Fragen und Antworten
Nächster NATO-Generalsekretär: Mark Rutte zwischen Putin und Trump

Nun ist es offiziell: Die NATO-Staaten haben den scheidenden niederländischen Regierungschef Mark Rutte zum nächsten Generalsekretär der Allianz ernannt. Seinen Posten wird er voraussichtlich am 1. Oktober antreten. Fragen und Antworten zum künftigen Chef des Verteidigungsbündnisses.

17.07.2024
    Das Foto zeigt den niederländischen Politiker Mark Rutte.
    Der niederländische Premierminister Mark Rutte ist zum neuen NATO-Generalsekretär ernannt worden. (picture alliance / Xinhua News Agency / Zhao Dingzhe)

    Was kommt auf Rutte zu?

    Der 57-Jährige übernimmt den Posten in schwierigen Zeiten, wenn die Amtszeit des bisherigen Generalsekretärs Stoltenberg im Herbst endet. Rutte muss die Kriegsdrohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin kontern und die Allianz bei einem möglichen Wahlsieg des früheren US-Präsidenten Donald Trump im November zusammenhalten.

    Wofür steht Rutte?

    Aus Sicht großer NATO-Länder wie den USA und Deutschland steht Rutte zuallererst für Stabilität und Kontinuität. Bundeskanzler Scholz ließ bereits im Februar erklären, der Niederländer sei mit seiner "immensen Erfahrung, seiner großen sicherheitspolitischen Expertise und seinem ausgeprägten diplomatischen Geschick" ein "herausragender Kandidat" für den NATO-Posten. Ähnlich äußerten sich die USA, Großbritannien und Frankreich.

    Welche Erfahrung hat der Niederländer?

    Rutte kann fast 14 Jahre als Regierungschef der Niederlande vorweisen. Er sucht einen neuen Posten, seit seine liberal-konservative Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) die Parlamentswahlen im November gegen den Rechtspopulisten Geert Wilders verlor. In den Niederlanden gilt Rutte als "Teflon"-Mann, da er zahlreiche Krisen und Skandale überstand.

    Welche Rolle spielen die Niederlande in der NATO?

    Das Land gehörte 1949 zu den Gründerländern der Allianz, die im Juli in Washington ihren Jubiläumsgipfel zum 75-jährigen Bestehen abhält. Rutte ist bereits der vierte Niederländer auf dem Posten des Generalsekretärs - nach Dirk Stikker von 1961 bis 1964, Joseph Luns von 1971 bis 1984 und Jaap de Hoop Scheffer von 2004 bis 2009.
    Auf Betreiben Ruttes erfüllen die Niederlande in diesem Jahr knapp die NATO-Vorgabe, mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Verteidigung auszugeben. Die Niederlande sind zudem federführend an der F-16-Koalition für die Lieferung der gleichnamigen Kampfjets an die Ukraine beteiligt. Sie bemühen sich darüber hinaus mit Partnern, ein Patriot-Luftabwehrsystem für Kiew zusammenzubekommen.

    Welche Haltung vertritt Rutte gegenüber Putin?

    Nach der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 verurteilte Rutte den Kreml-Chef als "brutal und gnadenlos". Zuletzt sagte er: "Die Ukraine muss diesen Kampf gewinnen - für ihre Sicherheit und unsere."
    Zu den prägendsten Erfahrungen aus Ruttes Regierungszeit gehörte 2014 der Abschuss des Malaysia-Airlines-Flug MH17 über der Ostukraine, unter den insgesamt 298 Toten waren 196 Niederländer. Ein früherer russischer Geheimdienstchef wurde deshalb 2022 in den Niederlanden zu lebenslanger Haft verurteilt. Rutte warf Russland "eklatante Lügen und bewusste Desinformationskampagnen" vor.

    Wie steht Rutte zu Trump?

    Wie auch Stoltenberg gilt Rutte als "Trump-Flüsterer", der den Republikaner zu bändigen weiß. Als Trump den Europäern beim NATO-Gipfel in Brüssel im Juli 2018 wegen ihrer angeblich zu niedrigen Verteidigungsausgaben drohte, trug Rutte laut Teilnehmern mit dazu bei, den US-Präsidenten zu besänftigen.
    Viral ging zudem ein Video, in dem Rutte Trump widerspricht, als dieser behauptete, ein Handelsstreit zwischen der EU und den USA sei positiv für sein Land. "Nein, das ist nicht positiv, wir müssen uns einigen", antwortete Rutte bestimmt. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz in diesem Februar sagte Rutte zur möglichen Wiederwahl Trumps, die Europäer müssten mit jedem US-Präsidenten zusammenarbeiten, "der auf dem Tanzparkett ist".

    Wo gab es Widerstand gegen Rutte?

    Widerstand des Putin-nahen ungarischen Regierungschefs Orban gegen seine Kandidatur räumte Rutte zuletzt aus. Er sicherte ihm wie bereits Stoltenberg zu, dass Ungarn sich in der Nato nicht an Militärhilfen für die Ukraine beteiligen muss. Den anfangs skeptischen türkischen Präsidenten Erdogan hatte Rutte bei einem Besuch im April überzeugt. Als dann auch noch der rumänische Präsident Iohannis seine Gegenkandidatur zurückzog, war der Weg für Rutte frei.
    (Mit Material der Nachrichtenagentur AFP)
    Diese Nachricht wurde am 26.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.