Mit dem Titel "One Nation Under A Groove" ist die 29. Arbeitstagung der Gesellschaft für Popularmusikforschung, die vom 1. – 3. November in Mainz stattfindet, überschrieben, bei der über den Begriff der Nation und auch über Nationalismus und rechte Gesinnung in der Popmusik diskutiert wird.
Im rechts- oder nationalistisch orientierten Rock oder Pop tauche letztlich das komplette Themenspektrum auf, das insgesamt die Rechten oder auch sogenannte besorgte Bürgerinnen beschäftige, sagte Musikwissenschaftler Thorsten Hindrichs. "Das hat viel mit Heimat zu tun, das hat mit Selbstbestimmung versus Fremdbestimmung zu tun" – und es schlage schnell in Rassismus um.
Von Deutschpop bis Hip-Hop ist alles dabei
Stilistisch sei von dem, was man Deutschpop nenne über den klassischen Deutschrock bis zum deutschsprachigen Hip-Hop alles dabei. Auf der Tagung gehe es aber nicht nur um Rechtspopulismus oder –extremismus; es solle ganz grundsätzlich das Konzept "Nation" für die Tauglichkeit in der populären Musik überprüft werden.
Wie im US-Hip-Hop lasse sich auch bei Rappern aus Deutschland oder Österreich ein Wechselspiel zwischen globaler Orientierung und der Thematisierung des eigenen Nahfelds, der Region oder sogar Nation feststellen. "Wobei es bei Hip-Hop spannend zu beobachten ist, wie Hip-Hop immer dann besonders erfolgreich ist, wenn sich die Leute, die Hip-Hop machen, in der Diaspora verortet fühlen und ihr Outsidertum entsprechend feiern."
Rapper in der Diaspora geben den Outsider
Es gebe etwa auch eine überraschend breit aufgestellte Hiphop-Szene auf Sardinien oder auch in Katalonien, hier mit einem Diaspora-Gefühl gegenüber der Zentralregierung in Madrid.
Im Zusammenhang mit Rammstein oder auch dem Eurovision Song Contest – beide thematisch auf der Tagung vertreten – stellt sich für Hindrichs die Frage: "Gibt es nicht irgendwo einen Kipppunkt, wo aus einer reinen Repräsentation auch ein affirmatives oder im schlimmsten Fall nationalistisches Weltbild entspringt."
"Helene Fischer inszeniert sich unglaublich weltoffen"
Dass der deutsche Schlager und seine Hörerinnen und Hörer gerade wieder ein größeres Selbstbewusstsein entwickeln, stelle einige alte Gewissheiten auf den Kopf, sagte Hindrichs und konstatiert angesichts einer "weltoffenen" Helene Fischer und einer "reaktionären" Band wie Frei.Wild eine Verschiebung, die da stattgefunden habe: "Dass dieser total bürgerliche, spießige, miefige Schlager so etwas wie Moderne repräsentiert und der antibürgerliche Punkrock eigentlich das Gegenteil."
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