NASCAR-Rennen in den USA
Der Sport der Trump-Fans

NASCAR ist die beliebteste Motorsportserie in den USA. 2016 gab der NASCAR-Chef eine Wahlempfehlung für Trump ab. Inzwischen versucht die Rennserie, unpolitisch zu wirken – während viele Fans bei Rennen ganz offen ihre Unterstützung für Trump zeigen.

Von Maximilian Rieger |
Donald Trump steht mit dem Rücken zur Kamera. Er winkt in Richtung einer sehr großen Tribüne voller Menschen auf der anderen Seite der Rennstrecke.
Donald Trump bei NASCAR: Viele überzeugte Anhänger für den Präsidentschaftskandidaten. (IMAGO / Jeffrey Vest / Icon Sportswire)
Eine Stunde vor Rennbeginn wirkt der Las Vegas Motor Speedway wie ein verschlafener Campingplatz. Generatoren produzieren Strom für riesige Wohnmobile, mehr als hundert stehen nebeneinander im Inneren des Asphalt-Ovals. Zwischen den Wagen sitzen Familien und Freunde in der Sonne, gucken Football auf großen Fernsehern oder unterhalten sich. Über vielen Wohnmobilen wehen Flaggen – mit den Lieblingsfahrern, den Lieblingsteams und dem Lieblingspolitiker: Donald Trump.
Die Trump-Flagge hinter seinem Wohnmobil habe sein Nachbar aufgehangen, sagt Bob Martin, 52 Jahre alt, Sonnenbrille, weißer Vier-Tage-Bart. Leider müsse man in diesen Zeiten zeigen, auf welcher Seite man steht.
Nascar-Fan Bob Martin trägt eine Schirmmütze und Gehörschutz. Er lächelt in die Kamera.
Nascar-Fan Bob Martin (Rieger/Dlf)
Nicht alle, die hier campen, sind so überzeugte Trump-Fans wie Bob Martin. Aber würde die Präsidentschaftswahl in diesem Mikrokosmos stattfinden – Trump würde haushoch gewinnen.

Nascar-Fans politisch "mitte-rechts bis rechts"

„Die meisten NASCAR-Fans haben politische Einstellungen die von mitte-rechts bis rechts reichen.“, sagt Joshua Vadeboncoeur. Er forscht an der Gardner-Webb Universität zu den Einstellungen von NASCAR-Fans.
Die politische Haltung der Fans hat viel mit dem Ursprung des Sports zu tun. Während der Prohibition in den 20er- und 30er-Jahren liefern Kuriere im Südosten der USA verbotenerweise selbstgebrannten Whiskey aus – um der Polizei zu entkommen, müssen ihre Autos schnell und wendig sein. In der Region entstehen daraus Autorennen.
Als NASCAR 1948 als Organisation gegründet wird, sind aber nur noch wenige der ehemaligen Alkohol-Kuriere mit dabei – die Gründer von NASCAR nutzen deren Ruf aber trotzdem als Gründungsmythos, erzählt Vadeboncoeur: „Sie nutzen das, um NASCAR als Südstaaten-Sport für einfache Menschen zu bezeichnen. Aber dieses Draufgängertum war eher eine Übertreibung, um dem Sport ein romantisches Südstaaten-Image zu geben.“

Fast nur Weiße im Starterfeld

Zur Realität gehört aber auch: Diskriminierung von Schwarzen ist in den Südstaaten damals Alltag. Und NASCAR ist ein Sport der Weißen – bis heute. In der wichtigsten NASCAR-Meisterschaft sind seit 1949 nur acht Schwarze Fahrer an den Start gegangen. Aktuell ist Bubba Wallace der einzige Afroamerikaner im Starterfeld.
2020 wird in seiner Garage ein Zugseil fürs Garagentor entdeckt, das wie ein Strick geknotet ist – ob absichtlich oder Zufall, kann nicht aufgeklärt werden. NASCAR und das Fahrerfeld solidarisieren sich mit Wallace. Für NASCAR-Fan Bob Martin war dies der Moment, als NASCAR politisch wurde – ihm gefällt es nicht, dass der Vorfall dafür genutzt wurde, mehr Diversität zu fordern.
Man sei offen für alle gewesen, bevor ihnen Offenheit aufgezwungen wurde, sagt Martin. Als er aufgewachsen ist, sei nicht über die Hautfarbe diskutiert worden. Jetzt werde das Thema in die Köpfe der Menschen hineingepresst und so getan, als ob das das wichtigste politische Thema sei – er glaube aber nicht, dass die Menschen so fühlen. Er sage zwar nicht, dass es innerhalb von NASCAR keine Rassisten gebe. Aber er glaubt, dass sich die Leute entwickelt haben und weiter stolz auf ihre Herkunft sind.
Für NASCAR-Experte Joshua Vadeboncoeur stehen diese Aussagen sinnbildlich dafür, dass die USA die Geschichte der Sklaverei und Rassentrennung nie ausreichend aufgearbeitet haben. Für NASCAR als Organisation sieht er noch ein anderes Problem: „Anders als andere Ligen hat NASCAR das große Problem, dass sie ihre eigene Identität nicht verstehen, gerade in Bezug auf die Südstaaten-Werte.“

Bleibt NASCAR beim Südstaaten-Image?

Wenn NASCAR weiter expandieren und attraktiv für neue Fans werden wolle, müsse man dieses Südstaaten-Image ablegen. Dies könnte im Gegenzug dazu führen, dass die bisherigen Hardcore-Fans NASCAR verlassen:
„Die Fans fürchten, dass ihnen jeden Moment NASCAR weggenommen werden könnte. Sie sehen NASCAR als die eine Freizeit-Aktivität, die noch nicht von den in Anführungszeichen „Woken Populisten“ oder der „Linken Agenda“ verändert wurde.“
Drei Rennautos fahren über die Strecke. Davor steht ein Mann auf dem Dach seines Wohnmobils. Neben ihm weht eine Flagge, die für Donald Trump wirbt.
Die politische Einstellung vieler Nascar-Fans ist an ihren Fahnen abzulesen. (Rieger/Dlf)
Dieses Image hat NASCAR in der Vergangenheit auch selbst kultiviert, durch enge Verbindungen in die Politik. NASCAR-Gründer Bill France ist 1972 Teil des Präsidentschaftswahlkampfes von George Wallace, einem Verfechter der Rassentrennung. 2016 spricht sein Enkel Brian France eine Wahlempfehlung für Donald Trump aus. Aber inzwischen hält sich NASCAR politisch zurück, sagt Vadeboncoeur:
„Die Führung von NASCAR versucht, auf ihre Sprache zu achten und keine Haltung in irgendeine Richtung einzunehmen. Das hat nicht unbedingt mit den Werten der Führungspersonen zu tun, sondern mit Geschäftssinn.“
Ein Beispiel dafür: 2020 verbietet NASCAR, die Flagge der Konföderierten Staaten von Amerika bei Rennen zu zeigen. Obwohl die Flagge ein Symbol der Sklaverei ist, kritisieren viele Fans das Verbot. Aus dem aktuellen Wahlkampf hält sich NASCAR größtenteils heraus. Im Frühjahr war aber Donald Trump bei einem Rennen zu Gast. Für Fan Bob Martin ein Zeichen von Volksnähe: NASCAR und Trump – das passt weiterhin zusammen.