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"Ein bisschen Wut ist zu spüren"

Nach dem 0:2 gegen Polen herrscht Enttäuschung bei der deutschen Elf. Doch Bundestrainer Joachim Löw zeigt sich zuversichtlich vor dem EM-Qualifikationsspiel gegen Irland: "Wir liegen jetzt nicht am Boden nach der Niederlage", sagte er im Deutschlandfunk.

Jogi Löw im Gespräch mit Martin Roschitz |
    Bundestrainer Joachim Löw
    "Die Niederlage wieder ausmerzen": Bundestrainer Joachim Löw zeigt sich gelassen vor dem EM-Qualifikationsspiel gegen Irland. (dpa / picture-alliance / Federico Gambarini)
    Martin Roschitz: Joachim Löw, nach der Niederlage gegen Polen - spüren Sie denn bei den Spielern vor dem Irland-Spiel jetzt auch so ein bisschen Wut im Bauch?
    Jogi Löw: Ich will mal sagen, die Enttäuschung war vorhanden, aber auch die Selbstkritik bei den Spielern - und ich glaube, dass wir alle uns bewusst sind, dass wir dieses Spiel in Gelsenkirchen unbedingt gewinnen wollen, die drei Punkte. Eine Wut? Vielleicht ein bisschen Wut ist zu spüren, aber wir sind nicht frustriert aufgrund einer Niederlage.
    Roschitz: Die Iren sagen, Deutschland wirkt wie so ein angeschlagener Boxer. Fühlen Sie sich so?
    Löw: Nein, das jetzt nicht unbedingt. Wir sind natürlich gewillt, das nächste Spiel jetzt zu gewinnen und diese Niederlage irgendwie wieder auszumerzen, sofern man das kann. Aber wir sind jetzt nicht am Boden liegend nach einer Niederlage, nach so vielen anderen Pflichtspielen.
    "Irland gibt nie nach"
    Roschitz: Muss man denn gegen die Iren wie in so einen Boxkampf gehen, weil die eben solche Fighter sind?
    Löw: Eines ist auf jeden Fall klar: Irland gibt nie nach, Irland gibt nie auf. Die werden alles tun, 90 Minuten rennen, 90 Minuten sich in die Zweikämpfe reinhauen. Also das erwartet uns. Und wenn wir da nicht dagegen halten, dann kriegen wir große Probleme.
    Roschitz: Einen Mann haben Sie ganz besonders hervorgehoben und gelobt nach dem Polen-Spiel, das war Karim Bellarabi, der gegen Polen sein Länderspiel-Debut gefeiert hat. Was zeichnet den so aus, dass Sie ihm das Vertrauen von Beginn an schenken?
    Löw: Ihn zeichnet aus, dass er einfach Eins-gegen-eins-Situationen ständig sucht, auch wenn er vielleicht mal hängen bleibt, dass er den Gegner bindet, dass er den Gegner irgendwie auch mit seinem Spiel in den Raum, im Spiel ohne Ball manchmal vor Probleme stellt. Er hat eine gute Technik, einen guten Torabschluss, und von daher hat er seine Sache jetzt im ersten Länderspiel wirklich beeindruckend gut gemacht. Und da gibt es für mich jetzt keine Veranlassung, ihn rauszunehmen.
    "Durm hat wahnsinnig gute Ansätze"
    Roschitz: Bei Deutschland ist der Durm drin - und das war nicht immer nur positiv gemeint - in den letzten Spielen. Was kann man da tun und was müssen Sie tun als Bundestrainer? Ihm einfach das Vertrauen schenken und dann eben wieder auch gegen Irland von Beginn an bringen?
    Löw: Ihn so ein bisschen auch bestärken in seinem Können und in seinen Fähigkeiten. Auch wenn er mal einen Fehler macht, diese Fehler werden ja immer mal angesprochen, aber ihn muss man bestärken. Er ist gut, er hat wahnsinnig gute Ansätze. Die will ich unbedingt die nächsten Jahre fördern. Das ist meine Aufgabe.
    Roschitz: Oliver Bierhoff hat in diesem Zusammenhang gesagt, dass es Fehler gegeben hat beim DFB, auch in der Spielerausbildung, dass man sich zu sehr konzentriert hat auf den Spielertyp Marke Götze, Marke Kroos, Marke Özil, und dass man die anderen Positionen vernachlässigt hat. Was muss der DFB tun?
    Löw: Die Trainer stellen natürlich die besonders guten Fußballer dann meistens so ins Mittelfeld oder in den Offensivbereich. Ich glaube, das ist ein wichtiger Ansatzpunkt für uns, eben auch mit Hansi Flick darüber mal zu diskutieren: Was kann man denn da machen? Man muss darüber reden. Das ist aber keine Sache, die man jetzt innerhalb von ein, zwei Jahren so einfach beheben kann, sondern das ist halt eben auch eine langfristige Angelegenheit.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.