Zwei Orte im Nahen Osten. Der eine: Die neue US-Botschaft im Westteil Jerusalems. Bei der Eröffnung: Festliche Stimmung und strahlende Gesichter. Der andere Ort liegt nur 70 Kilometer entfernt: Die Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen. Dort kam es zu den heftigsten Konfrontationen zwischen Israelis und Palästinensern seit Jahren. Die Bilanz: Über 50 getötete Palästinenser. Der 14. Mai 2018 war ein Tag mit extrem unterschiedlichen Stimmungen.
In Jerusalem enthüllte Ivanka Trump, die Tochter des US-Präsidenten, eine Plakette der neuen Botschaft:
"In Namen des 45. Präsidenten der USA heißen wir Sie ganz offiziell und zum ersten Mal Willkommen. In der Botschaft der Vereinigten Staaten in Jerusalem, der Hauptstadt von Israel."
Netanjahu dankt Trump
Mit dem Umzug der Botschaft haben die USA Jerusalem als Hauptstadt von Israel anerkannt. Ein historischer Vorgang. Die Palästinenser hatten bis zuletzt gegen diesen Schritt protestiert, weil sie den Ostteil der Stadt für sich einfordern. Israel beansprucht jedoch die ganze Stadt. Premierminister Benjamin Netanjahu dankte dem Mann, der in den USA geblieben war:
"Dankeschön, Präsident Trump, dass Sie den Mut hatten, ihr Versprechen auch einzuhalten."
Auch den Gästen der feierlichen Eröffnung waren die Nachrichten aus dem Gazastreifen nicht verborgen geblieben. Aus Sicht der israelischen Regierung gibt es jedoch keinen direkten Zusammenhang zwischen der Eröffnung der Botschaft und den Zusammenstößen im Gazastreifen. Die Proteste seien schlicht eine Provokation des Terrors, hatte die Vize-Außenministerin gesagt.
"Unsere tapferen Soldaten beschützen gerade unsere Grenze. Wir salutieren ihnen", sagte Netanjahu.
Amnesty International kritisiert Vorgehen der israelischen Armee
Die israelischen Soldaten hatten erneut auch scharfe Munition eingesetzt. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte das Vorgehen der Armee. Israel habe eine lange Geschichte von übermäßiger Gewalt gegenüber palästinensischen Demonstranten, sagte eine Vertreterin der Organisation in Jerusalem. Aber was man nun gesehen habe, sei extrem erschreckend und unverhältnismäßig. Die israelische Armee spricht hingegen von beispielloser Gewalt von Palästinensern, die Soldaten mit Brandbomben und Sprengsätzen beworfen hätten.
Ein hochrangiger Vertreter der Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, machte deutlich, dass die islamistische Organisation nun auf Rache sinnt:
"Die ganze Welt soll das hören: Unsere Widerstandsgruppen werden nicht geduldig dabei zuschauen, wie diese zionistischen Unterdrücker unsere Menschen umbringen. Unser Feind und jene, die ihn unterstützen, sollten unsere Geduld nicht weiter testen."
Wie geht's weiter am Nakba-Tag?
Gestern Abend hatte die Hamas die Demonstranten aufgerufen, sich von der Grenze zurückzuziehen. Trotz der markigen Worte des Hamas-Vertreters könnte man dies als Zeichen der Deeskalation deuten. Viel hängt nun davon ab, ob die Hamas ihre Anhänger dazu aufruft, auch heute an den Grenzzaun zu ziehen. Am Nakba-Tag gedenken die Palästinenser Flucht und Vertreibung im Jahr von Israels Staatsgründung vor 70 Jahren. Diesmal könnte es auch im Westjordanland und in Ostjerusalem zu heftigen Ausschreitungen kommen.