Viele vage Formulierungen, keine konkreten Androhungen von Strafen für Unternehmen – Menschenrechtsorganisationen sehen nur minimale Verbesserungen in dem neuen Entwurf des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte, so auch Armin Paasch von Misereor:
"Eine Verbesserung besteht darin, dass die Bundesregierung von allen Unternehmen erwartet, dass sie menschenrechtliche Sorgfaltspflichten umsetzen. Es wird eine Zielmarke vorgegeben, dass 50 Prozent der Unternehmen mit über 500 Mitarbeiten bis 2020 das umgesetzt haben. Darin sehen wir Potenzial, allerdings gibt es auch einen Pferdefuß, nämlich dass in der Beschreibung der Sorgfaltspflicht die Wiedergutmachung der Schäden für Opfer nicht vorgesehen ist."
Konkret bedeutet das zum Beispiel für eine Näherin in Bangladesch, die Opfer eines Unfalls wird oder unter menschenunwürdigen Verhältnissen arbeiten muss, dass ihre arbeitsrechtliche Situation nicht verbessert wird. Sie könne ihre Rechte in Deutschland nicht geltend machen, wenn sie etwa für den Billig-Discounter Kik arbeitet, sagt Sarah Lincoln von der Organisation Brot für die Welt.
"Sie kann natürlich gegen Kik klagen. Das passiert aktuell am Landgericht Dortmund. Aber ihre Rechtsposition ist durch den Aktionsplan nicht gestärkt, weil Kik nicht verpflichtet wird, dafür zu sorgen, in den Fabriken auf Menschenrechte zu achten."
Unternehmen müssen weiterhin keine Bußgelder befürchten
Am Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte arbeiten fünf Bundesministerien. An dem aktuellen Entwurf, der uns vorliegt, aber noch nicht veröffentlicht ist, haben auch Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen in einem Steuerungskreis mitgearbeitet. Sie kritisieren, dass die Regierung die Unternehmen nicht genügend in die Pflicht nehme, sagt Armin Paasch.
"Unternehmen, die die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nicht erfüllen, müssen weder Bußgelder befürchten, noch Zivilklagen im Schadensfall, noch werden sie ausgeschlossen von staatlichen Förderungsmechanismen, wie der Außenwirtschaftsförderung, öffentlichen Aufträgen und Subventionen. Und das halten wir für absolut unbefriedigend."
Pläne anderer Länder sind viel konkreter
Die beteiligten Ministerien hätten zwei Jahre lang Zeit gehabt, die UN-Leitprinzipien, die solche Maßnahmen vorsehen, umzusetzen. Das Ergebnis sei trotzdem, dass weitere Prüfaufträge für die Zukunft formuliert würden. In Großbritannien und Frankreich seien die Pläne viel konkreter, sagt Sarah Lincoln.
"Ganz aktuell wurde beispielsweise jetzt im November in Frankreich in dritter Lesung ein Gesetz von der französischen Nationalversammlung angenommen, dass große französische Unternehmen gesetzlich verpflichten würde, einen Sorgfaltsplan aufzustellen, in dem sie Risiken erfassen müssen, auch in Bezug auf ihre Tochterunternehmen, ihre Lieferketten, und auch festlegen müssen, welche Maßnahmen sie ergreifen werden, um diesen Risiken entgegenzuwirken. Es drohen Bußgelder bis zu 30 Millionen Euro."
Auskünfte bleiben sehr vage
Die Bundesregierung hingegen plane ein Gesetz zur Offenlegung von sozialen und ökologischen Aspekten. Das beschränke sich aber auf 550 börsennotierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern, bemängelt Armin Paasch.
"Die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten werden dort nicht genannt, so dass wir davon ausgehen, dass die Berichte sehr vage sein werden und den Verbrauchern überhaupt keinen Einblick verschaffen über den Hintergrund der Produkte, die sie kaufen wollen."