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Narkosen bei Kindern

Wenn Kinder operiert werden müssen, dann schwingen viele Ängste mit. Angst vor dem richtigen Umgang mit der Narkose gehört auch dazu. Das Simulationszentrum der Uniklinik Leipzig ermöglicht es, solche Eingriffe zu üben.

Von Anna-Lena Dohrmann |
    Wenn Kinder operiert werden müssen, dann schwingen viele Ängste mit. Angst vor der dem richtigen Umgang mit der Narkose gehört auch dazu. Das Simulationszentrum der Uniklinik Leipzig ermöglicht es, solche Eingriffe zu üben.

    "So, kleiner Tom ... Dann würde ich loslegen – bist du soweit?"

    Dr. Frank Hokema leitet gerade eine Narkose ein. Er führt einen Metallspatel in den Mund ein, sodass er den Eingang zur Luftröhre gut sieht. Denn genau dorthin schiebt Hokema dann einen Plastikschlauch entlang des Spatels:

    " Und wenn mir das gelungen ist – was schwierig ist – weil die Kollegen sozusagen ein künstliches Hindernis eingebaut haben, nicht ganz unerwartet, dann wird das Kind über diesen Beatmungsschlauch beatmet."
    Das Kind ist in diesem Fall also eine Puppe, an der bestimmte Dinge verändert werden können – wie hier zum Beispiel die Enge der Atemwege. So können Ärzte verschiedene OP-Szenarien durchspielen. Das Ziel ist, die Übung so real wie möglich zu gestalten: Das Simulationszentrum ist ein ehemaliger OP-Saal, die Ärzte tragen OP-Kleidung und die Medikamente, die die Puppe bekommt, sind abgelaufene Originalmedikamente. Über Kameras und Headsets beobachten die Kollegen im Kontrollraum jeden Schritt. Normalerweise kontrolliert auch Frank Hokema als Betreuer das Geschehen von dieser Seite:

    "Also hier befinden wir uns im Moment gerade im Steuerungsraum und können sehen, dass auf der einen Seite über das Laptop die Puppe angesteuert werden kann. Und wir haben halt die Möglichkeit, die Vitalzeichen so zu verändern, dass sich konkrete klinische Probleme ergeben."

    In der Kinderanästhesie sind solche Übungen besonders wichtig, da viele Ärzte wenig Erfahrung mit den Kleinen haben. Nur fünf Prozent aller Patienten, die eine Operation brauchen, sind Kinder. Doch gerade bei ihnen ist schnelles Handeln lebenswichtig, so Prof. Claudia Philippi-Höhne, Kinderanästhesistin am Uniklinikum Leipzig.

    "Die Kinder brauchen mehr Sauerstoff, weil sie noch in der Wachstumsphase sind. Aber das heißt: Wenn es zu einer Sauerstoffmangelsituation kommen würde, dann ist einfach die Fähigkeit diese Phase des Sauerstoffmangels auszuhalten viel, viel kürzer – zum Beispiel bei einem Säugling nur eine halbe Minute."

    Der Anästhesist muss die Narkose also zügig einleiten und sofort auf Stoffwechselveränderungen reagieren können. Doch nicht nur Komplikationen während der Narkose sind gefürchtet. Mediziner diskutieren auf dem Kongress auch, ob die Narkose selbst für das Kind schädlich ist.

    "Wir wissen auch aus Beobachtungen aus den USA, dass Kinder, die mehr als zwei Narkosen im Kleinkindalter hatten, dass sie wahrscheinlich ein Lerndefizit haben. Aber man muss sagen: Diese Kinder waren alle lange im Krankenhaus, sie hatten alle eine Operation gehabt, sie waren alle von ihren Eltern getrennt."

    Diese äußeren Umstände könnten genauso zur Lernschwäche geführt haben. Zwei internationale Studien wollen das jetzt genau herausfinden. Dazu vergleichen sie die Wirkung einer regionalen Anästhesie mit der einer Vollnarkose. Denn Tierexperimente haben gezeigt: Vor allem die Schlafmittel, die zur Vollnarkose benötigt werden, führen zum Absterben von Zellen im sich entwickelnden Gehirn. Doch ob sich diese Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen, ist bisher unklar.

    So ist das menschliche Gehirn – gerade in seiner Entwicklungsphase – enorm plastisch. Häufig sind Lernstörungen, die nach einem Eingriff auftreten, reversibel. Daher meint Dr. Karin Becke, Sprecherin des Arbeitskreises Kinderanästhesie:

    "Ist der Eingriff indiziert, dann muss auch die Narkose kompetent und vollständig sein. Denn wir wissen sehr wohl, dass eine zu flache Narkose oder vor allem auch die nicht ausreichende Schmerzbekämpfung zu langfristigen Störungen in der Entwicklung führen kann."

    Denn das sind traumatische Erlebnisse für die Kinder. Nur die richtige Balance aus Schlafmitteln, Schmerzmitteln und regionalen Betäubungsmitteln ermöglicht eine schonende Narkose. Dafür braucht der Anästhesist neben modernen Überwachungsmethoden, auch Erfahrung. Und die kann er mittlerweile in modernen Simulationszentren sammeln, wie dem an der Uniklinik Leipzig. Dort wird gerade noch mal der Blutdruck der Kinderpuppe gemessen und Dr. Frank Hokema weist unter Beobachtung seiner Kollegen an, das Schmerzmittel in den rechten Arm zu spritzen.

    "Was hast du da? Fenta?" - "Fenta - Fentanyl." - "Dann 30 Mikrogramm Fentanyl bitte."