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Naher Osten
Müll im Westjordanland

Menschenrechtler beklagen, dass es im besetzten Westjordanland mehrere israelische Müllentsorgungsanlagen gibt. Dort sollen nach Angaben der von Beobachtern weniger strenge Bestimmungen für den Umweltschutz gelten als in Israel. Einer der Betreiber widerspricht den Vorwürfen.

Von Benjamin Hammer |
    Stinkende Müllhalde im Westjordanland
    Müllhalde im Westjordanland. (Deutschlandradio / Benjamin Hammer)
    Das Jordantal nördlich des Toten Meeres. Der erste Blick: Wunderschön. Hunderte Störche kreisen über dem Tal. Der zweite Blick: Beinahe ekelerregend. Denn die Störche haben es auf eine riesige Müllhalde abgesehen. Lastwagen fahren die staubige Schotterpiste entlang. Es stinkt. Direkt neben der Müllhalde befindet sich die Firma des Israelis David Reiner. Auch hier riecht es streng.
    "Compost Or ist ein Recycling-Unternehmen. Wir nehmen Schlamm aus Kläranlagen und verarbeiten den dann hier. Am Ende haben wir Kompost für die Landwirtschaft. Sehr guten Kompost."
    Ein Großteil des Klärschlamms kommt aus Israel. Kritiker nennen diese Praxis illegal. Denn die Anlage von David Reiner befindet sich im von Israel besetzten Westjordanland. Ein Gebiet, dass laut Beschlüssen der Vereinten Nationen den Palästinensern gehört. Adam Aloni arbeitet für die israelische Menschenrechtsorganisation B'Tselem:
    "Wir haben hier eine klare Situation, in der militärische und wirtschaftliche Macht ausgenutzt wird. Eine Besatzungsmacht nutzt dieses Gebiet, um davon zu profitieren. So etwas verbietet das Völkerrecht."
    Strenge Müllverarbeitungsgesetze gelten hier nicht
    Aloni und seine Kollegen erheben in einem aktuellen Bericht schwere Vorwürfe. Im besetzten Westjordanland gebe es mindestens 15 israelische Anlagen, in denen Müll verarbeitet werde. Müll, der größtenteils aus Israel stamme. In sechs Anlagen werde sogar gefährlicher Müll verarbeitet, wie etwa Rückstände aus Krankenhäusern.
    Adam Aloni von der israelischen Menschenrechtsorganisation B'Tselem
    "Diese Praxis muss sofort beendet werden", sagt Adam Aloni von der israelischen Menschenrechtsorganisation B'Tselem (Deutschlandradio / Benjamin Hammer)
    B'Tselem schreibt: In den besetzten Gebieten würden die strengen israelischen Gesetze für die Müllverarbeitung nicht gelten. Außerdem gebe es finanzielle Unterstützung, wenn sich Unternehmer dort ansiedeln. Dadurch sei es besonders attraktiv, den Müll im Westjordanland zu verarbeiten und nicht in Israel. Adam Aloni sagt: In Israel habe es in der Vergangenheit enormen Widerstand von Bürgern gegeben, etwa, wenn Klärschlamm in ihrer Nachbarschaft verarbeitet werden sollte. Die Palästinenser im Westjordanland aber könnten sich gar nicht wehren:
    "Palästinenser haben überhaupt keinen Einfluss auf die Entscheidungen jenes Staates, der das hier alles erlaubt. Israel hat sich entschlossen, palästinensisches Land gewissermaßen als eigenen Hinterhof zu nutzen. Und die Palästinenser? Die dürfen nicht wählen, die dürfen nicht dagegen demonstrieren. Sie haben noch nicht einmal das Recht, über all diese Vorgänge informiert werden. Diese Praxis muss sofort beendet werden."
    Schädigen diese Anlagen die Umwelt?
    Aus dem Bericht der israelischen Organisation geht nicht hervor, ob die Umwelt durch die Müllverarbeitungsanlagen bereits geschädigt wurde. Die für das Westjordanland zuständige Abteilung beim israelischen Militär bestreitet das. Die Abteilung benutzt für das Westjordanland die biblischen Namen der Region, spricht von Judäa und Samaria. In einer Stellungnahme heißt es:
    "Wir halten den Umweltschutz in Judäa und Samaria für sehr wichtig und wir investieren viele Ressourcen in diesem Bereich. Wir verfolgen mehrere Projekte, um die Luftverschmutzung zu reduzieren, Müll einzusammeln oder die Wasserqualität zu überprüfen."
    David Reiner von der Recyclingfirma Compost Or im Westjordanland
    "Wir haben hier sowohl israelische als auch palästinensische Mitarbeiter", sagt David Reiner von der Recyclingfirma Compost Or, "Wir arbeiten wie eine große Familie." (Deutschlandradio / Benjamin Hammer)
    David Reiner, der Betreiber der Kompostanlage im Jordantal sagt: An diesem Ort werde alles streng überwacht. Nicht nur von den Israelis, sondern auch von den Palästinensern und den Jordaniern. Aber auch Reiner bestreitet nicht, dass bestimmte Gesetze, die in Israel gelten, für ihn nicht bindend sind.
    David Reiner, der in einer israelischen Siedlung in der Nähe lebt, sieht das so: Das hier sei seine Heimat. Außerdem profitierten auch die Palästinenser von seiner Anlage. Er verarbeite auch Klärschlamm aus palästinensischen Städten und helfe so beim Umweltschutz.
    "Wir haben hier sowohl israelische als auch palästinensische Mitarbeiter. Alle kommen hier aus der Gegend. Wir arbeiten wie eine große Familie."
    Ein Argument, das Adam Aloni von der israelischen Menschenrechtorganisation B'Tselem nicht akzeptiert. Für ihn ist klar: Israel soll seinen Müll dort verarbeiten, wo er vor allem entstanden ist. In Israel. Und die Besatzung des Westjordanlandes beenden.