Christoph Heinemann: Schweizer Experten haben zusammen mit Wissenschaftlern aus Russland und Frankreich ihre Untersuchungen am Leichnam des früheren Palästinenser-Führers Arafat beendet, und der Bericht der Schweizer kommt, anders als die russischen Kollegen, zu dem Schluss: Arafat sei vielleicht doch vergiftet worden. Arafat starb 2004 und nun steht natürlich wieder die Frage im Raum: Wenn der nahezu mythisch gefeierte und immer schwer bewachte Friedensnobelpreisträger tatsächlich vergiftet worden ist, wer war es und wie hat man das bewerkstelligen können.
Darüber hat mein Kollege Jürgen Liminski mit dem Autor des Films "Lizenz zum Töten – wie Israel seine Feinde liquidiert", mit Egmont Koch gesprochen und ihn gefragt, ob zum Beispiel der israelische Geheimdienst Mossad, von politischen Erwägungen einmal abgesehen, dass überhaupt hätte bewerkstelligen können.
Egmont Koch: Der Mossad hätte das sicherlich bewerkstelligen können. Der Mossad und Israel sind in der Lage, an dieses Gift Polonium zu kommen. Das ist keineswegs in jedem Land der Fall. Und der Mossad hat ein eigenes Labor, das sich genau damit befasst, nämlich Gifte ausfindig zu machen und zur Anwendungsreife zu bringen, die keine Spuren hinterlassen. Man unterscheidet beim Mossad laute und leise Exekutionen. Dieses wäre dann eine leise gewesen. Das heißt, eigentlich hätte niemand jemals auf den Gedanken kommen sollen, dass Arafat tatsächlich vergiftet wurde. Es gibt aber auch laute Exekutionen, die bewusst so angelegt werden, dass sie Angst und Schrecken verbreiten.
Jürgen Liminski: Hat es denn auch schon diese sogenannten leisen Exekutionen gegeben?
Koch: Es hat eine ganze Vielzahl von leisen Exekutionen des Mossad gegeben. Es gibt auch Vergiftungen, die dabei eine Rolle gespielt haben. Ich erinnere an einen Fall, den wir recherchiert haben, über einen Palästinenser-Führer, der vergiftet wurde und dann damals in der Charité in Ostberlin verstorben ist. Da besagen die Obduktionsberichte ganz eindeutig, dass er vergiftet wurde.
Es gibt einen Fall, der nicht geklappt hat aus Sicht der Israelis, in Amman 1997, und es gibt letztendlich auch diesen Fall 2010 in Dubai. Dort hat man ihn zwar nicht vergiftet, man hat ihn aber erst mit einem muskelparalysierenden Arzneimittel eingespritzt, damit er sich nicht wehren kann, wenn man ihn dann erstickt. Das ist letztendlich auch die Zuhilfenahme von toxischen Substanzen.
Liminski: Können auch andere Geheimdienste so schleichend oder leise vergiften, dass keiner was merkt, zum Beispiel die Russen oder die Briten?
Koch: Sicherlich könnten sie das. Ich zweifele daran, dass die Briten das noch machen würden. Bei den Russen bin ich mir nicht so sicher, zumal ja – Sie erinnern sich – 2006 der Fall Alexander Litwinenko in London auch mit Polonium 210 passierte, und da sind ja bis heute auch die englischen Behörden davon überzeugt, dass letztendlich der russische Geheimdienst seine Finger im Spiel hatte.
Man muss noch mal sagen: Dieses Polonium 210 ist eine teuflische Substanz, eine radioaktive Substanz, aber an die kann auch nicht jeder kommen. Man muss eine Infrastruktur haben, man muss Kernanlagen haben, um an diesen Stoff zu kommen. Das schließt deswegen auch aus, dass die Palästinenser selbst Arafat mit Polonium 210 vergiftet haben könnten.
Liminski: Die Fatah-These, die These, dass er von eigenen Leuten aus der Fatah umgebracht worden ist, vergiftet worden ist, die schließen Sie deswegen aus?
Koch: Die schließe ich für Polonium 210 tatsächlich völlig aus, es sei denn, irgendjemand, der über Polonium 210 verfügt, hätte es den Palästinensern, der Fatah gegeben. Ich glaube aber, es gibt, auch wenn man das jetzt im Rückblick sieht, im Jahre 2003, 2004 gute Motive für die Israelis, weil Arafat war bis dahin ja fast ein Verbündeter. Er hat ja mit Rabin zusammen den Friedensnobelpreis gekriegt. Es zeigt, dass aber in der zweiten Intifada – die war von 2000 bis 2005 – sich die Einschätzung zu Arafat in Israel stark verändert hat, sodass es durchaus ein Motiv für die Israelis gab, in dieser Zeit nun alte Rechnungen zu begleichen.
Heinemann: Egmont Koch, Autor des Films "Lizenz zum Töten – Wie Israel seine Feinde liquidiert". Die Fragen stellte mein Kollege Jürgen Liminski.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Darüber hat mein Kollege Jürgen Liminski mit dem Autor des Films "Lizenz zum Töten – wie Israel seine Feinde liquidiert", mit Egmont Koch gesprochen und ihn gefragt, ob zum Beispiel der israelische Geheimdienst Mossad, von politischen Erwägungen einmal abgesehen, dass überhaupt hätte bewerkstelligen können.
Egmont Koch: Der Mossad hätte das sicherlich bewerkstelligen können. Der Mossad und Israel sind in der Lage, an dieses Gift Polonium zu kommen. Das ist keineswegs in jedem Land der Fall. Und der Mossad hat ein eigenes Labor, das sich genau damit befasst, nämlich Gifte ausfindig zu machen und zur Anwendungsreife zu bringen, die keine Spuren hinterlassen. Man unterscheidet beim Mossad laute und leise Exekutionen. Dieses wäre dann eine leise gewesen. Das heißt, eigentlich hätte niemand jemals auf den Gedanken kommen sollen, dass Arafat tatsächlich vergiftet wurde. Es gibt aber auch laute Exekutionen, die bewusst so angelegt werden, dass sie Angst und Schrecken verbreiten.
Jürgen Liminski: Hat es denn auch schon diese sogenannten leisen Exekutionen gegeben?
Koch: Es hat eine ganze Vielzahl von leisen Exekutionen des Mossad gegeben. Es gibt auch Vergiftungen, die dabei eine Rolle gespielt haben. Ich erinnere an einen Fall, den wir recherchiert haben, über einen Palästinenser-Führer, der vergiftet wurde und dann damals in der Charité in Ostberlin verstorben ist. Da besagen die Obduktionsberichte ganz eindeutig, dass er vergiftet wurde.
Es gibt einen Fall, der nicht geklappt hat aus Sicht der Israelis, in Amman 1997, und es gibt letztendlich auch diesen Fall 2010 in Dubai. Dort hat man ihn zwar nicht vergiftet, man hat ihn aber erst mit einem muskelparalysierenden Arzneimittel eingespritzt, damit er sich nicht wehren kann, wenn man ihn dann erstickt. Das ist letztendlich auch die Zuhilfenahme von toxischen Substanzen.
Liminski: Können auch andere Geheimdienste so schleichend oder leise vergiften, dass keiner was merkt, zum Beispiel die Russen oder die Briten?
Koch: Sicherlich könnten sie das. Ich zweifele daran, dass die Briten das noch machen würden. Bei den Russen bin ich mir nicht so sicher, zumal ja – Sie erinnern sich – 2006 der Fall Alexander Litwinenko in London auch mit Polonium 210 passierte, und da sind ja bis heute auch die englischen Behörden davon überzeugt, dass letztendlich der russische Geheimdienst seine Finger im Spiel hatte.
Man muss noch mal sagen: Dieses Polonium 210 ist eine teuflische Substanz, eine radioaktive Substanz, aber an die kann auch nicht jeder kommen. Man muss eine Infrastruktur haben, man muss Kernanlagen haben, um an diesen Stoff zu kommen. Das schließt deswegen auch aus, dass die Palästinenser selbst Arafat mit Polonium 210 vergiftet haben könnten.
Liminski: Die Fatah-These, die These, dass er von eigenen Leuten aus der Fatah umgebracht worden ist, vergiftet worden ist, die schließen Sie deswegen aus?
Koch: Die schließe ich für Polonium 210 tatsächlich völlig aus, es sei denn, irgendjemand, der über Polonium 210 verfügt, hätte es den Palästinensern, der Fatah gegeben. Ich glaube aber, es gibt, auch wenn man das jetzt im Rückblick sieht, im Jahre 2003, 2004 gute Motive für die Israelis, weil Arafat war bis dahin ja fast ein Verbündeter. Er hat ja mit Rabin zusammen den Friedensnobelpreis gekriegt. Es zeigt, dass aber in der zweiten Intifada – die war von 2000 bis 2005 – sich die Einschätzung zu Arafat in Israel stark verändert hat, sodass es durchaus ein Motiv für die Israelis gab, in dieser Zeit nun alte Rechnungen zu begleichen.
Heinemann: Egmont Koch, Autor des Films "Lizenz zum Töten – Wie Israel seine Feinde liquidiert". Die Fragen stellte mein Kollege Jürgen Liminski.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.