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Namensänderung in Mazedonien
Griechenlands Zustimmung wackelt

Nach vielen Jahrzehnten haben sich Griechenland und Mazedonien auf eine Lösung im Namensstreit geeinigt. In Skopje zeichnet sich eine Mehrheit für die Umbenennung in Nord-Mazedonien ab. Aber in Athen wächst der Widerstand.

Von Michael Lehmann |
    Demonstarnten mit Fahne auf dem Syntagma-Platz
    Wie viele Gegner der Namensänderung es in Griechenland gibt, haben Proteste im Juni gezeigt (imago /Zuma Press)
    "Ich und meine Regierung übernehmen die historische und politische Verantwortung, weil ich glaube, dass Patriotismus das historische und kulturelle Erbe schützen kann. Griechenland wird so zu einer führenden Kraft der Zusammenarbeit und der gegenseitigen Entwicklung für den Balkan - und das an der Ostgrenze Europas."
    Alexis Tsipras in Feierlaune im Juni dieses Jahres. Der neue Name für den Nachbarn soll "Republik Nord-Mazedonien heißen". Tsipras und andere Vertreter der griechischen Regierung freuten sich vor prächtiger Kulisse am Prespasee gemeinsam mit der mazedonischen Regierung. Beide Seiten hatten gerade ihre Unterschriften unter die Roadmap zur Einigung im Namensstreit gesetzt. Der mazedonische Regierungschef Zoran Zaev ebenso stolz wie glücklich:
    "Unsere beiden Staaten lassen die Vergangenheit zurück und schauen in die Zukunft. Wir beenden einen jahrelangen Streit, der eine Mauer errichtet hat. Und der gute Beziehungen beider Länder verhindert hat."
    Mazedonien macht seine Hausaufgaben
    Inzwischen hat die mazedonische Seite weitere Hausaufgaben gemacht. Im Parlament in Skopje zeichnet sich - anders als es auch viele griechische Skeptiker erwartet hatten - eine Mehrheit für die Verfassungsänderung ab. Im Januar schon könnte klar sein, dass das Land die Mehrheit für die Namensänderung in "Republik Nord-Mazedonien" beieinander hat. Und dann liegt es ganz und allein an Griechenlands Parlament, ob es auch tatsächlich zur Namensänderung kommen kann.
    Wie mächtig die Gegner in Griechenland sind, haben Proteste im Juni nach der feierlichen Unterzeichnung gezeigt. Nationalkonservative schwenken Fahnen - tausendfach. "Sie erkennen einen Staat an, der nicht existiert. Eine ethnische Zugehörigkeit, die ebenso nicht existiert. Und auch noch eine Sprache, die es nicht gibt. Das ist absolut inakzeptabel, wir dürfen das nicht erlauben."
    Ein mächtiger Mann in Athen hat großes eigenes Interesse, dem Druck der Straße gegen den Namenskompromiss mit Mazedonien nachzugeben: Panos Kammenos, Verteidigungsminister und Chef der Unabhängigen Griechen, des kleinen aber wichtigen Koalitionspartners von Alexis Tsipras.
    Koalition in Athen könnte platzen
    Er hat im Parlament und vor Anhängern immer wieder beteuert, dass er dem Namenskompromiss nicht zustimmen wird. Kammenos könnte somit die Athener Regierungskoalition im kommenden Jahr platzen lassen, meint Dimitrios Boutassis vom Büro der Deutsch-Griechischen Versammlung in Thessaloniki:
    "Damit glauben die unabhängigen Griechen, dass sie beim Wähler wieder punkten können. Zuletzt waren ihre Umfragewerte schlecht, sie sind als Regierungspartner der linken Syriza in den Keller gerutscht. Mit dem Thema 'Nein zu Mazedonien' können sie Wähler wieder gewinnen. Und das ist auch für den Parteivorsitzenden Kammenos gut."
    Zwei Varianten werden diskutiert
    Zwei Möglichkeiten werden zur Zeit in Griechenland intensiv diskutiert. Entweder: Kammenos stimmt nicht zu im Namensstreit, bleibt aber in der Regierung und das Ja zum neuen Namen Nord-Mazedonien bekommt mit den Stimmen anderer Abgeordneter eine Mehrheit. Oder: Kammenos, der Chef der Unabhängigen Griechen, geht zum Präsidenten und kündigt die Regierungsbeteiligung auf. Dann müsste in Griechenland vorzeitig neu gewählt werden. Eventuell im Mai könnte das sein, am Tag der Europawahl zum Beispiel.
    Dimitrios Boutassis spricht für viele Griechen, denen das wirkliche Ergebnis am Ende auch irgendwie egal ist:
    "Keine Ahnung, es kann so laufen oder auch anders. Für mich als Griechen wird sich eh nicht viel ändern - egal wer künftig regieren wird. Jede Regierung wird treu den Sparprogrammen folgen müssen und deshalb ist es für mich unwichtig geworden, wer tatsächlich regiert".