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Nasentropfen und -sprays
Probleme bei Dauerkonsum

Nasensprays und -tropfen bringen bei verstopfter Nase Erleichterung und helfen zur Gesundung bei einer Erkältung. Doch übermäßiger Konsum kann zu einer Abhängigkeit führen und langfristig Gefäße schädigen. Abschwellende Mittel sollten deshalb nur in akuten Erkältungsphasen angewendet werden.

Von Justin Westhoff |
    Bei Dauerkonsum können Nasensprays zu gesundheitlichen Problemen führen.
    Bei Dauerkonsum können Nasensprays zu gesundheitlichen Problemen führen. (imago)
    Nicht jede Bloggerin gibt auf Youtube nur Kosmetiktipps oder zeigt ein Foto von ihrem süßen Freund.
    "Ich habe über zehn Jahre regelmäßig Nasenspray benutzt. Und wenn ich's halt nicht benutzt habe, hatte ich teilweise schon richtig Panik, weil ich halt zum Beispiel nicht richtig Luft bekam. Ich bin also definitiv süchtig geworden."
    Wovor die junge Frau aus eigener Erfahrung warnt, das ist der Dauergebrauch von abschwellenden Nasentropfen oder -sprays gegen Schnupfen. Erst einmal sind sie jedoch hilfreich, erläutert die HNO-Ärztin Dr. Katharina Stölzel von der Charité.
    "Die Nasenschleimhaut ist sehr, sehr gut durchblutet mit sehr vielen Gefäßen, und die abschwellenden Nasentropfen sorgen dafür, dass die Gefäße sich zusammenziehen, und dementsprechend wird dann auch die Schleimhaut kleiner."
    Doch es gibt das Problem des Dauerkonsums. Von Sucht möchte Dr. Ursula Sellerberg nicht sprechen. Sie ist Pressesprecherin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Aber zu einer Abhängigkeit kann es schon kommen.
    Nasenschleimhaut wird nicht mehr richtig durchblutet
    "Die klassischen Erkältungs-Nasensprays, die wirken sehr gut, aber wenn man sie zu lange einsetzt oder zu häufig nimmt, dann kommt es dazu, dass die Nasenschleimhaut nicht mehr richtig durchblutet wird, und wenn man die Nasensprays dann nicht mehr einsetzt, dann hat man wieder das Gefühl einer verstopften Nase. Und dann nimmt man wieder ein Nasenspray, und so kommt man in einen Teufelskreis rein."
    Was eigentlich bekämpft werden soll, tritt anschließend wieder stärker auf: Diesen medizinischen Rebound-Effekt bewirken die Nasenspray-Inhaltsstoffe – Sympathomemetika genannt –, erklärt Dr. Katharina Stölzel.
    "Wenn man die sehr häufig benutzt, kann es sein, dass es zu Schädigungen der Gefäße kommt, dadurch kommt es zu einer Einlagerung von Wasser in die Schleimhaut, und dadurch passiert es halt, dass wiederum die Nase anschwillt, und das ist der Rebound-Effekt."
    Anwendung nur in akuten Erkältungsphasen
    Um den zu vermeiden, sollte man abschwellende Nasentropfen nur in der akuten Erkältungsphase anwenden, maximal bis zu einer Woche dreimal täglich. Manche Menschen aber schauen nicht in den Beipackzettel, für andere ist es schwierig, die Vorschriften immer einzuhalten. Warnen Apotheker nicht genug vor dem Dauergebrauch, wie die ehemals jahrelang abhängige Bloggerin beklagt?
    Warum hat mir das vorher keiner gesagt? Das Problem ist, man kommt halt so einfach dran.
    "Wenn man Stammkunde in einer Apotheke ist, dann kann es durchaus sein, dass man vom Apotheker darauf hingewiesen wird im Sinne von: 'Sie kaufen jetzt jede Woche Nasenspray, das ist aber zu häufig'. Es ist was anderes, wenn man jetzt jedes Mal in eine andere Apotheke geht – woher soll der Apotheker das wissen, dass man das falsch einsetzt."
    Anders als bei uns müssen in manchen Ländern Nasensprays verschrieben werden. Verbandssprecherin Dr. Ursula Sellerberg hält nichts von einer solchen Rezeptpflicht für Deutschland.
    "Die Nasensprays bekommt man ja aus gutem Grund nur in der Apotheke, damit der Apotheker in der Selbstmedikation auch entsprechend beraten kann. Würde man jetzt sagen alle Nasensprays, alle Nasentropfen werden rezeptpflichtig, das wäre natürlich ein enormer Aufwand, dann müsste man ja mit jedem Schnupfen zum Arzt. Das würde ja auch volkswirtschaftlich unglaubliche Kosten aufwerfen."
    Wobei allerdings die meisten Patienten ohnehin oft und schon gar bei heftiger Erkältung ihren Hausarzt aufsuchen.
    Tipp zum Abgewöhnen: Die Ein-Loch-Methode
    Was aber tun, wenn man das Risiko einer Abhängigkeit unterschätzt oder ignoriert hat und meint, nicht mehr ohne Nasensprays auskommen zu können? Die Apothekerin hat einen guten Tipp:
    "Da gibt es die so genannte Ein-Loch-Methode, und die bedeutet: Man entwöhnt sich erst mal auf einer Seite, dann ist dieses Nasenloch erst mal verstopft, das gibt sich aber nach ein paar Tagen wieder, und wenn dann das linke Nasenloch frei ist, dann macht man das gleiche mit dem rechten Nasenloch, und so kann man sich doch relativ eigenständig von dieser Gewöhnung wieder befreien."
    Es gibt ferner eine Reihe von Alternativen zu den Anti-Schnupfen-Sprays. Dazu gehören Nasenduschen, quasi als Teil der Morgentoilette. Vielleicht gehört am Anfang etwas Überwindung dazu, aber regelmäßige Nasenspülungen können zur Erkältungs-Prophylaxe beitragen. Weit weniger problematisch als die Abschweller und gut verträglich sind auch Nasensprays mit Salzlösungen. Sie reinigen das Riechorgan, verflüssigen den Schleim und lösen verkrustete Borken ab. Bei Heuschnupfen wiederum sind Cromoglicinsäure, Kortikoide und Antihistaminika angezeigt. Vor einer anderen Sorte warnt die HNO-Ärztin Dr. Katharina Stölzel jedoch:
    "Die ganzen pflegenden Nasensprays oder auch Salben, einige sind ölhaltig, was man gerne nutzt, wenn die Nase sehr trocken ist, aber es gibt halt immer wieder Berichte darüber, das Lungenentzündungen entstehen können durch eine Embolie von den Fetten, und man sollte sehr zurückhaltend sein und die Indikation sollte sehr, sehr streng gestellt werden."
    Die Arzneimittelkommission der Apotheker sagt sogar, man solle diese Mittel möglichst gar nicht einsetzen, eben weil man kleinste ölige Partikel einatmen kann. Anders ist es bei Salben, mit denen man nur den Naseneingang pflegen möchte, hier besteht wohl keine Gefahr.
    Vorsicht bei Kindern
    Besonders bei Kindern sollte man im Übrigen damit und vor allem mit abschwellenden Nasentropfen sehr zurückhaltend sein, sagt Dr. Rainer Stange vom Immanuel-Krankenhaus Berlin.
    "Diese Stoffe werden ja nicht nur auf der Nasenschleimhaut wirksam, sondern sie werden ja zum Teil in den Körperkreislauf aufgenommen, und da sind natürlich Kinder und Kleinkinder, die häufig verstopfte Nasen haben, wesentlich empfindlicher."
    Zumal es auch, für Kleine wie für Große, weitere Nebenwirkungen geben kann wie üble Geruchsempfindungen, lokale Reizungen oder Überempfindlichkeitsreaktionen. Recht selten sind Effekte auf das Herz-Kreislauf-System. Dennoch sagt die Ärztin Dr. Katharina Stölzel:
    "Patienten mit schweren Herzerkrankungen, die sollten zumindest zuvor ihren Kardiologen noch mal konsultieren, weil durch die Gefäßverengung kann es sein, dass das Herz mehr arbeiten muss."
    Insgesamt aber bringen die Sprays bei verstopfter Nase Erleichterung und helfen zur Gesundung bei der Erkältung – wenn man sie nicht zu lange benutzt. Wobei man auch auf die Hygiene achten sollte, erinnert die Apothekerin Dr. Ursula Sellerberg.
    Bei Nasensprays auf die Hygiene achten
    "Jeder Mensch, auch in der Familie, braucht sein eigenes Nasenspray, das liegt einfach daran, man kann eigentlich nicht verhindern, dass Sekretreste oder Bakterien an diese Tülle gelangen, und man würde sich halt gegenseitig anstecken."
    Abschließender Tipp deshalb: Es gibt statt Spray-Fläschchen Nasentropfen in Einzelportionen – die sind etwas teurer, aber das ist immer noch besser, als die Schniefnase ständig weiter zu reichen.