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Nationale Sportverbände
Bananenrepublik Sportdeutschland

7,5 Millionen Euro an zusätzlichen staatlichen Fördergeldern haben deutsche Sportverbände nicht abgerufen. Nicht nur deshalb seien der Deutsche Olympische Sportbund und manche Spitzensportverbände personell, organisatorisch und nicht selten auch fachlich überfordert, kommentiert Bianka Schreiber-Rietig.

Von Bianka Schreiber-Rietig |
    Alfons Hörmann, Präsident Deutscher Olympischer Sportbund DOSB am 12. 04. 2018 in Berlin
    Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) (imago sportfotodienst)
    Lästern wir nie mehr über Bananenrepubliken! Wir befinden uns gerade selbst in einer. Das Sportdeutschland des Alfons Hörmann spiegelt als Mikrokosmos den Abklatsch dieser Bananenrepublik wider. Seit vor vier Jahren Bundesinnenministerium und Deutscher Olympischer Sportbund sich zur Reform des Leistungssports entschlossen, sind Anarchie und Chaos in Sportdeutschland angesagt.
    Der Präsident dieser Bananenrepublik, Alfons Hörmann, hat sich und die Seinen schlicht überschätzt. Personell, organisatorisch und nicht selten auch fachlich sind DOSB und manche Spitzensportverbände überfordert. Eine Reform so im Vorbeigehen durchziehen zu wollen - das grenzt schon an Größenwahn.
    Wenn man bereits an Antragsformularen scheitert, dann wird so ein komplexes Themenfeld wie eine Neustrukturierung der Verbandslandschaft schnell zu einem Sisyphus-Trauma. Nix geht richtig voran. Es ist ein schlechter Witz, wenn Sportverbände sich als Ausrede für eigene Inkompetenz über zu viel Bürokratie aufregen: Jeder in diesem Land, der Geld vom Staat haben möchte, muss auch begründen, wofür.
    Kumpelhaftes Verhältnis ziemlich zerrüttet
    Warum sollte das für den Sport nicht gelten? Die Funktionäre sind da verwöhnt. Auch als der DOSB noch DSB hieß, wurde bei launigen Pilsrunden, "ohne Papierkrieg" mit der Politik an der Theke manches Problem gelöst. Diese hemdsärmelige Vorgangsweise haben viele verinnerlicht.
    Kritiker sehen Sportorganisationen wie den DOSB als Staat im Staate mit zu vielen - vor allem finanziellen - Privilegien. Im Laufe der Jahre hat sich eine überzogene Anspruchshaltung entwickelt. Werden Forderungen des Sports nicht erfüllt, dann wird sofort mit Sportdeutschlands Untergang gedroht. Die Politik spielt dieses Spiel noch immer mit, mal mehr, mal weniger.
    Seit Bund und DOSB die Reform am Bein haben, ist das einst so kumpelhafte Verhältnis allerdings ziemlich zerrüttet. Gegenseitiges Vertrauen dahin, Zusammenarbeit holprig, Kommunikation zeitweise unterirdisch. Stimmt nicht ganz, zumindest seitdem Horst Seehofer das BMI übernommen hat..
    Die Reform ist nur noch Makulatur
    Denn die beiden Führungskräfte und CSU-Parteifreunde verstehen einander nicht nur gut, sondern sind einander in vielem sehr ähnlich. Horst Seehofer pflegt in seinem Ministerium ähnlich wie Hörmann im DOSB die Anarchie. Dazu passt auch Hinterzimmerpolitik ziemlich gut. Und deshalb liebt der oberbayerische Minister besonders das Zwiegespräch mit dem Allgäuer DOSB-Präsidenten.
    Die ministeriumseigene Fachabteilung muss öfter draußen bleiben, wenn der König von Sportdeutschland seine Wünsche vorträgt. Oder heißt das mauscheln? Transparenz und Glaubwürdigkeit seien Voraussetzung für die Umsetzung der Reform, versprachen die Protagonisten aus Bund, Ländern und Kommunen. Das Gegenteil ist passiert.
    Die politische Führung des BMI hat sich von einem einst klaren Kurs verabschiedet. Der Minister konterkariert die Arbeit seiner Abteilung. Im laufenden Prozess werden ständig Spielregeln verändert – die Reform ist nur noch Makulatur. Aber der Sport bekommt mehr Geld – und somit hat der DOSB wohl das einzig wahre Reformziel erreicht, das er von Anfang hatte: Mehr Kohle abzugreifen.
    Haushälter verstehen sich als generöse Gute-Laune-Bären
    Wer kontrolliert eigentlich noch, was da abgeht? Das Parlament? Der Sportausschuss? Als ernstzunehmendes Fachgremium ist es nahezu ein Totalausfall. Dass er noch da ist, signalisiert ab und zu der Linke André Hahn, weitere Lebenszeichen gibt es sporadisch von den Grünen und der Vorsitzenden Dagmar Freitag.
    Die Haushälter verstehen sich als generöse Gute-Laune-Bären. Manchmal sind sie auch sauer. Als der Streit um die Fördermittel zwischen BMI und DOSB letztes Jahr eskalierte, beauftragen sie den Bundesrechnungshof die Reformumsetzung zu überprüfen. Ergebnis: "Mission bisher vom DOSB nicht erfüllt!" Trotzdem fließen weiter Mittel.
    Der Präsidentenzug ist bereits abgefahren
    "Mehr Geld" war das durchschlagende Argument des DOSB-Präsidenten, mit dem er die Verbände bei Laune und auf Kurs hielt. Bisher hat die Methode Hörmann immer funktioniert. Nun steht die Mitgliederversammlung in Düsseldorf mit Wahlen an. Der Präsidentenzug ist bereits abgefahren: Der alte wird wohl auch der neue Vorturner sein.
    Trotzdem hätten die scheinbar in Lethargie gefallenen Verbände die Chance, dem Mann an der Spitze zu zeigen, dass sie nicht alles mit sich machen lassen. Und einzufordern, was er verspricht: Transparenz, Glaubwürdigkeit, demokratischen Umgangsstil. Da bräuchte es allerdings Mannschaftsgeist und Fairplay. Aber selbst in der eigenen Truppe spielen einige böse Fouls. Und hinterlassen auch unappetitliche Schleimspuren um ihre eigene Funktionärskarriere zu befördern.
    Was auch sonst? Wir befinden uns schließlich in der Bananenrepublik Sportdeutschland.
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