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Nahost-Konferenz in Paris
Vertrauensverlust auf beiden Seiten

Bei vielen Israelis stoßen die europäischen Bemühungen, die Parteien im Nahost-Konflikt wieder zu Verhandlungen zu bewegen, auf Unverständnis. Auf palästinensischer Seite hofft man dagegen, durch objektive Vermittler einer Zwei-Staaten-Lösung doch noch näher zu kommen - und neues Vertrauen zu gewinnen.

Von Torsten Teichmann |
    Ein arabischer Junge fährt im Osten Jerusalems auf einem Rad am Trennwall zwischen Israel und dem palästinensischen Gebiet entlang.
    Mauer zwischne palästinensischem Gebiet und Israel im Osten Jerusalems (picture alliance / dpa / Oliver Weiken)
    Im israelischen Parlament gibt es eine fraktionsübergreifende Gruppe der Siedler. Deren Sprecher ist Yoav Kish vom Likud. Kish bringt die Haltung zur französischen Nahostinitiative ziemlich schnell auf den Punkt:
    "Ich habe nichts gegen eine regionale Konferenz, ich denke, dass das wichtig ist. Ich verstehe nur die Europäer und die Franzosen nicht. Warum bemühen sie sich mit solchem Feuereifer darum, zwischen uns und den Palästinensern zu vermitteln, während sie selbst enorme Probleme mit Millionen von Flüchtlingen haben. Aber wir werden nicht das Schicksal und die Sicherheit unserer Bürger für die Launen der Franzosen opfern."
    Einen neuen Versuch, der internationalen Gemeinschaft, den gewaltsamen, wirtschaftlichen und politischen Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern zumindest zu entschärfen, lehnt auch Ministerpräsident Netanyahu ab:
    "Der Weg zum Frieden führt nicht über internationale Konferenzen, die versuchen, eine Lösung aufzuzwingen, die die palästinensischen Forderungen in die Höhe treiben und dadurch den Friede nur in weite Ferne rücken. Der Weg zum Frieden führt über direkte Verhandlungen und ohne Vorbedingungen auf beiden Seiten".
    Die letzten Gespräche unter Vermittlung von US-Außenminister Kerry waren im Frühjahr 2014 gescheitert. Beide Seiten kamen über Wochen nicht auf die grundlegenden Probleme zu sprechen. Und schließlich stoppte Netanjahu die vereinbarte Freilassung palästinensischer Gefangener. Das war das Aus.
    Völlig verweigern kann sich die israelische Regierung dem internationalen Druck offenbar nicht: Als Ausweg gilt die arabische Initiative. Ein Vorschlag aus dem Jahr 2002, den plötzlich auch Verteidigungsminister Lieberman aufgreift.
    "Ich habe mehr als einmal über die Anerkennung der Zwei-Staaten-Lösung gesprochen. Ich habe die Bar-Ilan Rede von Ministerpräsident Netanjahu unterstützt. In meinen Augen war die Rede des ägyptischen Präsidenten Al-Sissi sehr wichtig und bietet eine echte Chance, die wir nicht unversucht lassen dürfen."
    Unklare Machtverhältnisse auf palästinensischer Seite
    Lieberman hatte das Papier der arabischen Staaten bisher grundsätzlich abgelehnt. Jetzt gilt es ihm und Regierungschef Netanjahu gegenüber den Franzosen als Ausweg, sagt der Kommentator Maor Bardi von Israelischen Fernsehkanal 10. Für echte Verhandlungen fehle weiter jede Grundlage:
    "Ich glaube, dass Netanjahu weder politisch noch ideologisch zu Verhandlung auf der Basis der Grenzen von 1967 und einer palästinensischen Hauptstadt in Jerusalem bereit ist. Kurz gesagt, das Minimum, das die Palästinenser für Verhandlungen brauchen ist immer noch nicht das Maximum, das Netanyahu bereit wäre zu geben. Beide Seiten treffen sich einfach nicht."
    Die Palästinenser ziehen daraus den Schluss, dass es nur noch mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft Fortschritte geben kann. Denn es fehle schlicht das gegenseitige Vertrauen, so der palästinensische Politik Jibril Rajoub im Gespräch mit einem israelischen Radiomoderator:
    "Schenke ich Euch Glauben? Nein. Schenkt Ihr uns Glauben? Nein. Deshalb brauchen wir einen Vermittler. Jemanden, der an die Zwei-Staaten Lösung glaubt, der an Euer Existenzrecht im Nahen Osten glaubt, in Frieden und Sicherheit. Und auch wir werden einen souveränen Staat in den Grenzen von 1967 haben, an der Seite Israels. Dafür brauchen wir einen Vermittler. Ich wünschte wir könnten es alleine unter uns abmachen."
    Was aber auch nicht mehr funktioniert, weil auf der palästinensischen Seite seit zehn Jahren die Machtfrage nicht geklärt ist. Präsident Abbas dürfte die französischen Versuche deshalb auch als letzte Möglichkeit für seinen politischen Nachlass begreifen.