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Nachwuchssport in der Warteschleife
"Wie kriegen wir die jungen Athletinnen und Athleten?"

Jugendtraining ist aufgrund der Corona-Pandemie in den meisten Sportarten lange nicht möglich gewesen. Mittlerweile gibt es unter freiem Himmel und mit Abstand zwischen den Sportlern wieder erste Einheiten. Die Sommersportarten fürchten dennoch um ihren Nachwuchs.

Von Lea Löffler |
Fußballer der Altersklasse U-10 vom SV Loschwitz trainieren auf dem Spielfeld in großen Abständen.
Fußball-Jugenstraining unter Pandemiebedingungen und mit Abstand (picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Robert Michael)
Köln, Mitte März. Ein Trainer gibt Anweisungen, Kinder toben über ein Hockeyfeld. Nach vier Monaten zu Hause eine echte Erleichterung. Bis zu 20 Kinder durften sich gemeinsam sportlich betätigen.
Auch nach der letzten Ministerpräsident*innenkonferenz ist das noch möglich, wenn es das jeweilige Bundesland erlaubt. Die Hoffnung auf weitere Öffnungen wurde bis auf Weiteres verschoben, eine generelle Rücknahme der Lockerungen hat es aber auch nicht gegeben. Noch nicht. Denn die steigenden Infektionszahlen könnten die Vereine an denselben Schauplatz wie so oft während der Pandemie drängen: Ins Internet.
Mit dem Online-Angebot der Hockeyvereine ist die Vizepräsidentin Sport des Deutschen Hockeybundes Marie Gnauert sehr zufrieden: "Es gab Challenges noch und nöcher und Spielchen, die hochgeladen wurden und Preise, die verteilt wurden und Malwettbewerb für Kinder und so weiter."

Schwierig, wenn die Heranführung wegfällt

Dennoch ersetzt das Training zu Hause keine Trainingseinheit auf dem Feld. Den Winter über durften ausschließlich Landeskader-Athlet*innen trainieren. Dass der Spielbetrieb für die Top-Teams auch in den nächsten Wochen weitergeht, sei für alle Hockeyfans elementar wichtig, findet Marie Gnauert: "Dann gibt es natürlich die Nationalmannschaften, die jetzt ihre ersten Länderspiele auch haben. Das wird natürlich auch breit gestreut, sodass man einfach immer versucht, die Verbindung zum Hockey aufrechtzuerhalten."
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Corona-Lockdown - Wintersport droht langfristiger Schaden
Die Wintersportsaison geht ihrem Ende entgegen. Gerade den Wintersport haben die Corona-Maßnahmen der vergangenen Monate stark eingeschränkt. Darunter leidet unter anderem die Nachwuchsarbeit. Auch Trainer drohen verloren zu gehen.
Auf langfristige Sicht wäre es für Gnauert wichtig, dass bald auch die zweite Liga den Spielbetrieb aufnehmen kann. Denn der "Nachwuchskader wird eben über die zweite Bundesliga an den Erwachsenenspielbetrieb herangeführt. Und das ist natürlich auch schwierig, wenn das komplett wegfällt. Wie kriegen wir die jungen Athletinnen und Athleten?"
Das fragt sich auch Uwe Hermann, Vorsitzender der Deutschen Schwimmjugend. Sport im Innenraum sollte laut MPK-Beschluss erst ab dem 22. März erlaubt sein und auch nur, wenn die Infektionszahlen stabil sind oder abnehmen. Die Bundesländer haben diese Richtlinie aber unterschiedlich ausgelegt. In Hessen durften Breiten- und Nachwuchssportler*innen bereits ab dem 8. März ins Wasser.
"Und das war schon ein bisschen euphorisch. Also da waren sehr, sehr viele, gerade die Schwimmer und Schwimmerinnen aus der Stadt Frankfurt sehr froh darüber, dass sowas möglich gemacht wurde", sagt Hermann.

"Alles was irgendwie Bock macht" fällt aus

Andere Bundesländer halten sich an die Richtlinie und warten mit der Öffnung. Erst am 12. April will die Ministerpräsident*innen-Konferenz wieder über weitere Lockerungen entscheiden. Hermann findet das besonders schlimm für alle Neulinge im Wasser. Um der ständig steigenden Zahl der Nichtschwimmer zu trotzen, will Hermann so bald wie möglich handeln: "Wir müssen jetzt schauen, dass wir, sobald die Bäder dann wieder öffnen, eine große Offensive starten, um möglichst vielen Kindern die Möglichkeit zu bieten einen Schwimmkurs zu machen. Die Wartelisten da sind sehr lang und der Bedarf ist sehr groß."
Auch im Rudern ist der Nachwuchs seit Anfang März wieder auf dem Wasser. Zwar fällt das Mannschaftsboot-Training weg, die Kinder freuen sich trotzdem über den Neustart. U19-Bundestrainerin Sabine Tschäge blickt auf die Mitgliederentwicklung im letzten Jahr zurück: "Es gab dann in den Sommermonaten, als dann doch wieder auch einiges ging, einen großen Run, gerade bei den Jüngeren, die in die Vereine zum Teil geströmt sind. Aber genau so gab es einen etwas größeren Aderlass. Ich sage mal so ab Pubertät aufwärts, wo da Mitglieder ausgetreten sind."
Und auch langfristig rechnet die Trainerin damit, dass mehr Jugendliche die Vereine verlassen. Gerade wenn sie ohne Perspektive trainieren, Wettkämpfe wegfallen und es kein Training im Mannschaftsboot gibt: "Das, was halt alles irgendwie Bock macht."

Bedarf für Trainingsformen mit Abstand

Die Regeln für den Winter fand Tschäge zu hart. Sie hätte das Training unter strengen Maßnahmen gerne früher zugelassen gesehen: "Ich glaube, man hätte mehr kreative Lösungen zulassen sollen und das etwas mehr runterbrechen in die einzelnen Kommunen und Städte. Das wenn es da ein gutes Konzept gibt, dass dann auch Sport stattfinden kann."
Kreativität ist auch für Dominic Ullrich aus dem Deutschen Leichtathletik Verband ein großes Thema. Der Vizepräsident Jugend betreibt einen YouTube Kanal, auf dem er Anstöße für das Leichtathletik-Training gibt. Momentan zeigt er in seinen Videos, wie das Training mit Abstand funktionieren kann: "Wenn man schaut, wie sich die Abonnentenzahlen erhöht haben, hat man jetzt schon festgestellt, da scheint es den Bedarf zu geben, solche Formate auch als Orientierung zu nutzen. Und da wird vieles auch nachgemacht."
Weitere Home-Trainingsvideos sind auf der Seite des Deutschen Leichtathletik Verbandes zu finden. Trotz des Angebots weiß Ullrich, dass die Kinder und Jugendlichen nach langer Zeit mit Sport vor dem Bildschirm lieber in den Kraftraum und in eine Gruppe zurück wollen.
"Man kriegt immer deutlicher mit, wer sind diejenigen, die wirklich was erreichen wollen, weil die auch schon vor der Pandemie ganz selbstbewusst und sicher waren, auch jetzt erst recht dranbleiben und auch kontinuierlich trainieren. Und diejenigen, die vielleicht eher nicht so, die werden auch möglicherweise eher verstärkt aussteigen", erzählt Ullrich, der hauptberuflich als Leistungssport-Koordinator und Lehrertrainer an einer Sportschule in Frankfurt arbeitet. An einen Corona-Jahrgang, aus dem keine Talente hervorgehen, will er nicht glauben. Erst wenn die Pandemie noch viele Jahre so andauert, rechnet der Vizepräsident Jugend mit einem Problem in den Reihen der Kaderathlet*innen.
Egal was die Politik in den nächsten Wochen entscheidet, eines ist klar: Die Bedeutung des Breiten- und Nachwuchssports ist nicht nur den Verbänden bekannt. Besonders Kinder und Jugendliche wissen, welchen hohen Stellenwert das gemeinsame Austoben für sie hat.