Das Ding auf dem Foto sieht aus wie ein kleines Wattebäuschchen. Das Besondere: Liegt es auf der Hand, verspürt man kein Gewicht, nicht einmal einen Hauch, sagt Fabian Schütt, Materialforscher an der Uni Kiel.
"Das ist eines der leichtgewichtigsten Materialien, das es gibt. Das Material besteht fast nur aus Luft."
Ein milchtütengroßer Quader aus diesem Werkstoff würde nicht einmal ein Gramm wiegen. Das wundersame Material besteht aus einer besonderen Form von Bornitrid, einer Verbindung aus Bor und Stickstoff. Ultraleicht machen sie die Fachleute mit einer Art Glockengießer-Technik im Mikromaßstab. Als Gussform dienen röhrenförmige Mikroteilchen aus Zinkoxid.
"Die beschichten wir mit einer sehr dünnen Schicht aus diesem Bornitrid. Anschließend wird im gleichen Prozess das Zinkoxid wieder herausgelöst. Und damit erhalten wir unsere Struktur aus Hohlröhren, die alle miteinander verbunden sind."
Das Resultat: Ein ultraleichter Schaum aus Bornitrid, der zu 99,99 Prozent aus Luft besteht. Doch der eigentliche Clou zeigt sich erst, wenn Laserlicht ins Spiel kommt.
Künstlicher Nebel erzeugt ein gleichmäßiges, angenehmes Licht
"Man gibt den Laserstrahl auf unsere Probe drauf. Und dann erhält man so etwas wie eine Art Glühbirne. Sprich: Aus dem gerichteten Strahl machen wir eine Lichtquelle, die in alle Richtungen gleichmäßig abstrahlt."
Die unzähligen Mikroröhrchen im Inneren der Bornitrid-Schaums streuen das Laserlicht immer wieder hin- und her – bis am Ende der gesamte Schaum leuchtet, und zwar homogen, also gleichmäßig. Damit wirkt er ähnlich wie dichter Nebel, wenn unzählige Wassertröpfchen in der Luft den hellsten Schweinwerferstrahl zu einem diffusen Leuchten machen. Die neue Technik könnte die Basis sein für eine spannende Technologie – eine hocheffiziente Laserlampe.
"Wenn wir Laser hören, denken wir an Laserpointer, an einen gerichteten Lichtstrahl. Wir können diesen gerichteten Lichtstrahl ja nicht einsetzen, um irgendwas auszuleuchten. Deswegen müssen wir das Licht so verändern, dass wir eine homogene Lichtquelle aus dem Laser herausbekommen."
Bislang versucht es die Fachwelt damit, blaue Laserstrahlen auf Leuchtstoffe zu lenken. Diese Leuchtstoffe wandeln den Laserstrahl zwar in ein weißes, diffuses Licht um, sind dabei aber weder besonders effizient noch haltbar – weshalb sich Laserlampen bislang noch nicht durchgesetzt haben. Das könnte sich mit dem neuen Mikroschaum aus Bornitrid ändern. Zumal er gegenüber einer etablierten Lichttechnik durchaus Vorteile aufweist – den LED.
Extrem leichtgewichtige Laserdioden als Alternative zu Leuchtdioden
"Warum möchte man überhaupt Laser verwenden für die Beleuchtung? Das liegt einfach daran, dass man aus einer Laserdiode die gleiche Menge an Licht herausbekommt wie aus 1000 LEDs. Das heißt, wir können eine Lichtquelle erschaffen, die viel kleiner ist als die jetzigen Lichtquellen. Das wäre interessant vor allem für die Projektor-Technologie, also für Beamer, oder auch für Autoscheinwerfer beispielsweise, oder die Beleuchtung von großen Sälen, großen Räumen."
Zuvor aber gilt es für Schütt und sein Team noch manche Herausforderung zu meistern. Die vielleicht wichtigste:
"Wie das immer ist: Was man im Labor schafft, muss man für industrielle Anwendungen noch einmal hochskalieren. Wir arbeiten an neuen Methoden, um dieses Material auf einfacheren Wegen herzustellen. Und dann suchen wir schon nach Interessenten aus der Industrie, um vom Labor in die Anwendung zu gehen."
Ideen, wie sich der Mikroschaum als Massenprodukt fertigen ließe, habe sein Team zwar schon, sagt Fabian Schütt. Doch was das für Ideen sind, das möchte er dann doch lieber noch nicht verraten.