Gestern Abend im Flüchtlingslager Burj al-Barajne im Libanon: Kurz nach Trumps Ansprache ziehen Palästinenser durch die Straßen und rufen Parolen gegen den US-Präsidenten. "Die Worte Gottes sind heilig, und Gott hat gesagt, dass Palästina frei sein wird. Trump wird nicht gewinnen. Wir sind hier, um zu sagen, dass Palästina nicht geschlagen werden wird."
Auf einem Platz in der Stadt Sidon demonstrieren gleichzeitig Anhänger des Islamischen Jihad, einer militanten palästinensischen Organisation. "Wir bleiben hier und rebellieren, bis Trump seine Entscheidung zurücknimmt - und bis die jüdische Präsenz aus Palästina verschwunden ist."
Fassungslosigkeit und Schock
Ob in den eigenen vier Wänden oder bei einer Wasserpfeife und einem Glas Tee im Café - überall in der arabischen Welt sahen viele Menschen die Ansprache des US-Präsidenten live im Fernsehen. Im überfüllten palästinensischen Flüchtlingslager Al-Baqaa vor den Toren der jordanischen Hauptstadt Amman hörte eine alte Frau Trump zu, zusammen mit Familienangehörigen. Sie ist fassungslos: "Jerusalem ist unser. Es gehört allen Arabern - Muslimen und Christen -, die dort beten."
Ein Verwandter stimmt zu: "Das ist eine schockierende Entscheidung, die amerikanischen Rassismus widerspiegelt. Sie wird von allen Parteien abgelehnt, von allen, von unserem Volk, von der guten arabischen Nation. Ich setze keine Hoffnung in die Führer - ich hoffe auf die Menschen, dass sie diese Entscheidung ablehnen und auf die Straße gehen und dagegen protestieren.
"Die Palästinenser werden das nicht zulassen"
Keine Kundgebungen gab es zunächst in Ägypten. Hier sind faktisch nur Demonstrationen erlaubt, die ausdrücklich den Präsidenten unterstützen. Doch Trumps Entscheidung ist trotzdem das Top-Thema. "Wir sollten Entscheidungen, die andere Länder oder Völker treffen, nicht einfach hinnehmen, auch wenn sie den jüdischen Staat vertreten. Wir müssen uns solchen Entscheidungen widersetzen."
Trump werde auf entschiedenen Widerstand treffen, glaubt diese Passantin: "Die Palästinenser werden es nicht zulassen, dass die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem geht. Trump zwingt die arabischen Staaten, Jerusalem als Israels Hauptstadt anzuerkennen - unmöglich! Die arabischen Staaten müssen zusammenkommen und Trumps Entscheidung verhindern."
Hass auf Israel kehrt zurück
Weil Straßendemos in Ägypten praktisch nicht mehr möglich sind, läuft nun eine ungeheuer lebhafte Debatte in den sozialen Netzwerken. Sie werden zum Ventil, über das Menschen ihren Unmut ablassen. So schreibt ein User: "Lehrt eure Kinder, dass Palästina besetzt, die Al-Aqsa-Moschee gefangen und Israel unser Feind ist - und dass im Widerstand unsere Ehre ist - und es nichts gibt, das 'Israel' heißt."
Auffällig ist: Während der vergangenen Jahre war das Feindbild Israel in der arabischen Öffentlichkeit verblasst - und für viele wurde Iran zum Feind Nummer Eins. Doch nun kehrt in den sozialen Netzwerken der Hass auf Israel zurück. Viele Menschen diskutieren in derselben Sprache über das Land, in der vor Jahrzehnten über es gesprochen wurde - bevor Ägypten Frieden mit Israel schloss und bevor, in den neunziger Jahren, Israelis und Palästinenser am Verhandlungstisch vorsichtig aufeinander zugingen.