Der Anblick erinnert an eine Hochsicherheitsgrenze. Eine Mauer aus hellem Stein steht zwischen mehreren Fahrspuren. Auf der Mauer sitzt noch ein Zaun. Insgesamt ist das Mauerwerk acht Meter hoch. Auf beiden Seiten verläuft eine Straße. Auf der einen Seite der Mauer ist dort wo die Straße beginnt ein israelischer Checkpoint. Soldaten kontrollieren, dass in die Straße auf dieser Seite der Mauer keine Palästinenser einfahren. Sie müssen auf die andere Seite der Mauer. Das Bauwerk trennt - auf der einen Seite fahren die Palästinenser, auf der anderen Israelis.
Ein Symbol der Besatzung?
Wir sind im von Israel besetzten und annektierten Ostjerusalem. Die vor Kurzem eröffnete sogenannte östliche Ringstraße verbindet die Autobahn 1, die in Richtung Totes Meer führt, mit einer weiter nördlichen gelegenen Straße. Der drei Kilometer lange neue Straßenabschnitt mit der Mauer verläuft zwischen Jerusalem und einer jüdischen Siedlung. Für den jüdischen Israeli Aviv Tatarsky von der Nichtregierungsorganisation Ir Amim ist die Straße ein Symbol der Besatzung.
"Auf der einen Straße fahren wir, die Landesherren, auf der anderen Seite fahren die Palästinenser, die keine Rechte haben und in der Mitte steht die Mauer. Israel will daran glauben ein demokratischer Staat zu sein und gleichzeitig die Siedlungen an Jerusalem anschließen und weiterhin Millionen Palästinenser beherrschen. Diese Straße mit der Mauer ist ein deutliches Beispiel dafür."
Teil eines Siedlungsplans
Es ist nicht die erste Straße, die Palästinenser und Israelis nicht gemeinsam befahren dürfen, doch nirgendwo ist die Trennung baulich so überdeutlich. Das hat Proteste ausgelöst. Demonstranten versuchten die Straße zu blockieren. Es kam zu kleineren Auseinandersetzungen mit israelischen Sicherheitskräften.
Die Kritiker des Projektes sprechen von einer "Apartheidstraße". Das sieht auch die palästinensische Autonomiebehörde so. Mahmud Khaled ist Direktor des palästinensischen Transportministeriums. Er sieht die neue Straße als Teil eines groß angelegten israelischen Siedlungsplans.
"Die Straße verbindet den Norden des Westjordanlandes mit dem Süden. Sie wollen Palästinenser aus dem Gebiet dazwischen vertreiben und mehr Siedler dorthin bringen. Sie nennen es Groß-Jerusalem-Projekt. Es geht hier um besetztes Land. Das ist eine Apartheid-Apartheid-Straße, mit der die Bevölkerungszusammensetzung hier verändert werden soll."
Sicherheit vor Anschlägen für Autofahrer
Der gerade eröffnete neue Straßenabschnitt soll für Palästinenser Richtung Süden verlängert werden. Kritiker des israelischen Siedlungsbaus fürchten, dass der palästinensische Verkehr so geleitet werden soll, dass die jüdischen Siedlungen östlich von Jerusalem mit der Stadt verbunden werden können. Dann entstünde ein Keil zwischen den Palästinensergebieten im Süden des Westjordanlandes und denen im Norden. Auch deshalb wird gegen die neue Straße protestiert.
Die israelische Regierung hat die Kritik zurückgewiesen und begründet die Mauer zwischen den Fahrspuren mit Sicherheitsbedenken. Auf Schnellstraßen in den besetzten Gebieten kommt es immer wieder zu Anschlägen auf Autofahrer - sowohl auf israelische wie auf palästinensische. Die neue Straße stärke die Infrastruktur und die israelische Souveränität in der Region erklärte der Minister für Innere Sicherheit Gilad Erdan anlässlich der Eröffnung des Straßenabschnittes und er sagte auch: Die Straße sei ein Beispiel dafür, wie sich ein Nebeneinander von Israelis und Palästinensern mit Sicherheitsaspekten verbinden lasse.