ich oft auf diese Weise unter den Tisch gerutscht. Und wenn wir Besuch hatten, dann habe ich das als Unterhaltung gemacht. Es war dann im Paramount Theater in Brooklyn, als ich den Duckwalk zum ersten Mal gemacht habe während einer Instrumentalpassage. Ich habe es kreiert als ein Element meines Auftritts."
    Oder doch um einen Makel zu verstecken, wie eine andere Überlieferung nahelegt. Demnach wollte Berry mit dem Duckwalk von seiner zerknitterten Kleidung ablenken. So marschierte er im Entenwatschelgang über die Bühne.
    Einfluss auf die britischen Beat-Bands
    Großen Einfluss übte Berrys Musik auch auf die britischen Beat-Bands aus, von denen viele seine Titel gecovert haben. 1965 nahmen die Beatles "Roll over Beethoven" auf und erhielten dafür eine Goldene Schallplatte. Auch der Beat-Musiker Tony Sheridan würdigte Chuck Berrys Leistungen, als der ein Konzert in Europa gab:
    "Rhythmisch. Und sein Gitarrenspiel – da hat er uns alle infiziert. Alle Musiker sind Chuck Berry verpflichtet und wir danken für Chuck Berry."
    Berrys Name war jedoch nicht nur in Verbindung mit Musik in den Schlagzeilen: 1962 musste er sich wegen sexueller Kontakte zu einer Minderjährigen verantworten. Zwei Jahre saß er im Gefängnis. 1979 musste er wegen Steuerhinterziehung für hundert Tage hinter Gitter.
    Bis zuletzt auf Tour
    Doch sein musikalisches Wirken brachte Chuck Berry Ruhm und Auszeichnungen. 1984 wurde er mit dem Grammy für sein Lebenswerk ausgezeichnet. 1986 gehört er zu den ersten Musikern, die in die Rock'n'Roll Hall of Fame aufgenommen wurden. Der "Rolling Stone" zählt ihn zu den zehn besten Gitarristen der Welt.
    Auch in den letzten Jahren seines Lebens blieb Chuck Berry der Musik treu. Einmal im Monat gab er ein Konzert in einem Restaurant in seiner Heimatstadt St. Louis und ging selbst im hohen Alter auf Tournee. Ein Leben für die Musik und für den Rock’n‘Roll.