Boxen
Nächste Runde im Kampf zwischen IBA und IOC

Seit Langem kämpfen das IOC und der Box-Weltverband IBA darum, wer das olympische Boxen austragen darf. Jetzt hat die IBA Beschwerde bei der Schweizer Wettbewerbskommission Weko eingelegt.

Vin Piet Kreuzer |
Eine Boxerin in blauem Leibchen schlägt ihrer in rot gekleideten Kontrahentin ins Gesicht
Boxen bei Olympia: Das ist der große Streitpunkt zwischen IBA und IOC. (IMAGO / Xinhua / IMAGO / Jiang Wenyao)
“Zur Wettbewerbsbeschwerde gehört ja auch erstmal, dass man die Kriterien des Wettbewerbs einhält. Das ist ja massiv gescheitert und nicht gelungen“, kritisiert der Sportdirektor des Deutschen Box-Verbandes, Michael Müller, die Beschwerde der IBA bei der Schweizer Wettbewerbskommission Weko. Er spielt dabei auf die Suspendierung des Internationalen Box-Verbandes wegen intransparenter Finanzen und eines korrupten Kampfrichterwesens an.
“Es gibt zurzeit einen seriösen Weltverband, der sich um das olympische Boxen kümmert. Das ist World Boxing. Und wir arbeiten da sehr konsequent mit dem IOC zusammen bezüglich der Übernahme der olympischen Rechte und sind auf einem sehr guten Weg.“

"Boxsport braucht neuen Verband"

Michael Müller sitzt im Exekutivkomitee von World Boxing. Bisher hat die vor einem Jahr als Konkurrenz zur IBA gegründete Föderation 28 Mitglieder, bis Ende des Jahres sollen es mehr als 50 sein. Und das IOC sucht nach einem neuen Verband, um die Box-Wettkämpfe auszurichten.
Nach einer chaotischen IBA-Pressekonferenz während Olympia in Paris sagte IOC-Pressesprecher Mark Adams: “Das Einzige, was ich dazu sagen möchte, ist, dass diese Pressekonferenz eindeutig zeigt, dass der Boxsport einen neuen Verband braucht, der den Boxsport organisiert."
Denn die olympischen Box-Wettbewerbe in Tokio und Paris hatte das IOC organisiert. Für Los Angeles 2028 muss eine andere Lösung her. “Wir wollen, dass Boxen in LA auf dem Programm steht. Das tue ich, und jetzt liegt es an der Boxgemeinschaft, sich selbst zu organisieren und sich für den Sport und die Athleten einzusetzen.”

Vorwurf: Monopol

Für das Internationale Olympische Komitee ist die IBA kein seriöser Partner. Der Internationale Box-Verband hat schon vor dem Internationalen Sportgerichtshof und dem Schweizer Bundesgericht versucht, den Ausschluss aus dem IOC aufheben zu lassen. Jetzt folgt der nächste Versuch vor der Schweizer Wettbewerbsbehörde Weko. In einer formellen Beschwerde beschuldigt die IBA das IOC, den globalen Markt für die Organisation und Vermarktung der Olympischen Spiele auf unfaire Weise zu beherrschen.
Das IOC nutze seinen Einfluss, um Boxer an der Teilnahme an den Olympischen Spielen zu hindern, wenn ihr nationaler Verband der IBA angeschlossen sei, was gegen die Normen des fairen Wettbewerbs nach Schweizer Recht verstoße.
Der Kartellrechtler Mark E. Orth räumt der Beschwerde durchaus Erfolgsaussichten ein: “Schaut man sich eben diesen EuGH-Fall Super League an, da hat der EuGH gesagt, dass der marktbeherrschende Verband – und das ist das IOC gegenüber der IBA auf jeden Fall – wenn er Ausschlusskriterien für den Eintritt vorsieht, dass er die abschließend objektiv, transparent, diskriminierungsfrei erst mal definieren und dann auch anwenden muss. Und wenn man sich da den Sachverhalt anschaut, kommen einem gewisse Zweifel, ob die überhaupt sauber definiert, objektiv sind und nicht mit zu viel Auslegungsspielraum versehen sind.”

IBA-Stilmittel: Geld

Obwohl die Schweiz kein EU-Mitglied ist, halten sich Weko und Schweizer Bundesgericht oft an die Entscheidungen des EuGH. Und die IBA könnte die olympische Bewegung weiter ärgern: Unter Berufung auf das Kartellrecht könnte der Weltverband Beschwerde bei der Europäischen Kommission einlegen oder vor ein Zivilgericht gehen.
In der Zwischenzeit hat das Internationale Olympische Komitee alle Nationalen Olympischen Komitees aufgefordert, ihre Box-Verbände zu suspendieren, falls sie der IBA angehören. Der Welt-Boxverband sieht dies als weiteres Argument für seine Beschwerden. Den betroffenen Föderationen bietet er juristische und finanzielle Unterstützung an.
Geld ist das Hilfsmittel, mit dem der Internationale Box-Verband IBA seine Existenz festigen will. Diese Erfahrung hat Michael Müller schon gemacht, als Umar Kremlev 2020 als IBA-Präsident angetreten ist: “Er hat in Preisgelder investiert, anstelle von als Beispiel in professionelle Kampfrichter, um ein faires und transparentes Wettkampfsystem zu erreichen und saubere, faire Urteile für die Sportler zu ermöglichen. Und von daher hat sich die Tendenz dieses Verbandes massiv in den Profibereich verlagert.”
Michael Müller steht in schwarzem Anzug vor einer grauen Wand und hält eine Rede. Seine Arme sind erhoben.
Michael Müller ist Sportdirektor beim DBV und ist Mitglied der Exekutive von World Boxing. (IMAGO / Norbert Schmidt / IMAGO / Norbert SCHMIDT)
Und auch ohne Olympia attraktiv zu bleiben, investiert Präsident Umar Kremlev viele Millionen Euro. Geld, das vom russischen Energiekonzern Gazprom kommt. So flossen etwa 2,5 Millionen Euro nach Afrika, unter anderem für die Förderung von Sportlern, Ausbildung von Trainern, Organisation von Wettbewerben und Preisgeldern.

Neue Verbände - auch in Deutschland

Die Folge: Der Treueschwur von Eyassu Wossen, Präsident des Afrikanischen Boxverbandes AFBC. In einer IBA-Pressemitteilung wird er zitiert: “Ich bringe meine uneingeschränkte Unterstützung für den Internationalen Boxverband zum Ausdruck und stehe mit der AFBC in unserem gemeinsamen Engagement für die Sicherung der Zukunft des Boxsports zusammen. Wir lehnen die Ungerechtigkeiten und die Einmischung des IOC in die Angelegenheiten der IBA und der AFBC entschieden ab.”
Ein anderes Mittel: In einigen Ländern der World Boxing-Familie hat die IBA einen zweiten Verband anerkannt. In Brasilien, Tschechien, Schweden, Neuseeland, Australien – und auch in Deutschland: Die German Boxing Association (GBNA) ist ein Kunstprodukt der IBA. “Dann hat sich jetzt ein zweiter Verband gegründet, der nach eigener Aussage massiv finanziert wird von der IBA und von daher ist das für uns jetzt kein Partner oder kein Konkurrent“, sagt Michael Müller.
Auf eine Deutschlandfunk-Anfrage antwortete die GNBA nicht. Doch laut ihrer Website ist nur die Teilnahme an den finanziell lukrativen IBA-Wettbewerben ihr Ziel. Vom Deutschen Olympischen Sportbund ist nur der DBV als Boxverband anerkannt. Es bleibt ein Kampf mit harten Bandagen.