"Wie aus einer anderen Welt", so beschreibt der Ronald Reng das System der Nachwuchsleistungszentren deutscher Profivereine. Über neun Jahre hat der Autor drei junge Fußballer bei ihrem Weg durch die Nachwuchsmannschaften begleitet. Wie sie versuchen, auf sich aufmerksam zu machen, um am Ende einen gut dotierten Vertrag zu bekommen. Wie sie unter einem Trainer auf der Bank sitzen, um unter dem anderen Stammspieler zu werden. Wie sie alles dem Fußball unterordnen.
"Die trainieren mittlerweile sechs Mal die Woche, fahren zu den Spielen, sind den ganzen Sonntag unterwegs. Die müssen gucken, dass sie die Schule irgendwie da noch unterbringen. Da bleibt eigentlich kein Raum, mal ins Kino zu gehen, eine Freundin oder die Clique zu treffen."
Versicherung für Deutschlands Stellung als erfolgreiche Fußballnation
Herausgekommen ist das Buch "Der ganz Traum", in dem Reng die Geschichte der drei Jungs erzählt. Und gleichzeitig tiefe Einblicke in das System der Nachwuchsleistungszentren gibt.
Die sind seit vielen Jahre der Stolz des deutschen Fußballs. Eine Art Versicherung, um die Stellung Deutschlands als erfolgreiche Fußballnation zu erhalten. Der Deutsche Fußball Bund und die Deutsche Fußball Liga haben sie für die Bundesligisten verpflichtend eingeführt. Nach dem EM-Aus 2000, als Deutschland mit nur einem Punkt und einem Tor nach der Vorrunde ausgeschieden ist.
Ein System, das sich bewiesen hat, wie Reng sagt: "Das Nachwuchssystem ist dafür da, Fußballer gut und besser auszubilden. Und die Generation Fußballer, die da rauskommt, ist besser, als Fußballer je waren. Ein kleines Beispiel: Vor 15 Jahren war Didi Hamann der Fußballer mit der besten Passquote in der Bundesliga, 80 Prozent seiner Pässe sind angekommen. Heute wäre er damit in einer Fußballmannschaft unterdurchschnittlich, weil aus den Nachwuchsleistungszentren Fußballer rauskommen, die alle mit 85, 90 Prozent Passquote spielen. Und so sind alle besser geworden durch dieses Fördersystem."
Ein System, das sich bewiesen hat, wie Reng sagt: "Das Nachwuchssystem ist dafür da, Fußballer gut und besser auszubilden. Und die Generation Fußballer, die da rauskommt, ist besser, als Fußballer je waren. Ein kleines Beispiel: Vor 15 Jahren war Didi Hamann der Fußballer mit der besten Passquote in der Bundesliga, 80 Prozent seiner Pässe sind angekommen. Heute wäre er damit in einer Fußballmannschaft unterdurchschnittlich, weil aus den Nachwuchsleistungszentren Fußballer rauskommen, die alle mit 85, 90 Prozent Passquote spielen. Und so sind alle besser geworden durch dieses Fördersystem."
Reformen dringend nötig
Und das System habe viele Erfolge produziert, sagt Christian Wück. Er ist Nachwuchstrainer beim DFB, arbeitet dort mit Spielern aus dem Jahrgang 2006. Auch der Weltmeistertitel aus dem Jahr 2014 gehe letztendlich gute Nachwuchsarbeit zurück.
Allerdings holen andere Nationen bei der Talentförderung auf: "Wir merken, dass wir von den anderen Nationen vom System her kopiert wurden und dass die jetzt ihre eigene Identität reingebracht haben."
Allerdings holen andere Nationen bei der Talentförderung auf: "Wir merken, dass wir von den anderen Nationen vom System her kopiert wurden und dass die jetzt ihre eigene Identität reingebracht haben."
Das spiegeln auch die Leistungen der deutschen Nationalmannschaften wider. Die U21 ist zwar in den vergangenen Jahren zwei Mal Europameister geworden. Das A-Team hat aber bei der WM 2018 ein ähnliches Debakel wie bei der Europameisterschaft 2000 erlebt: Nur ein Sieg, zwei Tore, nach der Vorrunde als Gruppenletzter ausgeschieden. Und auch bei der EM in diesem Jahr hat die Mannschaft kaum überzeugt, im Achtelfinale gegen England ist Schluss.
Deshalb will der DFB jetzt auch seine Nachwuchsarbeit reformieren. Dringend nötig, sagt Christian Wück: "Weil wir einfach merken, dass andere Nationen, sprich England, Spanien, Holland, uns bei den Toptalenten überholen. Wir haben jetzt zwar ein paar Namen, die es geschafft haben, wie ein Flo Wirtz, wie ein Jamal Musiala. Die mit 17 Jahren in der Bundesliga spielen und auch schon Stammkräfte sind. Aber zum Beispiel der 2000er Jahrgang von England, wo ein Sancho, wo ein Phil Folden dabei war, schon qualitativ und auch quantitativ uns überholt hat."
Deshalb will der DFB jetzt auch seine Nachwuchsarbeit reformieren. Dringend nötig, sagt Christian Wück: "Weil wir einfach merken, dass andere Nationen, sprich England, Spanien, Holland, uns bei den Toptalenten überholen. Wir haben jetzt zwar ein paar Namen, die es geschafft haben, wie ein Flo Wirtz, wie ein Jamal Musiala. Die mit 17 Jahren in der Bundesliga spielen und auch schon Stammkräfte sind. Aber zum Beispiel der 2000er Jahrgang von England, wo ein Sancho, wo ein Phil Folden dabei war, schon qualitativ und auch quantitativ uns überholt hat."
Weniger Leistungsdruck, einzelne Spieler im Blick haben
Der DFB hat deshalb vor zwei Jahren das "Projekt Zukunft" gestartet, mit dem die Nachwuchsarbeit neu aufgestellt werden soll. Dabei handelt es sich nicht um ein komplett neues System, die Nachwuchsleistungszentren der Vereine sollen auch in Zukunft die Talente ausbilden. Allerdings soll mehr auf die einzelnen Spieler eingegangen werden und der Leistungsdruck abnehmen.
So könne man diskutieren, ob es in den Jugendligen dringend einen Absteiger geben müsse, sagt Christian Wück: "Weil was hat das denn zur Folge? Das hat zu Folge, dass in der U15 eine Mannschaft sich hinten reinstellt, weil sie nicht verlieren möchte. Das heißt, wir wollen den Druck von den Trainern nehmen, dass die Trainer die Talente im Spiel fördern können und eben nicht auf’s Ergebnis schauen. Weil jeder Spieler möchte jedes Spiel gewinnen, diese intrinsische Motivation möchten wir fördern. Und da überlegen wir eben, den Abstieg für gewisse Altersstufen abzuschaffen."
Und auch bei den Jüngeren möchte der DFB nachbessern, sagt Wück. Partien auch mit weniger Spielern durchführen, um mehr Einsatzmöglichkeiten zu schaffen. Positionen rotieren, die Spieler nach dem biologischen Alter gruppieren. Am Ende soll eine individuellere Talentförderung stehen. Noch sind die Pläne allerdings nicht spruchreif. Seit Anfang des Jahres arbeitet eine Expertengruppe an einem detaillierten Konzept.