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Nachwuchsmaler Leon Löwentraut
"Es geht heutzutage um das Erscheinungsbild"

Er wird als Jung-Picasso bezeichnet, Sammler reißen sich um seine Werke, manche Bilder werden für Tausende Euro verkauft: Mit gerade einmal 18 Jahren feiert Leon Löwentraut bereits beachtliche Erfolge als Maler. Im DLF spricht er über seinen neuen Stil, Marketing und schlechte Kritiken.

    Der junge Maler Leon Löwentraut
    Der Künstler Leon Löwentraut: Er fühle sich geehrt, seinen Traum leben können, sagte er im DLF (dpa)
    Sören Brinkmann: "Jung-Picasso" - wie ist es mit so einem Attribut zu leben?
    Leon Löwentraut: Ja, also am Anfang fand ich das ziemlich cool, Picasso genannt zu werden. Mittlerweile finde ich es besser, wenn man einfach Leon Löwentraut zu mir sagt, weil man möchte ja irgendwann für sich selber stehen und nicht immer mit anderen vergleichen werden. Aber ich finde es jetzt nicht so schlecht mit Picasso verglichen zu werden. Also ich würde sagen, da gibt es auch schlechtere Personen.
    Brinkmann: Ganz eindeutig, es gibt schlechtere. Und wenn man sich Ihre Kunst anguckt, tatsächlich tauchen ja bei Ihnen auch solche deformierten Formen zum Beispiel auf oder auch so kubistische Körper, ähnlich wie bei Picasso. Ist denn Picasso da ein Vorbild, um noch mal da zu bleiben?
    Löwentraut: Auf jeden Fall. Picasso hat mich inspiriert für die Figuren und für die Gesichter auch teilweise, die ich gemacht habe - oder auch generell ganze Körper von Frauen, die Picasso ja sehr, sehr häufig gemalt hat. Da habe ich mir natürlich ein Beispiel dran genommen und habe mich davon sehr stark inspirieren lassen, was jetzt heißt: auch wirklich nur inspiriert und nicht abgemalt, weil keine Form, die ich gemalt habe, sieht jetzt so aus wie die von Picasso, haargenau. Also da habe ich auch schon irgendwie meinen eigenen Stil da mit reingebracht und es sind ja auch teilweise viele andere Bilder. Es gibt ja auch viele abstrakte Werke von mir, wo ich Personen zu mir ins Atelier eingeladen habe, die ich auf meine Art gemalt habe, die gar nicht aussehen wie irgendwelche Bilder von anderen Künstlern, sondern wirklich nur einfach originale Löwentrauts sind. Ja.
    "Ich mache die Gesichter und Figuren auf meine Art und Weise"
    Brinkmann: Ich habe ja gerade gesagt, Sie nennen Ihre Kunst expressiv-abstrakt - ich weiß, es ist immer schwierig sowas im Radio zu erklären, aber ich würde es Ihnen überlassen. Wie könnte man das erklären, wie könnte man das am besten beschreiben?
    Löwentraut: Ja, expressiv einfach aus dem Grund, weil ich oft Gesichter rot male oder die Hautfarbe blau mache, halt mit den Farben, die ich für richtig halte, wo ich gerade am liebsten mit male. Und das Abstrakte halt einfach, weil ich die Augen vielleicht etwas verdreht auch darstelle oder auch den Mund etwas anders deutlich mache, als man das jetzt eigentlich vermuten würde, sprich: Die Figuren sehen ganz anders aus als jetzt im Leben, also wirkliche Personen. Ich mache die Gesichter und Figuren auf meine Art und Weise und stelle die in anderen Farben dar, bisschen verzogen, dass man schon sieht, da wurde eine Menge bei überlegt, wie man das am besten darstellt und auf künstlerische Art und Weise, nicht irgendwie abgemalt oder sowas.
    Der eigene Stil bildet sich zunehmend heraus
    Brinkmann: Knallig bunt ist es, oft auch großformatig...
    Löwentraut: Meistens großformatig, ja.
    Brinkmann: ... genau, wenn man sich jetzt auch diesen Stil, den Sie gerade beschreiben, anguckt, würden Sie sagen - Sie sind noch sehr jung mit 18 Jahren -, haben Sie da Ihren Stil gefunden mit 18 Jahren oder streben Sie auch Entwicklung an, dass Sie sagen mehr ins Konkrete, ins Realistische zu gehen oder sowas?
    Löwentraut: Ja, also ich verstehe das, wenn Leute sagen, ich brauche noch eine ganze Zeit, um mich selber zu finden. Verstehe ich absolut, mache ich Ihnen auch gar keinen Vorwurf. Ich habe jetzt auch sehr lange immer Bilder gemalt, die sich ziemlich stark ähneln, aber wenn man jetzt die Bilder sieht, die nach New York kommen beispielsweise - davon habe ich noch kein einziges gepostet bis jetzt -, die sind wieder ganz anders. Also die sind gar nicht mehr so farbenfroh, die sind mit ziemlich dezenteren Farben gemalt, ich habe auch Corbusier-Farben mit eingearbeitet - sogar sehr, sehr stark, was eigentlich Wandstreichfarbe ist, aber ich habe gesagt, die Farbe ist einfach phänomenal, weil die trocknet erstens schnell - für einen so ungeduldigen Menschen wie mich ist das ziemlich hilfreich - und kann danach noch mit Kreide oder Kohle auf dieser Farbe weitermalen, was ziemlich ungewöhnlich ist, was man auf Acrylfarbe niemals machen könnte. Und die Bilder an sich sind auch ganz anders wieder, weil man verschiedene Formen sieht und auch verschiedene Situationen einfach aus dem Alltag, die auf meine Art dargestellt wurden. Das sind Bilder, ich habe den Leuten die gezeigt, da meinten die: Leon, du hast dich jetzt wirklich gefunden. Also die haben gesagt, davor immer sehr viel Ähnlichkeit mit Picasso, aber das ist absolut dein Ding und das ist ein Löwentraut und da könnte man dich auch nicht verwechseln.
    "Eine Ehre, dass ich die Möglichkeit habe, meinen Traum zu leben"
    Brinkmann: Fühlen Sie sich privilegiert, dass Sie jetzt in so jungen Jahren schon das machen können, auch frei von wirtschaftlichen Zwängen?
    Löwentraut: Ja, natürlichen. Das ist natürlich auch eine Ehre für mich, dass ich die Möglichkeit habe, meinen Traum zu leben. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Ich bin da sehr, sehr froh drüber, hatte auch viel Hilfe von meinen Eltern damals bekommen, die mich unterstützt haben und mir geholfen haben, meine Träume zu verwirklichen und meinen erstmal bisschen skurril klingenden Vorstellungen nachgehen konnte. Sie haben sich aber trotzdem darauf eingelassen. Ich hatte dann auch irgendwann - nachdem ich paar falsche Leute auch aussortieren musste, wo ich gemerkt habe: Ja, die sind einfach nur darauf aus, kurz Geld mit mir zu machen und dann weiß ich nicht, bin ich verbrannt oder habe keine Kraft mehr, ein Bild zu malen.
    Brinkmann: Wenn Sie über das Geldmachen sprechen, wie ist es denn für Sie persönlich? Würden Sie Kunst auch machen, um der Kunst willen oder geht es Ihnen auch eben darum, fünfstellige Summen zu erzielen?
    Löwentraut: Also, ich meine, die Preise sind von alleine entstanden. Die Leute haben angefangen, sich immer weiter zu überbieten und immer mehr für die Bilder zu bezahlen, damit sie einfach die Möglichkeit haben, ein Bild zu kriegen, weil es ist wirklich sehr schwer, an ein Bild von mir ranzukommen. Das dauert teilweise zwei bis drei Jahre, dass Leute ein Bild von mir kriegen.
    Brinkmann: Aber der Kunstmarkt gibt im Moment natürlich auch entsprechende Preise her. Sie werden manchmal als eben "Kunstwunderkind" bezeichnet. Wie wird man dazu und wie sehr kann man so eine Künstlerkarriere auch kalkulieren? Wie kann man darauf hinarbeiten, wie kann man dafür sorgen, dass man eine Künstlerkarriere erreicht?
    "Kunst kommt aus einem raus"
    Löwentraut: Man sollte einfach permanent an seinem Traum festhalten und nicht nur, wie ich das jetzt gemacht habe, sagen: Ah, ich zeige es allen. Ich zeige meinen Lehrern, dass man mehr verdienen kann als die. Ich zeige all meinen Freunden, die gesagt haben, ich werde es niemals schaffen - es gibt viele Leute, die sagen sowas jeden Tag, aber machen nichts. Also die nehmen nicht den Hörer in die Hand und fangen an, die ganzen Kontakte, die die haben, anzurufen.
    Brinkmann: Das heißt, Sie haben auch immer ambitioniert eben daran gearbeitet, immer an Galerien heranzutreten beispielsweise, immer Ihre Kunst nach vorne zu bringen.
    Löwentraut: Ich habe im Alter von zehn Jahren - oder das war im Alter zwischen zehn und 12 Jahre war ich da - habe ich angefangen, jede Galerie aus Düsseldorf rauszusuchen und habe jede einzelne angerufen und habe gesagt: Ich bin Leon Löwentraut, das sind meine Bilder, guckt euch die Mal an. Habe die per E-Mail geschickt, habe mir eine selbstgebastelte Pressemappe zusammengestellt, bin dann zu Galerien hingegangen, habe da geklingelt, habe auch wieder gesagt: Hier bin ich. Ich bin soundso viel Jahre alt - da war ich noch sehr, sehr jung -, habt Ihr nicht mal Lust eine Ausstellung mit mir zu machen? Und dann haben die sich teilweise noch nicht einmal meine Bilder angeguckt und haben einfach nur gesagt: Wie alt bist Du? Hast Du schon studiert? Und dann habe ich gesagt: Ja, ich bin 12 oder 13 - je nachdem, wie alt ich da war. Nein, natürlich habe ich noch nicht studiert, aber Kunst - das ist meine Meinung - muss man nicht studieren. Kunst kommt aus einem raus. Entweder man ist für die Kunst geboren oder eben nicht.
    Brinkmann: Die Frage auch noch: Wie sehr mussten Sie auch daran arbeiten? Also Sie haben ja zum Beispiel, wenn man sich mit Ihnen beschäftigt, es gibt eine sehr professionelle Homepage, es gibt sogar eine eigene App - also haben Sie auch Angst davor, dass es den Ruf gibt, dass Sie so ein "gemachter Künstler" sind, dass da nichts authentisch ist, sondern dass es sehr gemacht ist und kalkuliert?
    Löwentraut: Ja, also gemacht ist es jetzt nicht, aber ich habe halt bei jeder Kleinigkeit, was man im Internet findet, habe ich überall mitgesprochen und gesagt, wie ich das gerne hätte. Weil es geht heutzutage einfach um das Erscheinungsbild. So viel wird alleine durch das Erscheinungsbild ausgemacht. Wenn man jetzt auf meine Webseite geht, da ist alles schwarz und weiß, alles strukturiert und geordnet und nur die Bilder, nur meine bunten Bilder sollen das einzige sein, was wirkt, weil das den Betrachter als erstes anspricht. Es kommt ja nicht auf die Webseite an sich an, es kommt auf das das Produkt an.
    "Natürlich schreiben die Kritiker noch schlecht über meine Bilder"
    Brinkmann: Und kommt es auch auf Ihre Inszenierung an, die Inszenierung von sich selbst?
    Löwentraut: Inszenierung würde ich jetzt nicht sagen, weil ich bin einfach wirklich so. Also auch die App, die ist genauso. Die ist auch in schwarz-weiß, die ist sehr, sehr schlicht gehalten. Das soll alles miteinander verknüpft sein. Normal ist das auch eine Marketingsache, aber das gehört alles dazu. Ich meine jedes Unternehmen, was man heutzutage aufbaut, ist auf Marketing aufgebaut. Es kann gar nicht mehr anders funktionieren.
    Brinkmann: Und was ist, wenn Kritiker schlecht über Ihre Bilder schreiben?
    Löwentraut: Ach ja, ich meine, normal schreiben die Kritiker noch schlecht über meine Bilder, weil die hatten sowas ja noch nie, dass ein 18-Jähriger so viel Erfolg hat mit Bildern. Es kann ja auch gar nicht sein, dass allen Leuten die Bilder gefallen. Das geht ja gar nicht. Deswegen ist ja Kunst auch so vielfältig. Es gibt ja so viele verschiedene Künstler und Kunst ist ja eigentlich das Kreativste überhaupt.
    Brinkmann: Und Ihre werden derzeit in Basel gezeigt, in der Galerie Löffel.
    Löwentraut: Genau.
    Brinkmann: Da sind Sie noch zu sehen bis Mitte November. Leon Löwentraut, 18 Jahre und Künstler, der ambitioniert sein Ziel verfolgt. Vielen Dank für das Gespräch.
    Löwentraut: Dankeschön.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.