Journalistisch wirkende Werbeanzeigen, sogenannte Native Ads, tauchen immer öfter in sozialen Netzwerken auf oder auf den Seiten als seriös geltender Medienhäuser. Nicht immer können Leser sie sofort als Werbung identifizieren. Ein schwieriges Unterfangen. Beim Berliner Unternehmen plista geht es vor allem um eins: bezahlte Inhalte, die wirken wie Online-Artikel, sollen beim interessierten Nutzer landen. Jana Kusick ist Managing Director. Sie bringt die umstrittene Werbeform auf die Webseiten großer Medienhäuser:„Du liest nen Artikel - zum Beispiel auf Spiegel Online -, bist unter dem Artikel und dann steht da: Das könnte Sie auch interessieren. Und innerhalb dieser Technologie passieren ganz viele Sachen. Das heißt, wir werten viele Daten aus. Wir wissen sehr viel über den Nutzer, was der für Interessen hat, was der liest und klickt."
Passgenaue Empfehlungen
Daraus entwickeln die Technologie-Profis passgenaue Empfehlungen. Freiwilliger Werbekonsum lautet die Devise: Wer etwas über Autos liest, findet eine entsprechende Überschrift. Die führt zu Artikeln von Unternehmen. Keineswegs plumpe Werbebotschaften, sondern spannende Geschichten und Service-Berichte mit Mehrwert. So funktioniert Werbung heute. Doch das allein reicht nicht, weiß Jana Kusick: "Es gibt nicht nur die eine Seite - ich habe eine tolle Content Marketing Strategie und ich kann Geschichten erzählen - sondern sie müssen auch gefunden werden, sie müssen auch gelesen werden."
Schlaue Algorithmen machen das möglich. Sie werten die Klicks der Nutzer sofort aus. Native, das heißt nichts anderes als vertraut. Native Advertising heißt also Werbung in einem vertrauten Umfeld. Das Design der Werbetexte ähnelt dem Rest der Webseite. Für die Stories werden Journalisten eingekauft. Den Erfolg dieser Strategie beweisen Medienhäuser in den USA und Großbritannien: Auf den Webseiten renommierter Blätter wie New York Times oder Guardian erscheinen schon lange Native Ads.
Journalistenverband sieht Chancen
Eva Werner, stellvertretende Pressesprecherin des Deutschen Journalistenverbands, sieht darin auch Chancen: "Werbung ist ein nötiges Beigeschäft für freie Journalisten. Und natürlich gucken sie auf Native Advertising als eine mögliche Form, ihr journalistisches Schaffen auch mitzufinanzieren. Das ist auch völlig legitim. Nicht legitim wäre es allerdings, wenn diese Werbung nicht gekennzeichnet ist."
Nur wie soll eine solche Kennzeichnung aussehen? Klare Regelungen gibt es nicht. Wo früher in der Zeitung der Begriff "Verlagssonderveröffentlichung" unübersehbar über dem Artikel prangte, steht in der digitalen Welt das Wort "sponsored" (gesponsert) in unauffällig schwachem Grau irgendwo am äußersten Rand der Internetseite. Werner: "Es ist ja auch so, dass der Pressekodex auch für Onlinebereiche gilt. Und da muss natürlich im Zweifelsfall der Presserat prüfen, ob das genug gekennzeichnet ist." Auch beim Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger ist Native Advertising ein umstrittenes Thema. Hans-Joachim Fuhrmann ist Mitglied der Geschäftsleitung: "Wir haben für uns den Anspruch definiert: Native Advertising darf auf keinen Fall dazu führen, dass das große Vertrauen, das die Leser und User unseren Webseiten entgegen bringen, beschädigt wird.
Verdoppelte Budgets
Aber die Werbebranche ist da schon einige Schritte weiter: Für Native Advertising auf mobilen Endgeräten sollen sich die Budgets laut Prognosen in diesem Jahr weltweit mehr als verdoppeln. Daniel Horsetzky, Marketing-Experte bei plista, hat das Thema seit Jahren fest im Blick: "Meines Erachtens wird sich das Format Native Advertising als feste Größe im Marketing Mix etablieren. Und dann anschließend auch zur festen Umsatzgröße für Verlage werden."
Fuhrmann: "Wenn Native Advertising wirklich gut gemacht ist, kann es die Qualität eines Zeitungswebangebots ja sogar noch unterstreichen. Weil eine gute Geschichte ist eine gute Geschichte, ist eine gute Geschichte. Wenn sie dann aus der Redaktion eines Unternehmens kommt oder einer Agentur und das wird kenntlich gemacht - dann ist doch alles ok."