ÖVP-Chef Kurz (*) sagte am Sonntagabend im ORF, er werde auf alle im Parlament vertretenen Parteien zugehen. "Ich werde mir jeden Schritt sehr gut überlegen", betonte er in einer Runde der Spitzenkandidaten.
Die ÖVP ist nach Hochrechnungen großer Sieger der Wahl mit 37,1 Prozent der Stimmen - einem Plus von 5,6 Prozentpunkten im Vergleich zu Nationalratswahl 2017. SPÖ und FPÖ sind dagegen deutlich abgesackt. Zulegen konnten dagegen die Grünen.
ÖVP hat Koalitionsoptionen rechts und links der Mitte
Sie erreichten 14 Prozent und schafften damit nicht nur den Wiedereinzug ins Parlament. Angesichts des starken Wahlergebnisses wäre ein Bündnis von ÖVP und Grünen denkbar. Die SPÖ sackte hingegen auf ein historisches Tief.
Gewinne für die Grünen, Verluste für FPÖ
Grünen-Chef Werner Kogler hielt sich jedoch zunächst bedeckt. Die Grünen seien gesprächsbereit, aber wirkliche Koalitionsverhandlungen ergäben nur Sinn, wenn sich die ÖVP bei den Themen Korruptionsbekämpfung, Kinderarmut und Klimaschutz bewege. Es werde keine Koalition um jeden Preis geben, betonte er.
Der FPÖ-Chef Norbert Hofer betonte aufgrund des Wahldebakels den neuen Kurs seiner Partei, nicht unbedingt eine Regierungsbeteiligung anzustreben. Der Wahlausgang sei "kein Auftrag zu einem progressiven Eintritt in Koalitionsgespräche", sagte Hofer.
FPÖ und die Nähe zur extremen Rechten
Die FPÖ geriet kurz vor der Wahl wegen der Nähe zur Identitären Bewegung unter Druck. Laut der Boulevardzeitung "Österreich" soll Reinhard Teufel, früherer Kabinettschef im Innenministerium von Herbert Kickl, häufiger in Kontakt mit dem Chef der rechtsextremen Identitären Bewegung gestanden haben.
Proteste in Wien: "Nie wieder Schwarz-Blau"
Am Wochenende vor der Wahl gingen in Wien rund 8.000 Menschen auf die Straße, um gegen eine Wiederauflage des Bündnisses von ÖVP und FPÖ zu demonstrieren. "Nie wieder Schwarz-Blau" stand auf einem Spruchband der Demonstranten. Sie warfen der ÖVP und FPÖ Rassismus, Sozialabbau und Klimazerstörung vor.
Ibiza-Affäre und zerstörte Festplatten
Auslöser für die vorgezogenen Nationalratswahl war das von "Spiegel" und "Süddeutsche Zeitung" veröffentlichte Ibiza-Video von 2017, mit dem damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Die Ibiza-Affäre um den Ex-FPÖ-Parteichef Strache löste in Österreich ein politisches Beben aus und sprengte die Koalition aus FPÖ und ÖVP. Als Folge stürzte am 27. Mai in Österreich die Regierung von Sebastian Kurz über ein Misstrauensvotum der Opposition. Auch der damalige Kanzler Kurz geriet in die Schlagzeilen, weil ein Mitarbeiter vor dem drohenden Sturz der Regierung fünf Festplatten aus dem Kanzleramt zerstört haben soll.
Übergangsregierung unter Kanzlerin Bierlein
Seit dem Bruch der rechtskonservativen Koalition regierte eine aus hohen Beamten unter der Führung von Kanzlerin Brigitte Bierlein. Im Parlament gibt es dadurch keine feste Koalition, die Parteien treffen derzeit viele Entscheidungen mit wechselnden Bündnissen.
*Anmerkung der Redaktion: Wir haben die zuvor falsche Parteizuordung für Sebastian Kurz korrigiert.