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Nachruf auf den Schlagzeuger Elvin Jones

Jazz. - Er hat mit Duke Ellington, Charlie Parker und Miles Davis gespielt, als Schlagzeuger des John Coltrane Quartetts wurde er weltberühmt: Die Rede ist von dem Jazz-Musiker Elvin Jones, der wie heute bekannt wurde, im Alter von 76 Jahren gestorben ist. Geboren wurde Elvin Jones 1927 in Pontiac im US-Bundesstaat Michigan. Er war das jüngste von zehn Kindern, von denen mehrere Musiker oder Komponisten wurden. Und seit Anfang der 50er Jahre hat er als Jazz-Musiker maßgeblich dazu beigetragen, dass das Schlagzeug heute als eigenständiges Instrument anerkannt ist.

Von Harry Lachner |
    Der Jazz mochte in seinen frühen Jahren in erster Linie Unterhaltung sein. Aber er war immer auch - und wurde es später in noch größerem Maße - die Darstellung der eigenen Identität. Er ist eine extrem persönliche Sprache, ein Ort für die Kommunikation zwischen den Musikern: auf offener Bühne, als Feier des glücklichen Augenblicks. Gerade in den politisch und musikalisch so turbulenten sechziger Jahren, als die Grenzen und die Formeln sich aufzulösen begannen, kam dem Jazz als improvisierte Musik auch das Moment des Identitätsstiftenden zu: Jazz wurde zu einem Mittel der Selbstbehauptung der Schwarzen. Afrika wurde zur Chiffre für ein neues Traditionsbewusstsein und für den kühnen Ausblick auf die Zukunft gleichermaßen. Kaum ein anderer Schlagzeuger hat die Inspiration aus der afrikanischen Musik auf so überzeugende und subtile Weise in den Jazz einfließen lassen wie der 1927 in Pontiac, Michigan, geborene Elvin Jones.

    Er war ein Meister der Polyrhythmik - und zugleich ein Schlagzeuger, der zwischen Abstraktion und emotionaler Direktheit zu vermitteln wußte. Ein junger Kollege, Bobby Previte, sagte einmal über ihn: "Er geht immer von seinem eigenen Punkt aus, rennt nicht hinter dem Solisten her, er antwortet, aber er steht auf seinem eigenen Grund." Elvin Jones' Fähigkeiten, auf die Mitspieler einzugehen, war so phänomenal wie sein Wille zur beständigen Erneuerung, zur Neudefinition des Schlagzeugs als eigenständige Stimme innerhalb des Ensembles. Seit seiner Zeit bei der Armee, von 1946 bis 1949, hat er mit vielen wichtigen Musikern seiner Zeit gespielt. Aber entscheidend für seinen Ruhm war die fünf Jahre dauernde Zusammenarbeit mit dem Saxophonisten John Coltrane. Gemeinsam vollzogen sie eine Revolution des Jazz: sie verließen die Übereinkunft der Harmoniewechsel, orientierten sich am modalen Spiel, das Jones erlaubte, ständig mit der Überlagerung der Rhythmen zu spielen. Nur vor der endgültigen Auflösung des festen Beats scheute er zurück: den Schritt zum völlig freien Jazz vollzog er nicht. Jones widmete sich seit 1967 seinen eigenen Bands, in denen er die vielfältigen Aspekte komplexer und doch nachvollziehbarer Rhythmik ausleuchtete. Zahlreich sind auch die Alben mit seinen Gastauftritten. Aber bis zu seiner schweren Krankheit leitete er sein eigenes Ensemble, in dem er junge Musiker förderte. Elvin Jones starb am vergangenen Dienstag im Alter von 76 Jahren im Hospital von Englewood, New Jersey. "Er ist glücklich. Kein Leiden mehr", sagte seine Frau Keiko Jones. "Er hat so lange gekämpft."