"Dies ist der Beweis, dass der 'Frieden der Tapferen' das Wichtigste ist, was in dieser Gegend bisher getan wurde."
Der damalige PLO-Chef Yasser Arafat 1994 auf einer Pressekonferenz mit dem israelischen Außenminister Shimon Peres. Wenig später sollten beide - zusammen mit Israels Regierungschef Yitzchak Rabin - den Friedensnobelpreis erhalten, weil sie das "Oslo-Abkommen" zwischen Israel und der PLO ausgehandelt und am 13. September 1993 in Washington unterzeichnet hatten.
Der gefeierte "Meilenstein" zu einem Frieden in Nahost ließ Hoffnungen aufkommen: Sollten Aussöhnung und Frieden doch möglich und einer der ältesten Konflikte der Welt endlich Geschichte werden? Immerhin hatten Israel und die PLO einander offiziell anerkannt, die PLO hatte auf Gewalt gegenüber Israel verzichtet und sollte dafür eine autonome Verwaltung in dem seit 1967 besetzten Westjordangebiet und dem Gazastreifen übernehmen – die Vorstufe zum lang ersehnten eigenen Staat, der – so hofften die Palästinenser – in sieben Jahren entstehen könnte.
Auch zwölf Jahre später, 2006, war dieser Staat weiterhin ein Traum. Mehr noch: Als die Palästinenser am 25. Januar zum zweiten Mal ihren "Legislativrat" wählten - das Parlament der autonomen Gebiete – erwies sich das Ergebnis für viele als schwerer Schlag. Die bisher führende "Fatah" errang nur noch 45 der 132 Mandate. Klarer Sieger wurde eine Bewegung, die zum ersten Mal zur Wahl angetreten war, nachdem sie die Oslo-Verträge ebenso vehement abgelehnt hatte wie die Idee, den Staat Israel anzuerkennen und mit ihm Frieden zu schließen. Die islamistische "Hamas" gewann mit 74 Sitzen die absolute Mehrheit. Hamas-Führer Ismail Haniyeh:
"Was historisch als das Sykes-Picot Abkommen bekannt ist, teilte die Arabische und Islamische Welt in verschiedene Staaten und Länder auf. Wir tun immer so, als wäre dies eine vollendete Tatsache. Aber wir erkennen sie nicht an. Sie ist nicht legitim. Widerstand ist ein Prinzip und ein legitimes Recht des palästinensischen Volkes. Und das werden wir nicht aufgeben. Hamas beteiligt sich am Parlament einzig und allein, um den Widerstand und seine Kämpfer zu verteidigen. Bis alle Rechte der Palästinenser hergestellt sind. Es gibt auch nicht den geringsten Widerspruch zwischen der Beteiligung von Hamas am Widerstand und der am Parlament. Nicht den geringsten Widerspruch."
EU und USA reagierten bestürzt auf den Wahlsieg der Hamas
In Israel, wo kurz vor der Wahl der damalige Ministerpräsident Ariel Sharon einen Herzanfall erlitten hatte und von Ehud Olmert abgelöst worden war, hielt man sich mit offiziellen Reaktionen auf den Hamas-Sieg zunächst zurück. In der EU wie den USA reagierte man mit Bestürzung: Angesichts ihrer bisherigen virulent israelfeindlichen Haltung könne man sich eine Zusammenarbeit mit einer Regierung unter Führung von Hamas nicht vorstellen und werde man eine solche Regierung auch nicht unterstützen. Zumal Hamas in den meisten dieser Länder damals noch als Terror-Organisation gelistet war.
Im Protest gegen die noch von Yasser Arafat losgetretene "Al Aqsa-Intifada", den zweiten Palästinenseraufstand gegen die israelische Besatzung, waren Wirtschafts- und Finanzhilfe für die Autonomieverwaltung bereits auf ein Minimum zurückgefahren worden. Nach dem Tod Arafats 2004 schickte man sich nun gerade an, seinem Nachfolger, Mahmud Abbas, wieder Hilfe zukommen zu lassen, da kam mit dem Hamas-Wahlsieg der Rückschlag.
In Washington hatte US-Präsident George W. Bush noch 20 Millionen Dollar an direkter Hilfe und der Kongress 75 Millionen an indirekter Hilfe bewilligt, um die Wahl des Arafat-Nachfolgers zu unterstützen, nach dem Sieg von Hamas bei den Parlamentswahlen erklärte Bush nun aber kategorisch:
"Ich sehe nicht, wie man Partner im Frieden sein kann, wenn man gleichzeitig in seinem Programm die Zerstörung eines Landes fordert. Und ich weiß, dass man nicht Partner des Friedens sein kann, wenn die Partei einen bewaffneten Flügel unterhält. Wir beobachten die Bildung einer Regierung deswegen sehr genau. Aber wenn man die Zerstörung Israels im Programm stehen hat, dann ist man kein Partner im Frieden. Wir aber sind am Frieden interessiert. Offensichtlich waren die Leute nicht zufrieden mit dem Status quo."
1987 formierte sich die Hamas - kurz nach Ausbruch der ersten Intifada
Mit dieser letzten Bemerkung dürfte Bush Recht gehabt haben, denn die Hoffnungen aus der Zeit des Oslo-Abkommens waren längst verflogen, die Herrschaft der PLO war - kaum anders als bei anderen arabischen Herrschern – geprägt von Korruption und Despotismus. Vor allem aber: Von Friedensprozess war immer weniger zu spüren. Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern führten zu nichts, Israel nutzte die Gelegenheit zu immer intensiverem Bau jüdischer Siedlungen auf der Westbank, es ergriff immer restriktivere Maßnahmen gegen die palästinensische Bevölkerung und diese antwortete mit einer neuen Intifada, während derer Israel erneut die militärische Kontrolle über die wichtigsten palästinensischen Städte übernahm.
Kein Wunder, dass sie sich denen zuwandten, die den Oslo-Kurs immer schon abgelehnt hatten. Sie wurden darin bestärkt, weil auch Israel sich nicht an Oslo hielt und weder Europäer noch Amerikaner Israel zu einer Kurs-Änderung zwangen oder auch nur aufforderten. Innenpolitisch schließlich stand und steht außer Diskussion, dass man Hamas in vielen Punkten kritisieren kann, nicht aber, dass sie korrupt sei.
Die Bewegung formierte sich Ende 1987 im Gazastreifen, kurz nach Ausbruch der ersten Intifada. War diese von der Bevölkerung selbst angestoßen worden und erst nachträglich unter Führung der – damals noch im tunesischen Exil residierenden – PLO gekommen, so ließ Hamas – die bis heute nicht der PLO angehört - es zunächst im Gazastreifen und dann auch in der Westbank zur offenen Konkurrenz mit der Palästinenser-Organisation und deren stärkstem Flügel – "Fatah" – kommen.
Setzte die PLO sich hauptsächlich aus revolutionären und "weltlichen" linken Gruppen zusammen, so war Hamas Sprössling der konservativ-religiösen "Muslimbrüder", die schon in den Jahren der ägyptischen Herrschaft über den Gazastreifen – von 1948 bis 1967 - dort tonangebend waren. Unter israelischer Besatzung seit 1967 entfalteten ihre Vertreter in Gaza zunehmend Aktivitäten und kümmerten sich in erster Linie um die sozialen Probleme und Bedürfnisse der palästinensischen Bevölkerung.
Antiisraelische Propaganda für palästinensische Kinder
Ironischerweise wurden sie dabei von Israel nicht nur geduldet, sondern auch indirekt unterstützt. Denn Israel sah in den Islamisten damals ein populäres Gegengewicht zur seinerzeit noch auf offenen Kampf gegen Israel eingeschworenen PLO. Eine Einschätzung, die Israel später bitter bereuen sollte.
Mit der ersten Intifada 1987 änderte sich das: "Hamas", wie man sich jetzt nannte, begann mit Anschlägen und Überfällen auf israelisches Militär und israelische Zivilisten. Gepaart mit einer antisemitischen Ideologie, die vermeintlich auf dem Koran basierte, mithilfe Syriens und sogar der schiitischen Hisbollah und des Iran entwickelte Hamas sich rasch zum gefährlichsten Gegner Israels.
Anmerkung der Redaktion:
"Im Manuskript dieser Sendung vom 25.1.2016 stand im Absatz über dieser Anmerkung zunächst: (...) "Gepaart mit einer fast antisemitischen Ideologie, die vermeintlich auf dem Koran basierte, mithilfe Syriens und sogar der schiitischen Hisbollah und des Iran entwickelte Hamas sich rasch zum gefährlichsten Gegner Israels."
Deutschlandfunk-Chefredakteurin Birgit Wentzien hat dazu am 27.1.2016 erklärt: "Wir als Deutschlandfunk haben einen Fehler gemacht. Ich möchte mich dafür als verantwortliche Chefredakteurin Politik entschuldigen. In der Sendung "Hintergrund" an diesem Montag und in einem dazugehörigen einführenden Text online und auf Facebook ist die Rede von einer "fast antisemitischen Ideologie" der islamistischen Hamas-Bewegung. Dieser Satz war in seiner Aussage falsch. Der Gebrauch des Wortes Antisemitismus im Zusammenhang mit dem Wort "fast" lädt geradezu zu Missverständnissen ein. Falsch war auch, dass durch einen ersten Erklärungsversuch in den sozialen Medien der Anschein entstehen konnte, wir wollten uns herausreden. Auch dafür bitten wir um Entschuldigung. Wir werden uns intensiv damit beschäftigen, wie es dazu kommen konnte, dass diese Formulierung im Deutschlandfunk gesendet wurde und warum es zu der ersten Antwort in den sozialen Medien kam. Wir arbeiten daran, dass sich solche Fehler in Zukunft nicht wiederholen."
In einer ersten "Anmerkung der Redaktion" hatten wir am 26.1.2016 geschrieben: "Bei dem Wort "fast" bei "fast antisemitische Ideologie" war unser Autor auf einer wissenschaftlich-etymologischen Ebene, die Anlass zu Missverständnissen gegeben hat. Wir möchten daher klarstellen, dass auch der Deutschlandfunk keinen Zweifel daran hat, dass die Ideologie der Hamas gegen Juden gerichtet ist und insofern auch eindeutig antisemitisch ist."
"Im Manuskript dieser Sendung vom 25.1.2016 stand im Absatz über dieser Anmerkung zunächst: (...) "Gepaart mit einer fast antisemitischen Ideologie, die vermeintlich auf dem Koran basierte, mithilfe Syriens und sogar der schiitischen Hisbollah und des Iran entwickelte Hamas sich rasch zum gefährlichsten Gegner Israels."
Deutschlandfunk-Chefredakteurin Birgit Wentzien hat dazu am 27.1.2016 erklärt: "Wir als Deutschlandfunk haben einen Fehler gemacht. Ich möchte mich dafür als verantwortliche Chefredakteurin Politik entschuldigen. In der Sendung "Hintergrund" an diesem Montag und in einem dazugehörigen einführenden Text online und auf Facebook ist die Rede von einer "fast antisemitischen Ideologie" der islamistischen Hamas-Bewegung. Dieser Satz war in seiner Aussage falsch. Der Gebrauch des Wortes Antisemitismus im Zusammenhang mit dem Wort "fast" lädt geradezu zu Missverständnissen ein. Falsch war auch, dass durch einen ersten Erklärungsversuch in den sozialen Medien der Anschein entstehen konnte, wir wollten uns herausreden. Auch dafür bitten wir um Entschuldigung. Wir werden uns intensiv damit beschäftigen, wie es dazu kommen konnte, dass diese Formulierung im Deutschlandfunk gesendet wurde und warum es zu der ersten Antwort in den sozialen Medien kam. Wir arbeiten daran, dass sich solche Fehler in Zukunft nicht wiederholen."
In einer ersten "Anmerkung der Redaktion" hatten wir am 26.1.2016 geschrieben: "Bei dem Wort "fast" bei "fast antisemitische Ideologie" war unser Autor auf einer wissenschaftlich-etymologischen Ebene, die Anlass zu Missverständnissen gegeben hat. Wir möchten daher klarstellen, dass auch der Deutschlandfunk keinen Zweifel daran hat, dass die Ideologie der Hamas gegen Juden gerichtet ist und insofern auch eindeutig antisemitisch ist."
Damals bereits begann Hamas, palästinensische Kinder in Kinderprogrammen von Rundfunk und Fernsehen mit antiisraelischer und antijüdischer Propaganda zu indoktrinieren. Wobei kein Unterschied zwischen "Juden" und "Israelis" gemacht wurde. Und die Israelis konnten von Hamas-Sendern sogar auf Hebräisch hören, wozu die Bewegung aufrief:
"Greift an, werft Bomben, schockt sie! Vernichtet alle Zionisten! Erschüttert Israels Sicherheit! Verwickelt die Zionisten in Kämpfe. Verbrennt die Lager und die Soldaten. Erschüttert Israels Sicherheit und setzt sie Flammen und Vulkanen aus."
Ismail Haniyeh, der nach der Wahl vom 25. Januar zum Ministerpräsidenten ernannt wurde, unterstrich stolz und unnachgiebig den Kurs seiner Bewegung:
"Hamas geht heute auf parallelen Wegen vor: Auf dem Weg von "Dawa" – dem "Ruf zum Islam" – und von Bildung, dem Weg von Widerstand und Jihad sowie dem Weg von Herrschaft und Politik. Bewaffneter Widerstand und bewaffneter Kampf sind unsere Strategie und unser Weg, um das Land Palästina zu befreien - vom Mittelmeer bis an den Jordan – und die usurpierenden Eindringlinge aus dem gesegneten Land Palästina zu vertreiben."
Hamas-Regierung in Gaza wird von niemanden anerkannt
Nach den Wahlen war Hamas aber zunächst einmal mit innerpalästinensischen Auseinandersetzungen beschäftigt: Es ging darum, ob und wie die neu zu bildende Regierung trotz der Hamas-Mehrheit vor dem Ausland würde bestehen und ausländische Hilfe bekommen könne. Dazu wurden diverse Vorschläge gemacht, diskutiert und wieder verworfen. Besonders Ismail Haniyeh sah darin ohnehin nur den Versuch, das Ergebnis der Wahlen zu torpedieren:
"Die einen sprechen jetzt von einer Notstandsregierung, andere von einer Regierung der Technokraten. Oder auch von Neuwahlen. Brüder - all dies dient nur einem Zweck: Nämlich die Islamische Widerstandsbewegung – Hamas – von der Macht zu entfernen. Wir werden nie, niemals Israel anerkennen. Wir unterstützen die Gründung eines palästinensischen Staates in den Gebieten von 1967, aber Gegenleistung ist ein Waffenstillstand, nicht die Anerkennung Israels, auch nicht die Aufgabe von Land unserer Väter und Vorväter."
Gebildet wurde zunächst eine reine Hamas-Regierung unter Ismail Haniyeh, diese wurde im März 2007 aber von einer sogenannten "Einheitsregierung" von Hamas und Fatah abgelöst - wieder unter der Führung Haniyehs. Drei Monate später kam es im Juni 2007 zum offenen Bruch: Nach heftigem Bruderkampf mit Fatah riss Hamas die Kontrolle über den Gazastreifen an sich und seither gibt es zwei Regierungen: Haniyehs Hamas-Regierung in Gaza, die von Palästinenserpräsident Abbas noch im Juni 2007 abgesetzt und auch bis heute von niemandem anerkannt wurde, und eine Regierung der PLO in Ramallah, die zwar keine Legitimation durch Wahlen besitzt, aber dennoch der Ansprechpartner für die internationale Gemeinschaft ist.
Die Lage im Gazastreifen – mit rund 1,8 Millionen Einwohnern auf nur 360 Quadratkilometern das Armenhaus der Region – wurde immer desolater. Ein wichtiger Grund hierfür war die Blockade, die Israel über den schmalen Landstrich verhängte. Zwar hatte es seine Truppen von dort bereits 2005 abgezogen, die Lebensbedingungen der dortigen Bevölkerung verschlechterten sich aber – oder gerade deshalb - immer mehr, weil Ein- und Ausreise von Israel ebenso strikt begrenzt wurden wie der Import von Strom, Treibstoff oder Baumaterial und der Export landwirtschaftlicher Güter.
Israel erklärte Gaza offiziell zum Feindgebiet und versuchte, auch das Ausland zu dieser Sichtweise zu überreden. Das Ausland versuchte wiederum, Israel zur Aufgabe seiner Blockade zu bewegen. Erfolglos. Nur vorübergehend schien die Lage im Gazastreifen sich etwas zu bessern, als in Ägypten die Muslimbrüder unter Mohammed Mursi an der Macht waren, seit dessen Sturz durch das Militär ist dies vorbei.
Unter der Hamas-Herrschaft litten die Menschen im Gazastreifen
Noch weitaus gravierendere Folgen hatte aber die immer wieder aufflammende bewaffnete Auseinandersetzung mit Israel: Seit Beginn der Hamas-Herrschaft verstärkten sich die früher nur sporadischen Raketenangriffe aus dem Gazastreifen auf israelische Orte, und Israel schlug immer härter zurück: In vier großen Militär-Operationen mit Luftwaffe, Marine und Bodentruppen richtete Israel im Gazastreifen unermessliche Schäden an, die größtenteils bis heute nicht behoben sind. Obwohl die gegenseitigen Angaben darüber unterschiedlich sind, steht doch fest, dass Tausende umgekommen sind und Zehntausende verletzt wurden – die meisten von ihnen palästinensische Zivilisten und darunter wiederum überwiegend Frauen, Kinder und Alte. Auch auf israelischer Seite gab es Tote und Verletzte, deren Zahl steht aber in keinem Verhältnis zu der der palästinensischen Opfer.
Khaled Mashal hatte einst nur knapp einen israelischen Mordanschlag in der jordanischen Hauptstadt Amman überlebt. Von Syrien aus versuchte er jahrelang, Politik und Beweggründe von Hamas verständlich zu machen:
"Solange wir ein Volk unter Besatzung sind, ist Widerstand unser natürliches Recht. Ich sage der amerikanischen Regierung, den Europäern und der internationalen Gemeinschaft – die alle diese Forderungen erheben wie 'Gebt den Widerstand auf' – oder den 'Terrorismus', wie sie es nennen – 'und legt die Waffen nieder', denen sage ich: Wir werden Reformen in der Gesellschaft durchführen, mit Demokratie und Pluralismus, Partnerschaft und sauberer Verwaltung – das sind doch die Slogans der internationalen und westlichen Gesellschaften. Und gleichzeitig werden wir eine Armee haben, die unser Volk vor Angriffen schützt und sich für die Wiedererlangung palästinensischer Rechte engagiert."
Hamas hat nichts von all dem umgesetzt oder erreicht. Die Menschen unter ihrer Herrschaft haben im Gazastreifen nur gelitten und nicht nur die: Auch die Palästinenser in der Westbank mussten dunkle Zeiten durchleben, denn sie wurden in den Teufelskreis mit hineingezogen: "Kein Frieden, solange es Gewalt gibt und keine Verhandlungen, solange deren Erfolg nicht garantiert ist."
Dennoch gab es immer wieder Versuche, wenigstens zwischen PLO und Hamas zu vermitteln und Mashal trug zu deren Zustandekommen bei. Ein ums andere Mal scheiterten die Vereinbarungen, zuletzt 2014, als nach langen Verhandlungen die Bildung einer Einheitsregierung beschlossen wurde, der nicht Parteigänger angehören sollten, sondern Experten. In Wirklichkeit gehören die Minister aber dem Fatah- und linken Flügel an – wie auch Regierungschef Hamdallah - und Hamas- Anhänger sind nicht vertreten. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas hatte sich offenbar durchgesetzt – vielleicht ein Grund dafür, dass er zumindest in der Öffentlichkeit schon bald nach der Schicksalswahl von 2006 die ideologischen Unterschiede mit Hamas auf die leichte Schulter zu nehmen begann:
"Was heißt Ideologie? Religiöse Ideologie? Wir sind doch alle gläubige Muslime. Und politische Ideologie? Ich sage ganz offen: Es gibt keine Differenzen zwischen uns. Wir waren uns einig, dass die Grenzen von 1967 die des palästinensischen Staates sein würden. Ebenso, dass die Verhandlungen mit Israel fortgesetzt würden, wenn dieses bereits ist, die Siedlungspolitik zu stoppen und unsere Bedingungen zu akzeptieren. Schließlich waren wir auch in der Frage der Wahlen einig.
Wenn man von politischen Differenzen spricht, dann glaube ich nicht, dass es die zwischen uns gibt. Im Gegenteil: Bei den jüngsten Treffen der palästinensischen Führung waren alle – besonders Hamas – einverstanden mit friedlichem zivilem Widerstand – den ich als friedliche, zivile und gewaltlose Demonstrationen beschreiben würde."
Jerusalem lehnt jeden Kontakt mit der "Einheitsregierung" Palästinas ab
Mahmoud Abbas gelang es in den letzten zehn Jahren, dem "Palästinensischen Staat" (wie die Autonomie sich seit 2013 nennt) weitere internationale Anerkennung zu verschaffen – etwa durch den Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen oder die Mitgliedschaft in der UNESCO. Gleichzeitig konnte dies aber nicht verhindern, dass Israel seine Siedlungspolitik in der Westbank ebenso unbekümmert wie unbehindert fortsetzte und Restriktionen und Behinderungen für die palästinensische Bevölkerung verschärfte.
Jerusalem lehnte jeden offiziellen Kontakt mit der "Einheitsregierung" wegen der Beteiligung von Hamas ab – so sehrdiese auch nur nominell ist. Das westliche Ausland aber begann wieder, mit dieser Regierung zu sprechen und zu handeln, einige Regierungen haben Hamas inzwischen von der Terrorliste gestrichen, bei allen aber ist der israelisch-palästinensische Konflikt hinter den anderen Konflikten der Region zurückgetreten.
Dies führte schließlich dazu, dass es verstärkt zu Gewalttaten – besonders in Jerusalem und in den Teilen der Westbank kam, wo Israelis und Palästinenser einander noch im Alltag begegnen: In Jerusalem, weil Israel an der Fiktion der unteilbaren Hauptstadt für all ihre Einwohner – Israelis wie Palästinenser – festhält, in der Westbank, weil dort jüdische Siedler und Palästinenser sich den selben Boden streitig machen.
Mit jedem neuen Anschlag durch Palästinenser und jeder neuen Zwangsmaßnahme oder Schikane des israelischen Militärs wächst auf beiden Seiten die Verbitterung. Ebenso die Bereitschaft, radikalen Thesen zu folgen. In Israel hat dies zur Stärkung der nationalistischen und religiös-nationalistischen Parteien geführt, die deswegen auch immer wieder Wahlsieger wurden. Bei den Palästinensern führte es zu einer Stärkung der Ideologie von Hamas. Wahlen, die solches sicher bestätigen würden, hat es seit jenem 25. Januar 2006 nicht mehr gegeben.