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Nächste Station: der Mond

"Zum Mond und darüber hinaus" ist das Motto einer dreitägigen Konferenz in Bremen, auf der Wissenschaftler aus Europa, Asien und Amerika über kommende Projekte zum Mond beraten haben. Nicht erst seit US-Präsident George Bush seinem Land die Rückkehr zum Mond verordnet hat, erlebt der nächste Nachbar der Erde eine Renaissance. Nach dem Aus für eine eigene deutsche Mond-Mission konzentriert sich Europa nun auf das gemeinsame Projekt MoonNEXT.

Von Guido Meyer |
    Es ist genau zwei Jahre her, dass Europas bislang einzige Mond-Sonde SMART-1 auf den Mond gestürzt ist. Nicht etwa aufgrund eines technischen Versagens, sondern - im Gegenteil - weil die Sonde nach mehr als zwei Jahren Betriebszeit alle Ziele erreicht hatte. SMART-1 mit seinen Ionentriebwerken sollte zeigen, dass Europas Weltraumagentur ESA überhaupt in der Lage ist, zum Mond zu fliegen. Und auch die nächste europäische Mond-Mission MoonNEXT ist wieder vorwiegend ein Technologie-Demonstrator.

    " Mit MoonNEXT würden wir erstmals kontrolliert auf einem anderen Himmelskörper landen. Während ihres Abstiegs würde die Sonde automatisch das Landegebiet auf mögliche Gefahren, Geröll oder Unebenheiten hin untersuchen und gegebenenfalls ausweichen. Diese Fähigkeit ist wichtig für bemannte Missionen, die nicht irgendwo aufsetzen sollen, sondern zielgenau in der Nähe einer Mond- oder Mars-Station. Schließlich können wir die Astronauten nicht mehrere Kilometer zum Basislager laufen lassen oder schwere Nutzlast über weite Strecken dorthin transportieren. "

    Joel Poncy arbeit für den französisch-italienischen Raumfahrtkonzern Thales Alenia Space in Cannes an dem Konzept von MoonNEXT, dem ersten europäischen Mond-Lander. Auch EADS Astrium und OHB-System - beide in Bremen - beteiligen sich derzeit an der Ausschreibung. Von der ESA gefordert ist eine Landesonde, die 2015 auf dem Mond aufsetzen soll. Dabei geht es der ESA schlicht um den erfolgreichen Ablauf einer derart vollautomatischen Mission, wie Hansjürgen Günther von EADS Astrium erläutert.

    "Das muss er automatisch können, denn wir haben keine Zeit, um von der Erde aus zu intervenieren. Ein Funkkommando von der Erde dauert zwar nur eine Sekunde, aber die Rücksendung dauert wieder eine Sekunde, dann muss man kontrollieren, was hat er gemacht - all das dauert viel zu lange."

    Dass Europa in der Lage ist, Soft- und Hardware zu bauen, die autonom und zielgenau fliegen kann, hat es mit dem Andocken des Automatischen Transfer-Vehikels (ATV) an die Raumstation Anfang April bewiesen. Nun soll dieses Prinzip auf den Mond angewandt werden. Auf die bislang einzige Landung einer europäischen Sonde auf einem anderen Himmelskörper kann die ESA dabei nicht bauen: 2005 hatte Huygens erfolgreich auf dem Saturn-Mond Titan aufgesetzt. Dieser Lander war jedoch per Fallschirm unkontrolliert durch die Atmosphäre Titans abgestiegen. Joel Poncy von Thales Alenia:

    " Die meisten großen Monde unseres Sonnensystems haben keine Atmosphäre, mit deren Hilfe Sonden abbremsen können. Auch der Erd-Mond verfügt über keine Lufthülle. Deswegen müssen wir Bremsraketen einsetzen und muss der Lander seinen Abstieg präzise steuern. "

    Während ihres Abstiegs scannt die Sonde aus etwa 100 Kilometern Höhe die Oberfläche. Objekten von mehr als 50 Zentimeter Größe soll sie automatisch ausweichen, indem sie in den letzten Minuten vor dem Aufsetzen maximal zwei Kurskorrekturen vornimmt. Zum Vergleich: Zu Apollo-Zeiten mussten die amerikanischen Astronauten ihre Landekapseln noch auf Sicht und von Hand steuern. - EADS und OHB wollen im nächsten Jahr mit ersten Tests einer autonomen Landung beginnen, erklärt Hansjürgen Günther von EADS Astrium in Bremen.

    "Bevor wir uns an die wirkliche Landung auf dem Mond machen, sollten wir nachweisen, dass wir's können, und das macht man auf der Erde. Man kann es aus einem Kilometer Höhe von einem Helikopter abwerfen, so einen Demonstrator, und der würde dann einen präzise geregelten Anflug auf ein Ziel machen, würde auch vielleicht Ausweichmanöver machen, wie er es auch in Wirklichkeit macht."

    Auf ihrer Ministerratssitzung im November will die ESA entscheiden, welche der drei Firmen den Zuschlag für den Bau von MoonNEXT bekommt und ob auch ein Rover mit an Bord sein wird.