Die Bekämpfung der Corona-Pandemie ist kein Sprint, sondern ein Marathonlauf. Welche Länder sich dabei am Ende besonders gut schlagen werden, lässt sich heute noch nicht sagen, zumal neue Virusvarianten wie Omikron die Situation immer wieder verändern. Mit der Folge, dass Länder, deren Strategie anfangs erfolgreich schien, plötzlich ins Hintertreffen geraten.
Zu Beginn der Pandemie gab es da düstere Prognosen: Wenn SARS-CoV-2 erst einmal Afrika erreicht, dann würde es dort innerhalb eines Jahres 70 Millionen Infizierte geben, drei Millionen Tote. Wenn man sich den tatsächlichen Verlauf der Pandemie ansieht, dann finden sich die Hotspots der Infektionen mal in Amerika, mal in Südostasien und vor allem immer wieder in Europa. Afrika dagegen fällt in den globalen Statistiken kaum auf.
- Besteht das Afrikanische Paradox der vergleichsweise niedrigen Coronazahlen fort?
- Wie hat Südafrika auf die Pandemie reagiert?
- Welche Probleme gab es bei der Versorgung mit medizinischem Material?
- Wie hat es sich ausgewirkt, dass das globale Impfprogramm ausgebremst wurde?
- Wie erfolgreich ist Südafrika im Kampf gegen Omikron?
1. Besteht das Afrikanische Paradox der vergleichsweise niedrigen Coronazahlen fort?
Laut der Weltgesundheitsorganisation wurden vier Prozent der globalen Infektionen in Afrika registriert und drei Prozent der Todesfälle. Dabei stellt Afrika rund 17 Prozent der Weltbevölkerung, also diese düsteren Prognosen haben sich nicht bewahrheitet, im Gegenteil.
Konkret sieht es aber in Südafrika nicht ganz so gut aus. Das Land verzeichnete über lange Strecken der Pandemie rund die Hälfte der Covid-Fälle in Afrika. Das dürfte damit zusammenhängen, dass Südafrika besser aufgestellt war, etwa bei Tests. Es ist möglich, dass der besonders milde Verlauf der Pandemie in Afrika zum Teil mit Problemen bei der Dokumentation zusammenhängt.
2. Wie hat Südafrika auf die Pandemie reagiert?
Der erste Coronafall kam aus Italien. Südafrika schloss die Grenzen, es gab Ausgangssperren, die Schulen waren geschlossen, es galt ein Alkoholverbot, weil es auf Feiern viele Ausbrüche gegeben hatte. Dass wurde von Polizei und Militär rabiat und zum Teil mit Gewalt durchgesetzt. Da gab es auch viel Kritik. Wie viele afrikanische Länder hat Südafrika aufgrund der HIV-Pandemie oder dem Ebola-Ausbruch viel Erfahrung mit Dingen wie Fiebermessen an den Grenzen oder Kontaktnachverfolgung. In der Corona-Pandemie sind in Südafrika zeitweise 60.000 Gesundheitsmitarbeiterinnen- und Mitarbeiter in den am stärksten betroffenen Provinzen von Tür zu Tür gegangen, haben nach Symptomen gefragt und Infizierte isoliert. Da gab es einfach viel Expertise.
3. Welche Probleme gab es bei der Versorgung mit medizinischem Material?
In der Anfangszeit waren vor allem die Tests Mangelware in ganz Afrika, auch weil viele andere Länder Exporte untersagt haben. Die Afrika CDC, eine Gesundheitsbehörde aller afrikanischen Staaten, stellte deshalb schnell eine Art Einkaufsgemeinschaft auf die Beine, über die Tests und medizinisches Material und später auch Impfstoffe organisiert wurden. Südafrika war da besser aufgestellt und hat in den Nachbarstaaten ausgeholfen. Es gibt dort viele Forscher. Das erste Corona-Genom wurde in Südafrika nur einem Monat nach dem ersten Fall veröffentlicht. Das Land hat ja auch schnell die Bedeutung der Beta- und später die Omikron-Variante entdeckt und die Daten weltweit geteilt. Als Dank wurde Südafrika dann zeitweise isoliert, mit schweren wirtschaftlichen Folgen.
4. Wie hat es sich ausgewirkt, dass das globale Impfprogramm ausgebremst wurde?
In Afrika sind nur zehn Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Südafrika steht besser da, dort ist inzwischen mehr als jede und jeder Vierte geschützt. In Deutschland liegt der Anteil aber dreimal so hoch. Es ist ganz klar: Das Versprechen der Welt und auch der westlichen Länder einer globalen Impfkampagne ist nicht eingelöst worden. In Südafrika gab es eine besondere Herausforderung. Das Land hatte vor allem auf das AstraZeneca-Vakzin gesetzt, aber das wirkte schlecht gegen die damals dort dominante Beta-Variante. Die Dosen wurden deshalb an andere afrikanische Länder weitergegeben, während in Südafrika mit etwas Verspätung dann mit Johnson&Johnson und Biontech/Pfizer geimpft wurde.
5. Wie erfolgreich ist Südafrika im Kampf gegen Omikron?
Die Omikronwelle ist in Südafrika schon wieder am Abflauen. Obwohl die Infektionszahlen so hoch waren wie nie, blieb die Zahl der Toten weit hinter früheren Wellen zurück - und das trotz des eher niedrigen Impfschutzes. Südafrika musste wie viele Staaten in Afrika notgedrungen vor allem auf klassische epidemiologische Maßnahmen wie Kontaktverfolgung, Isolation und Ausgangssperren setzten. Das war recht erfolgreich. Die Inzidenz lag im Vergleich zu Deutschland deutlich niedriger. Trotzdem ist die Zahl der Coronatoten in Südafrika auf die Bevölkerung bezogen ungefähr so hoch wie hierzulande. Da wirken wohl zwei Effekte gegeneinander: die medizinische Kapazität ist vor allem im Intensivbereich längst nicht so gut. Andererseits beträgt das Durchschnittsalter in Südafrika nur 27 Jahre, dort leben also viel weniger Risikopersonen.
In Südafrika greift der Blick auf die Coronasterblichkeit aber zu kurz. Im Lockdown wurden Gesundheitsprogramme wie Kinderimpfungen oder die Betreuung von HIV- und Tuberkulosepatienten unterbrochen. Wohl auch deshalb liegt die Übersterblichkeit in Südafrika während der Pandemie fast sechs Mal so hoch wie in Deutschland. Im Management der Pandemie war Südafrika also eigentlich recht erfolgreich. Die düsteren Warnungen haben sich in der Form nicht bestätigt. Trotzdem hat Corona hat das Land und den Kontinent hart getroffen.