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Närrische Schavan

Man sollte meinen, dass der Noch-Ministerin Annette Schavan momentan nicht gerade zum Feiern zumute ist. Doch die fünfte Jahreszeit kann die Rheinländerin schlecht ignorieren. Wie sie selbst sagt: "Auch nicht in schwierigen Tagen!"

Von Thomas Wagner |
    Kinder singen das Lied von den "fleißigen Handwerkern" zur Eröffnung einer neuen Kindergarten-Turnhalle in einem Industriegebiet bei Ulm - und sie singen es für einen Ehrengast, dem man eines auf jeden Fall nicht absprechen kann: Fleiß. Mögen sich auch andere nach dem Rücktritt vom Ministeramt in eine Schmollecke verkrochen haben, für Annette Schavan gilt ein anderer Grundsatz: Nach dem Rücktritt ist vor der nächsten Narretei.

    "Es geht mir gut genug, um heute hier in Ulm zu sein, jetzt meine Termine wahrzunehmen, in die Fasnacht zu gehen. Ich bin Rheinländerin! Da lässt man die fünfte Jahreszeit nie aus. Auch nicht in schwierigen Tagen!"

    Doch vor der närrischen Freud haben die Götter bekanntlich den politischen Schweiß gesetzt - Rücktritt hin oder her. Erst die Turnhalle eröffnen, schließlich will Annette Schavan ja wieder in den Bundestag, dann zur Fasnacht - so steht's im Programm, das allerdings schon lange gedruckt ist. In der Feinabstimmung kurz vor dem Termin kommen einige der Gäste dann aber doch ein bisschen ins Schwimmen. Wie den Gast aus Berlin begrüßen? Darf man, soll man noch Frau Dr. sagen? Darf man, soll man noch Frau Ministerin sagen? Ivo Gönner, SPD-Oberbürgermeister von Ulm, sagt zur CDU-Frau Schavan, was er immer schon gesagt hat:

    "Frau Abgeordnete. Das ist die korrekte Bezeichnung. Und außerdem: So lange dieser Rechtsstreit ja noch nicht abgeschlossen ist, kann sie sich, wenn sie will, weiterhin Doktor nennen. Ich habe immer Frau Ministerin oder Frau Abgeordnete gesagt. Dann tritt man in keinen Fettnapf. Sie ist ja noch Ministerin bis Donnerstag."

    Dunkelblauer Hosenanzug, ein smartes Lächeln auf den Lippen, das selbstredend nur solche als gequält bezeichnen mögen, die der Noch-Ministerin nicht wohl gesonnen sind - so schneidet Annette Schavan das Band zur Eröffnung der Turnhalle durch - ein kleiner Schnitt für Annette Schavan, ein großer Schnitt für die Menschen aus der Region Ulm. Der nächste Termin wartet.

    Närrischer Zunftmeisterempfang am frühen Nachmittag in der Linde von Ehingen, rund 20 Kilometer von Ulm entfernt: Ausgelassene Stimmung, als die Ministerin eintrifft, die ihr Outfit für diesen Auftritt noch ein klein wenig geändert hat.

    Mit ihrem roten, ein wenig zu kleinen geratenen Narrenhut - wohlgemerkt, kein Doktorhut, sondern ein Narrenhut - sitzt Annette Schavan dann auch mittendrin in der närrischen Gemengelage beim Zunftmeisterempfang von Ehingen: Zunftmeister Lothar Huber gibt sich im schwarzen Narrenfrack, so wie sich's gehört im Schwabenland.

    "...wo ihre engsten Freunde, die ehrlichen Narren, die offen sind, die Sie mögen seit eh und je und weiterhin verehren und lieb haben wollen - hier sind Sie daheim!"

    Nein, sagt ein Narr, niemals käme man auf die Idee, dieses hässliche Thema um den Rücktritt vom Ministeramt, um die Plagiatsvorwürfe gar, als Motiv beim Ehinger Fasnachtsumzug aufzugreifen.

    "Also aufgrund der besonderen Verbundenheit mit der Frau Schavan wird das nicht passieren!"

    Dass sich die Fasnachter aus Ehingen dann so untertänig geben, hat selbst die Noch-Ministerin so nicht erwartet. Anderswo hat sie nämlich in den letzten Tagen schon anderes erlebt:

    "Im Übrigen bin ich ja aufgetaucht beim Rosenmontagszug in Düsseldorf mit einem Karnevalswagen. Aber Rheinländer bleibt Rheinländer!"

    Aber jetzt ist sie nicht bei den Rheinländern, sondern bei den Schwaben: Dort ist alles ein bisschen anders - selbst aus dem Karneval haben die Schwaben die Fasnacht gemacht. Doch diese Fasnachtsbräuche hat die Noch-Ministerin in den vergangenen Jahren in- und auswendig gelernt.

    "Natürlich habe ich Fasnet gut ausgesprochen, weil ich schon vor dem Stockacher Narrengericht war, am Breisacher Gauklerpranger und so weiter. Also bin ich voll eingetaucht in die Fasnacht. Kügele hoi, hoi, hoi!"

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