In Mexikos Autofabriken versteht man schnell, welche Bedeutung die Nordamerikanische Freihandelszone NAFTA hat. Volkswagen, General Motors, Toyota - alle sind da und haben Mexiko so inzwischen zum fünfgrößten Autoexporteur der Welt gemacht. Gerade dank der Zollfreiheit durch NAFTA. VW etwa hat inzwischen zwei Standorte im Land und die Tochter Audi baut nun auch ein Werk. VW-Konzernchef Martin Winterkorn:
"Von Mexiko aus kann man sehr gut die ganze Welt beliefern, unter anderem Nordamerika und natürlich die USA. Wenn Sie sich hier in der Fabrik umstehen, werden sie feststellen: Wir arbeiten hier nach den modernsten Standards."
Der nordamerikanische Markt ist viel stärker zusammengewachsen
Vielfach unbemerkt ist in Mexiko eine riesige Exportindustrie entstanden. Neben Autos vor allem Elektronik. Produktion immer mit Blick auf die USA. Das Freihandelsabkommen NAFTA hat viele Erwartungen erfüllt nach jetzt zwanzig Jahren. So hat sich der Handel zwischen den USA, Mexiko und Kanada verdreifacht. Durch den Wegfall der Zölle ist der nordamerikanische Markt viel stärker zusammengewachsen. Die USA etwa exportieren mehr Güter nach Mexiko als nach China, Brasilien und Indien zusammen. Umgekehrt verkauft Mexiko rund 80 Prozent seiner Export-Waren nach Nordamerika. Das Land hat sich als verlängerte Werkbank für den US-Markt etabliert, freilich zu deutlich niedrigeren Löhnen als im Norden.
Demokratie und Stabilität ist die Folge
Bis in die Achtzigerjahre hatte Mexiko auf Abschottung seiner Wirtschaft gesetzt, die lateinamerikanische Schuldenkrise und die hoffnungslose Rückständigkeit vieler Branchen zwangen dann aber zu einem Kurswechsel. Der hat sich gelohnt, meint der Politikwissenschaftler Gustavo Vega:
"NAFTA hat die Rahmenbedingungen für eine effizientere Produktion geschaffen und auch zu mehr Demokratie und Stabilität beigetragen. Die anfängliche Dynamik hat allerdings etwas nachgelassen – vor allem aufgrund von Grenz- und Sicherheitsproblemen. Deshalb müssen wir mit den USA und Kanada über eine klare Agenda verhandeln."
Gipfeltreffen soll neuen Schwung bringen
Tatsächlich droht die NAFTA nach zwanzig Jahren an ihre Grenzen zu stoßen. Die Zölle sind weg - aber was kommt nun? Bei ihrem Gipfel in Mexiko am Mittwoch wollen US-Präsident Obama, Mexikos Staatschef Peña Nieto und Kanadas Premierminister Harper der gemeinsamen Zone neuen Schwung verleihen. Es geht um die Zusammenarbeit in der Energiewirtschaft oder der Bildung, um Regeln für den elektronischen Handel und um das große Thema Sicherheit. Denn auch der transnationale Drogenschmuggel ist ein lukratives Geschäft - wenn auch illegales und blutiges.
Drogenhandel blüht
Die Grenze zwischen Tijuana und San Diego, zwischen Mexiko und den USA. Der Wind pfeift in der staubigen Gegend. Hier wird das Dilemma sichtbar im Verhältnis zwischen beiden Ländern. Zäune und Mauern haben die USA hier in den letzten Jahren ausgebaut oder neu errichtet. An der riesigen Grenzübergangsstelle San Isidro werden zwar die Laster abgefertigt aber viele Mexikaner sollen draußen bleiben. Die Drogenschmuggler sowieso. Aber irgendwie schaffen sie ihre Ware doch rüber. In gegrabenen Tunneln oder präparierten Autos.
Noch augenfälliger sind aber die vielen Arbeitsmigranten, die am Zaun auf ihre Chance warten. Von Personenfreizügigkeit wie in Europa können die Mexikaner oder Mittelamerikaner hier nur träumen. Freddy und Maicol haben so einen Traum beim Blick durch den Grenzzaun:
"Da drüben ist San Diego. Schau Maicol, es ist ganz nah."
"Es sind viele Grenzer unterwegs in dem Brachland da drüben. Wenn du rüber gehst und sie dich entdecken, verfolgen sie dich mit Motorrädern und Geländewagen."
"Mein Traum ist, in den USA zu arbeiten wie ein Tier, da Geld zu machen um dann zurückzukehren. Vielleicht bleiche ich auch dort hängen. Man muss es auf jeden Fall versuchen."
Die USA treten beim Thema Migration auf der Stelle
Trend der letzten Jahre: Immer mehr Lateinamerikaner ohne Papiere werden abgeschoben. Viele von ihnen nach Tijuana oder in andere Grenzstädte. Alleine 11 Millionen Mexikaner der ersten Generation leben in den USA - rund die Hälfte von ihnen illegal. US-Präsident Obama würde für sie gerne mit einer Migrationsreform Erleichterungen schaffen, auch wenn die Grenze selbst noch schärfer gesichert werden soll. Im US-Kongress trifft Obama jedoch auf harten Widerstand. Bei seinem letzten Mexiko-Besuch im Mai versprach Obama aber erneut vor Studenten, dass Thema in seiner zweiten Amtszeit angehen zu wollen:
"Die aktuellen Migrationsgesetze haben nichts mit unseren Werten zu tun: Familien werden getrennt, Millionen von Menschen müssen ein Schattendasein führen, Talente von vielen jungen Leuten können nicht genutzt werden, obwohl wir wissen das die Migranten immer die Treibkraft unserer Wirtschaft waren. Deswegen setze ich mich für eine Migrationsreform ein."
"Juntos podemos lograr mas" - gemeinsam können wir mehr erreichen. Vor zwanzig Jahren wagten die Staaten Nordamerikas ihre Grenzen für den Handel praktisch komplett zu öffnen. Mit vielen Vorteilen. Den Menschen diese Freiheit zu gewähren, wäre ebenfalls ein Wagnis. Aber die USA schrecken davor bislang zurück.