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Nationalpark Wattenmeer
"Große Erfolge im Bereich des Meeresschutzes erreicht"

Um das Wattenmeer ist es deutlich besser gestellt als noch in den 80er-Jahren, sagte der Leiter des Nationalparks, Detlef Hansen, im Dlf. Es habe ein gesellschaftliches Umdenken stattgefunden. Heute seien die Nordfriesen stolz auf den Nationalpark vor der eigenen Haustür.

Detlef Hansen im Gespräch mit Georg Ehring |
    Gähnende Kegelrobbe auf Helgoländer Düne
    Kegelrobben - die größten Raubtiere an der Wattenmeerküste (PA/dpa/Hinrich Bäsemann)
    Georg Ehring: Das Wattenmeer hat schon etwas Faszinierendes. Bei Hochwasser ist es komplett überflutet, bei Niedrigwasser dagegen zum großen Teil begehbar, barfuß oder auch in Gummistiefeln. Touristen laufen unter Anleitung von Insel zu Insel, um dann mit dem Schiff zurückzufahren. Seit rund 33 Jahren ist das Watt in Schleswig-Holstein Nationalpark, und das aus gutem Grund: Seegräser, Seehunde, Salzwiesen und viele andere einzigartige Tier- und Pflanzengesellschaften, die nur hier vorkommen.
    Der Schutz der Meeresnatur ist in diesen Tagen Thema des Deutschen Naturschutztages in Kiel, und ich habe vor dieser Sendung den Leiter des Nationalparks Detlef Hansen gefragt, ob die Natur dort jetzt besser geschützt ist als zur Zeit der Gründung.
    Detlef Hansen: Ein eindeutiges Ja. Als ich 1984 anfing, mich für den Wattenmeerschutz zu engagieren, da wurden noch die letzten großen Wattflächen eingedeicht, 4.000 Hektar noch Anfang der 80er-Jahre. Das waren die letzten Maßnahmen ihrer Art auf Kosten des Wattenmeeres. Von daher gab es da ein gesellschaftliches Umdenken, ein klares Plus auf der Habenseite.
    Die Situation Anfang der 80er-Jahre wurde ausgiebig öffentlich diskutiert. Meeresschutz wurde Thema. Dünnsäure wurde verklappt, Klärschlamm wurde verklappt, aus Sellafield sogar schwach radioaktive Abfälle, hohe Nährstoffeinträge sorgten für Schaumberge an den Stränden, so dass viele Fremdenverkehrseinrichtungen damals Bürsten und Ölentferner bereitstellten. Alles das ist heute Geschichte. Das sind große Erfolge, die wir im Bereich des Nordseeschutzes und des Meeresschutzes im Nationalpark erreichen konnten.
    Blick übers Watt mit den typischen Wattwurm-Häufchen
    Blick übers Watt mit den typischen Wattwurm-Häufchen (Deutschlandradio / Axel Schröder)
    Ehring: In den Anfangsjahren war der Nationalpark mit strengen Schutzbestimmungen ja durchaus umstritten. Hat sich das geändert?
    Hansen: Ja, es gab kaum Befürworter des Nationalparks. Heute, wenn wir unsere Nordfriesen und Dithmarscher an der Küste fragen, wie haltet ihr es denn mit dem Nationalpark vor eurer Haustür, dann sagen über 80 Prozent, darauf sind wir stolz. Wir haben es gemeinsam erreicht, Bevölkerung und Verwaltung und Politik, dass der Nationalpark bei den Menschen angekommen ist, vor allen Dingen, weil wir ihnen die Ängste nehmen konnten, die ursprünglich da waren, Ängste nämlich, dass man im Wattenmeer gar nichts mehr darf. Da haben wir, glaube ich, eine verträgliche Nationalpark-Formel und für die Menschen ein akzeptables Miteinander gefunden.
    "Die großen Themen sind natürlich bei uns Vermüllung der Meere"
    Ehring: Was ist denn heute umstritten? Wo gehen die Meinungen noch auseinander?
    Hansen: Die großen Themen sind natürlich bei uns Vermüllung der Meere. Das ist aber kein Punkt, wo wir im Dissens sind. Dort gibt es gemeinsame Aktionen. Gemeinsam sind wir auch dabei, das Wattenmeer zu schützen vor Havarien. Im nächsten Monat jährt sich zum 20. Mal die Strandung der Pallas vor Amrum, wo nur 60 Tonnen Öl ausliefen, aber 16.000 Vögel starben. Da ist man schnell beieinander.
    Wo es noch offene Punkte gibt, da müsste man wahrscheinlich nennen das Thema Krabbenfischerei im Nationalpark, bislang noch auf weiten Flächen des Nationalparks zulässig. Hier sind wir im Gespräch mit den Fischern, dieses in Zukunft nationalparkverträglicher, nachhaltig vor allen Dingen auch ökologisch, aber auch ökonomisch zu gestalten.
    Blick auf das Wattenmeer
    Blick auf das Wattenmeer (picture alliance / dpa Foto: perschfoto)
    Ehring: Durch den menschengemachten Klimawandel steigt der Meeresspiegel langsam aber sicher, in diesem Jahrhundert möglicherweise um bis zu einem Meter. Ist es dann aus mit dem Wattenmeer?
    Hansen: Ja, da gibt es viele Fragezeichen. Wir machen uns da natürlich Sorgen um den substanziellen Erhalt des Wattenmeeres. Bislang ist es um 20 Zentimeter pro Jahrhundert gestiegen und das Wattenmeer ist in diesem Zeitraum mit gewachsen, weil es immer ausreichend Sedimente gab, die das System fütterten.
    Ob das so bleiben wird, wenn der Meeresspiegel schneller ansteigt, das wissen wir nicht. Da haben wir eine Strategie uns erarbeitet, wo wir uns mit den Küstenschützern, mit den Kommunen, mit Naturschutzverbänden zusammengetan haben, uns mal außerhalb des Tagesgeschäftes, wenn ich es mal so salopp sagen darf, hingesetzt und verschiedene Szenarien durchgespielt: Was passiert bei 50 Zentimeter Anstieg, bei 80 Zentimeter und bei einem Meter Anstieg pro Jahrhundert? Wie würde das Wattenmeer, das Ökosystem reagieren?
    Da haben wir natürlich dann auch Bilder projiziert, die im schlimmsten Falle so aussehen, dass aus unserer Wattenmeerküste eine flache Meeresbucht entstehen kann - nicht heute, nicht morgen, auch nicht in 50 Jahren, aber auf einem Zeitstrahl, wenn man in Jahrhunderten denkt, könnte das ein Szenario sein.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.