Ein tiefblauer See, umgeben von Gletschern und den eisbedeckten Gipfeln der Cordillera Blanca. Der Palcacocha-See, 4500 Meter über dem Meer, ist ein beeindruckender Ort - aber für die Menschen, die in der darunter liegenden Stadt Huaraz leben, bedeutet dieser See Lebensgefahr, sagt der Bergführer und Bauer Saúl Lliuya.
"Die Gefahr ist gegenwärtig. Keiner weiß, wann hier eine Katastrophe passiert, wann eine Lawine niedergeht."
Denn auch wenn die Berge hier weit über 6.000 Meter hoch aufragen: Die Gletscher schmelzen und ziehen sich auch hier immer weiter zurück. Große Risse und Spalten durchziehen die Eisfelder, die auf einem steilen Hang oberhalb des Sees liegen. Irgendwann werden sie abbrechen - und dann wird eine gewaltige Lawine aus Eis und Geröll in den See stürzen und eine Flutwelle auslösen.
Unterstützung von Germanwatch
So wie schon einmal 1941 - damals starben 5.000 Menschen in Huaraz. Man müsste den See teilweise ablassen und einen hohen Schutzdamm bauen. Aber dafür fehlt der Provinzregierung das Geld. Deswegen versucht Lliuya, das Geld an anderer Stelle aufzutreiben.
"Mithilfe unserer Freunde von Germanwatch fordern wir, dass wir Unterstützung bekommen, um diesen Schutzdamm zu bauen."
Und deswegen hat der Kleinbauer und Bergführer aus den peruanischen Anden sich mit einem der großen Stromversorger angelegt, mit RWE. Er hat den Konzern auf Schadenersatz verklagt, mit Unterstützung der Umweltorganisation Germanwatch.
"Die großen Firmen, die die Welt verschmutzt haben und damit zur Erwärmung des Weltklimas beigetragen haben, und dafür gesorgt haben, dass die Gletscher schmelzen, die müssen uns doch wenigstens helfen, die Seen zu sichern."
Unbegründete Klage
Mit seinen Kohle- und Gaskraftwerken ist RWE der größte Einzel-Verursacher von CO2-Emissionen in Europa. RWE verfeuert nicht nur deutsche Braunkohle, sondern unter anderem auch Steinkohle aus Südamerika, aus Kolumbien, in seinen Kraftwerken. Deswegen müsse RWE direkte Verantwortung für die Folgen des Klimawandels übernehmen, argumentieren Lliuya und seine Anwältin. Das Landgericht Essen hat die Klage des Peruaners vor knapp einem Jahr allerdings schon einmal abgewiesen.
Die Klage, so haben die Richter gesagt, war auch insgesamt unbegründet. Grund dafür: Es gibt sehr, sehr viele Verursacher von CO2-Ausstoß und das Gericht hat jetzt gesagt, man kann nicht einen einzelnen Verursacher in Deutschland einer konkreten Flutgefahr in Peru zuordnen - deshalb keine sogenannte rechtliche Kausalität", so Johannes Hidding, der Sprecher des Landgerichts Essen. Germanwatch hat trotzdem die nächste Instanz angerufen, jetzt muss sich das Oberlandesgericht Hamm mit dem Fall befassen.
"Wir sind der Auffassung, wir haben recht - inhaltlich gesehen", sagt Roda Verheyen, die den peruanischen Bergbauern vertritt. Die Chancen, den RWE-Konzern juristisch zwingen, in Peru einen Damm zu bauen, dürften ziemlich schlecht stehen. Aber allein dass ein kleiner Bergbauer einen Weltkonzern verklagt, erregt Aufsehen. Und darum geht es wohl auch: Den vom Klimawandel Betroffenen - etwa aus Peru - eine Bühne zu geben und die deutschen Kohle-Verstromer an den Pranger zu stellen.