Und genau das will die NASA jetzt ändern. Sonde "Lucy" soll gleich sieben dieser rätselhaften Himmelskörper besuchen - geplanter Start am Samstag, 26. Oktober 2021. Für Franck Marchis am kalifornischen SETI-Institut sind sie vor allem aus einem Grund spannend: "Trojaner sind Asteroiden, die irgendwann von einem Planeten eingefangen wurden.
Sie stammen aus allen möglichen Ecken des Sonnensystems und aus unterschiedlichen Zeiten. Besonders die Trojanerschwärme des Planeten Jupiter entsprechen dem gemischten Inhalt eines Staubsaugerbeutels."
Trojaner wie ein Staubsaugerbeutel
Und genau wie bei einem Staubsauger zuhause, lässt sich daraus viel über die Umgebung drumherum lernen: "Wenn Sie bei sich zuhause staubsaugen und danach den Beutel öffnen, dann finden Sie darin alles Mögliche: Essensreste, Spielzeug Ihrer Kinder und noch vieles mehr. Wenn Sie das alles untersuchen, können Sie daraus schließen, woraus Ihr Haushalt besteht und wer in Ihrem Haus lebt."
Der Jupiter ist der größte Planet im Sonnensystem. Er verfügt wahrscheinlich über Tausende von Trojanern. J.J. Kavelaars vom Herzberg-Institut für Astrophysik im kanadischen Victoria ergänzt: "Das sind Objekte, deren Umlaufbahn der des jeweiligen Planeten entspricht. Sie fliegen Jupiter entweder voraus oder bleiben ein Stück zurück. Sie umkreisen also nicht den Planeten, sondern sie kreisen mit ihm um die Sonne."
Aus den Anfängen des Planetensystems?
Die Trojaner sammeln sich an den sogenannten Lagrange-Punkten. Das sind Positionen auf der Umlaufbahn eines Planeten, an denen sich die Anziehungskräfte der Sonne und – in diesem Fall: Jupiters aufheben. Da lässt sich's aushalten, findet der Astronom Apostolos Christou vom Armagh Observatorium und Planetarium in Nordirland: "Einige dieser Trojaner könnten schon seit Milliarden von Jahren dort sein, seit der Bildung unseres Planetensystems. Die einzige Chance, solche Objekte zu beobachten, wäre, ein Raumschiff dorthin zu schicken und nach ihnen zu suchen."
"Lucy-Fossil" Vorbild für Mission
Gesagt – getan. Und genau hier kommt jetzt Lucy ins Spiel, die neueste Raumsonde der US-Raumfahrtbehörde NASA.
Der Name ist ausnahmsweise mal keine Abkürzung. Lucy ist benannt nach dem mehr als drei Millionen Jahre alten Teilskelett einer Frau, das Archäologen in den 70er Jahren in Äthiopien gefunden haben.
Cathy Olkin vom Southwest Research Institute in Boulder im US-Bundesstaat Colorado ist die stellvertretende Chefwissenschaftlerin der Mission - und erklärt die Namenswahl: "Das Lucy-Fossil hat unser Verständnis der menschlichen Evolution bereichert. Genauso soll die Lucy-Mission zu den Trojanern unser Wissen über die Entwicklung des Sonnensystems erweitern. Die Trojaner sind Fossile, die bei der Entstehung der Planeten übrig geblieben sind."
Trojaner vom Rand des Sonnensystems?
Aber wo sind die Trojaner entstanden? Zusammen mit Jupiter und damit in seiner Nähe? Waren sie also immer schon da, wo sie heute sind, und teilen sich die Umlaufbahn nun mit ihm?
Manche Astronomen mutmaßen, sie kämen aus dem Kuiper-Gürtel, jener Ansammlung von Eis- und Gesteinsbrocken am Rand des Sonnensystems. Dann könnte es auf ihnen heute noch Wassereis geben - theoretisch.
Cathy Olkin: "Deshalb besuchen wir mit Lucy so viele unterschiedliche Objekte. Um ihre Vielfalt zu verstehen, müssen wir mehrere von ihnen untersuchen. Wir gehen auf eine Art Roadtrip – eine Reise, die vier Milliarden Kilometer lang ist. Unterwegs besuchen wir sieben verschiedene Himmelskörper. Das ist ein Rekord für eine einzelne Weltraummission!"
Zwischendurch zum Schwung holen zur Erde
Die gesamte Mission hat die NASA auf zwölf Jahre angesetzt. Nach dem Start wird Lucy zunächst zweimal zur Erde zurückkehren, um Schwung zu holen für die Reise ins äußere Sonnensystem.
Und das dauert. Erst 2027 soll die Sonde den ersten Trojaner in Jupiter-Nähe erreichen, erklärt Olkin. "Wir können nicht anhalten, jedes Objekt besuchen und viel Zeit dort verbringen. Dies ist eine Fly-By-Mission. Die Sonde wird die Trojaner passieren und ihre Messungen im Vorbeiflug anstellen; und zwar so viele wie möglich."
Nach Ablauf der zwölf Jahre hoffen Astronomen endlich erklären zu können, woraus die geheimnisvollen Trojaner bestehen – und wo sie herkommen.