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Nationalpark Hunsrück-Hochwald
Moore als Klimaschützer reaktivieren

Vor 200 Jahren legte man richtig los mit dem Trockenlegen von Mooren. Die unwirtlichen Feuchtgebiete sollten besiedelt, als Äcker und Grünland genutzt werden. Moore binden Kohlenstoff, entwässert man sie, dann setzen sie CO2 frei. Millionen Tonnen Treibhausgase emittiert die landwirtschaftliche Moornutzung. Jetzt versucht man gegenzusteuern.

Von Anke Petermann |
    Mondaufgang im Goldenstedter Moor im Oldenburger Münsterland in Niedersachsen.
    Moore, im Bild das Goldenstedter Moor in Niedersachsen, sind wichtige CO2-Speicher. (imago/blickwinkel)
    Erstaunlich feucht wirkt der Boden im Fichtenwald am Hang des Erbeskopfes, mit 800 Metern der höchste Hunsrück-Berg. Tief eingeschnitten ein vermeintlicher Bach, auf den ein Graben zuläuft. Kein intaktes Biotop, sagt Jan Hoffman, Projektleiter bei der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz. Der Fichtenwald wurde auf einem Hangmoor gepflanzt, der Graben diente zum Entwässern, der Forstweg oberhalb schneidet das Moor ab vom natürlichen Zufluss.
    Und was aussieht wie ein hübscher Bach, ist eine drei Meter tiefe Erosionsrinne. Da läuft das Regenwasser ab, das dieses Hochmoor zum Leben bräuchte. Nur ein paar Schritte weiter aber kippen Fichten um. Unten drunter wachsen riesige feuchte Mooskissen.
    "Hier sehen wir jetzt so ein Bereich, wo eine Entwässerung geschaffen wurde, die nicht funktioniert hat. Also hier wurden auch Entwässerungsgräben reingezogen. Aber ich weiß nicht woran es liegt, jedenfalls hat es hier nicht geklappt mit dem Urbar-Machen von Moor, sondern hier dümpeln im Grunde die Fichten vor sich hin. Von unten kommt trotzdem nach wie vor die Moor-Vegetation hoch. Solche Bereiche haben wir leider nicht ganz so arg viele. Aber vielleicht ist das noch mal ein ganz schöner Bereich, der dann Hoffnung gibt, dass wir auf lange Sicht die Gebiete auch entwickelt kriegen."
    Seltene Hangmoore zurückgewinnen
    Auf Hoffnung allein aber verlässt sich das rheinland-pfälzische Umweltministerium nicht. Im neuen Nationalpark Hunsrück-Hochwald darf der Naturschutz, was im Wirtschaftswald nicht geht: Gräben zuschütten, Fichten fällen, vorhandene Wege beseitigen oder so umbauen, dass Wasser drunter her fließen kann. Es geht darum, die seltenen Hangmoore zurückzugewinnen, sagt Ressortchefin Ulrike Höfken
    "und dabei diesen seltenen Tier- und Pflanzenarten wieder eine Chance zu geben, ob das Sonnentau ist oder Moosbeere, aber natürlich auch die Klimaschutzwirkungen der Moore wieder zu entwickeln."
    Trockengelegtes Moor ist ein Klimakiller, renaturiertes bindet wieder Kohlendioxid. Das Regen-gespeiste Hochmoor am Hang - ein nährstoffarmer Lebensraum mit hoch spezialisierten Arten: der Sonnentau verdaut als fleischfressende Pflanze Insekten. Die Moosbeere rankt fadenartig über die Torfmoose. Fast fünf Millionen Euro fließen über die beiden sogenannte LIFE-Projekte Moore und Hochwald bis 2020 ins Wiederherstellen von Wildnis, zum großen Teil von EU und Bund bezahlt, mit 200.000 Euro ist Rheinland-Pfalz dabei.
    Trockengelegtes Moor ist ein Klimakiller
    "Uiuiui!"
    Knöcheltief steht nach den Regengüssen der vergangenen Tage das Wasser im Ochsenbruch weiter hangabwärts. Noch sieht das Moor in spe mehr wie eine Baustelle aus. Am Rand liegen noch Reste der hölzernen Spundwände, die hier angespitzt in die Entwässerungsgräben Boden gerammt wurden. Sägemehl und Hackschnitzel wurden großflächig eingestreut,
    "Sodass das Wasser, was in den Gräben ist, so hoch anstaut, dass es in die angrenzenden Torfbereiche sickern kann."
    Erklärt Moritz Schmitt von der Umweltstiftung Rheinland-Pfalz. Fichten wurden gefällt, an den Binsengräsern rankt schon die Moosbeere hoch. Hier wächst in den kommenden Jahren Moor, ein Millimeter im Jahr. Libellen schwirren übers Feuchtgebiet, die Kleine Moosjungfer ist hier zuhause. Und vielleicht flattert hier irgendwann wieder der verschwundene Hochmoor-Perlmutterfalter. Weiter nördlich, in den renaturierten Mooren der Eifel ist es gelungen, ihn wiederanzusiedeln.