Wie so eine Nähmaschine eigentlich funktionierte, wussten vermutlich nur die wenigsten Besucher der zweiten Londoner Weltausstellung, die am 1. Mai 1862 eröffnet wurde. Sie sahen nur: Diese Maschinen waren unglaublich schnell. In einem Ausstellungsbericht heißt es dazu:
"Einen Gehrock zu schneidern, dauert mit der Hand 16 Stunden und 35 Minuten, mit der Nähmaschine nur zwei Stunden und 38 Minuten. Ein Seidenkleid, für das man mit der Hand acht Stunden und 27 Minuten braucht, kann mit der Maschine in einer Stunde und 13 Minuten fertiggestellt werden!"
Rund 50 verschiedene Nähmaschinen wurden im Londoner Ausstellungspalast gezeigt. Die besten kamen aus den USA, wo die Technik am weitesten entwickelt war. 1846 hatte der Amerikaner Elias Howe ein Patent auf die erste Nähmaschine erhalten, die zwei Fäden verwendete: Eine Nadel mit einem Öhr an der Spitze stieß durch den Stoff und ließ auf der Unterseite eine Schlinge entstehen, durch die mithilfe des sogenannten "Schiffchens" der zweite Faden geführt werden konnte, wodurch ein fester Steppstich entstand. Isaac Merritt Singer, dessen Eltern aus der Pfalz nach Amerika ausgewandert waren, verbesserte die Mechanik und brachte die erste funktionstüchtige Nähmaschine auf den Markt, die eine Tretkurbel besaß. Bei der Weltausstellung in London zeigte Singer ein Gerät, das Leder verarbeiten konnte. Viel Lob gab es auch für ein Modell von Wheeler & Wilson, einer der damals führenden US-Firmen.
"Zu den Vorzügen der Nähmaschine von Wheeler & Wilson gehören: die Schönheit und Vortrefflichkeit des Stichs; die Stärke des Saums, der nicht reißt oder sich verheddert; die Sparsamkeit bei der Nutzung des Fadens; die Vielfalt der Arbeiten, die mit ihr ausgeführt werden können: Nähen, Säumen, Schnüren, Sticken, Raffen und, ja, in der Tat alles Erdenkliche, was man sich nur wünschen kann."
In den USA waren um 1860 schon mehr als 300.000 Nähmaschinen in Gebrauch. Europa hinkte der Entwicklung lange Zeit hinterher. Doch immerhin traten in London auch schon die ersten Hersteller und Händler aus England, Frankreich, Belgien, Deutschland und Österreich auf. Am Ende wurden mehr als sechs Millionen Besucher gezählt. Und auch, wenn diese Schau insgesamt nicht das Format und das Flair der ersten Londoner Weltausstellung, der "Great Exhibition" von 1851, hatte, so trug sie doch wesentlich dazu bei, Technik in der Bevölkerung populär zu machen.
"Kein anderes technisches Gerät hielt so schnell Einzug in die Haushalte wie die Nähmaschine",
schreibt Winfried Kretschmer in seiner "Geschichte der Weltausstellungen". Die teureren Modelle waren echte Schmuckstücke und gehörten dank gezielter Werbung in den Zimmern vieler höherer Töchter bald zum Inventar.
Der Kulturwissenschaftler Jochen Ramming schrieb über die "Popularisierungsstrategien" bei der Verbreitung der Nähmaschine in deutschen Privathaushalten:
"Insbesondere die sittlichen Auswirkungen der Nähmaschine auf das Familienleben wurden ausführlich debattiert. Frühzeitig wurde sie dabei als adäquates Mittel erkannt, die Rolle der Hausfrau im nachbiedermeierlichen Familienidyll weiter zu fixieren und bereits bei der Erziehung junger Mädchen zu Fleiß und Sittlichkeit entsprechend wirksam zu werden. Auf diese Weise wurde die Nähmaschine zum moralischen Arbeitsgerät stilisiert."
Die Leidtragenden waren unzählige Schneider, Schuster, Näherinnen, Hut-, Hemden-, Korsett- und Handschuhmacher, die angesichts des technischen Fortschritts um ihren - oft nur kargen - Lebensunterhalt bangen mussten. Karl Marx, der die Weltausstellung im Londoner Exil miterlebt hatte, bezeichnete die Nähmaschine als das "kolossalste Beispiel" für die Verwandlung der alten "Manufaktur” in den modernen Fabrikbetrieb:
""Die übermächtige Konkurrenz erschlägt die schwächsten Handarbeiter","
schrieb Marx 1867 im ersten Band seines "Kapitals". Viele Firmen investierten in Nähmaschinen. Zu den wenigen Herstellern, die überlebten, gehörte der Betrieb von Georg Michael Pfaff aus Kaiserslautern, der 1862 seine erste Nähmaschine verkaufte. In der Folge entwickelte sich das Unternehmen - neben der US-Firma Singer - zu einem der weltweit führenden Anbieter von Nähmaschinen für den industriellen und häuslichen Gebrauch.
"Einen Gehrock zu schneidern, dauert mit der Hand 16 Stunden und 35 Minuten, mit der Nähmaschine nur zwei Stunden und 38 Minuten. Ein Seidenkleid, für das man mit der Hand acht Stunden und 27 Minuten braucht, kann mit der Maschine in einer Stunde und 13 Minuten fertiggestellt werden!"
Rund 50 verschiedene Nähmaschinen wurden im Londoner Ausstellungspalast gezeigt. Die besten kamen aus den USA, wo die Technik am weitesten entwickelt war. 1846 hatte der Amerikaner Elias Howe ein Patent auf die erste Nähmaschine erhalten, die zwei Fäden verwendete: Eine Nadel mit einem Öhr an der Spitze stieß durch den Stoff und ließ auf der Unterseite eine Schlinge entstehen, durch die mithilfe des sogenannten "Schiffchens" der zweite Faden geführt werden konnte, wodurch ein fester Steppstich entstand. Isaac Merritt Singer, dessen Eltern aus der Pfalz nach Amerika ausgewandert waren, verbesserte die Mechanik und brachte die erste funktionstüchtige Nähmaschine auf den Markt, die eine Tretkurbel besaß. Bei der Weltausstellung in London zeigte Singer ein Gerät, das Leder verarbeiten konnte. Viel Lob gab es auch für ein Modell von Wheeler & Wilson, einer der damals führenden US-Firmen.
"Zu den Vorzügen der Nähmaschine von Wheeler & Wilson gehören: die Schönheit und Vortrefflichkeit des Stichs; die Stärke des Saums, der nicht reißt oder sich verheddert; die Sparsamkeit bei der Nutzung des Fadens; die Vielfalt der Arbeiten, die mit ihr ausgeführt werden können: Nähen, Säumen, Schnüren, Sticken, Raffen und, ja, in der Tat alles Erdenkliche, was man sich nur wünschen kann."
In den USA waren um 1860 schon mehr als 300.000 Nähmaschinen in Gebrauch. Europa hinkte der Entwicklung lange Zeit hinterher. Doch immerhin traten in London auch schon die ersten Hersteller und Händler aus England, Frankreich, Belgien, Deutschland und Österreich auf. Am Ende wurden mehr als sechs Millionen Besucher gezählt. Und auch, wenn diese Schau insgesamt nicht das Format und das Flair der ersten Londoner Weltausstellung, der "Great Exhibition" von 1851, hatte, so trug sie doch wesentlich dazu bei, Technik in der Bevölkerung populär zu machen.
"Kein anderes technisches Gerät hielt so schnell Einzug in die Haushalte wie die Nähmaschine",
schreibt Winfried Kretschmer in seiner "Geschichte der Weltausstellungen". Die teureren Modelle waren echte Schmuckstücke und gehörten dank gezielter Werbung in den Zimmern vieler höherer Töchter bald zum Inventar.
Der Kulturwissenschaftler Jochen Ramming schrieb über die "Popularisierungsstrategien" bei der Verbreitung der Nähmaschine in deutschen Privathaushalten:
"Insbesondere die sittlichen Auswirkungen der Nähmaschine auf das Familienleben wurden ausführlich debattiert. Frühzeitig wurde sie dabei als adäquates Mittel erkannt, die Rolle der Hausfrau im nachbiedermeierlichen Familienidyll weiter zu fixieren und bereits bei der Erziehung junger Mädchen zu Fleiß und Sittlichkeit entsprechend wirksam zu werden. Auf diese Weise wurde die Nähmaschine zum moralischen Arbeitsgerät stilisiert."
Die Leidtragenden waren unzählige Schneider, Schuster, Näherinnen, Hut-, Hemden-, Korsett- und Handschuhmacher, die angesichts des technischen Fortschritts um ihren - oft nur kargen - Lebensunterhalt bangen mussten. Karl Marx, der die Weltausstellung im Londoner Exil miterlebt hatte, bezeichnete die Nähmaschine als das "kolossalste Beispiel" für die Verwandlung der alten "Manufaktur” in den modernen Fabrikbetrieb:
""Die übermächtige Konkurrenz erschlägt die schwächsten Handarbeiter","
schrieb Marx 1867 im ersten Band seines "Kapitals". Viele Firmen investierten in Nähmaschinen. Zu den wenigen Herstellern, die überlebten, gehörte der Betrieb von Georg Michael Pfaff aus Kaiserslautern, der 1862 seine erste Nähmaschine verkaufte. In der Folge entwickelte sich das Unternehmen - neben der US-Firma Singer - zu einem der weltweit führenden Anbieter von Nähmaschinen für den industriellen und häuslichen Gebrauch.