Wenn Soldaten der ukrainischen Streitkräfte im Osten der Ukraine Kontakt zu ihren Vorgesetzten oder den in der Nähe operierenden Verbänden halten wollen, müssen sie sehr oft zum Handy greifen. Da werden dann militärisch wichtige Informationen einfach so weitergegeben wie sonst eine Verabredung mit dem Freund für das nächste gemeinsame Bier getroffen werden. Die russischen Separatisten und ihre Unterstützer lachen sich ins Fäustchen. Denn dass diese Gespräche munter abgehört werden, liegt auf der Hand. Das wissen auch die Experten in der Nato, die sich Gedanken darüber machen, was die ukrainische Armee an militärischem Gerät am dringendsten bräuchte. Funkgeräte, die eine Kommunikation auf Frequenzen ermöglichen, die nicht sofort abgehört werden können, die vielleicht auch die Fähigkeit zur Verschlüsselung haben. Die Standorte und Pläne der ukrainischen Armee wären dann nicht mehr so offen erkennbar.
Zudem hat die ukrainische Armee wenig Möglichkeiten, aufzuklären, wo die Separatisten gerade ihre Schwerpunkte setzen, wohin sich Marschgruppen bewegen, wo das schwere Gerät gerade hingefahren wird. Auch in diesem Bereich haben die Analysten der Nato ein großes Defizit ausgemacht. Die Aufklärung des Gegners ist aber, daran kann kein Zweifel bestehen, eine wichtige Voraussetzung für die Organisation der eigenen Operationen. Zudem fehlt es den ukrainischen Streitkräften an Möglichkeiten der Luftabwehr. Wenn immer sie aus der Luft angegriffen werden, sind sie dem gegenwärtig nahezu hilflos ausgesetzt.
Nato selbst kann keine Waffen liefern
Das sind drei Elemente, die nach der Analyse der Nato in Rede stünden, wenn sich westliche Staaten zu einer Ausrüstungshilfe, wie das im Jargon heißt, entschließen sollten. In diesen drei Bereichen ist der Ausbildungsbedarf für die ukrainischen Streitkräfte recht gering. Ein Experte meinte zum Beispiel, bei einem Funkgerät reiche die Bedienungsanleitung. Insofern wären dies Güter, die recht schnell Wirkung entfalten können. Schweres Gerät wie panzerbrechende Waffen oder gepanzerte Fahrzeuge stehen nach diesen Informationen nicht ganz oben auf der Liste dessen, was die Nato schnell zu liefern empfiehlt. Die Nato selbst kann keine Waffen liefern, weil diese alle im Besitz der Nato-Staaten sind. Sie analysiert aufgrund ihrer Aufklärungsergebnisse aber die Bereiche, in denen es besonders fehlt.
Gegen die Lieferung von schwerem Gerät spricht unter anderem, dass die ukrainische Armee bisher weitgehend mit Systemen aus russischer Produktion ausgerüstet ist. Das bedeutet, dass für die Nutzung westlichen Geräts ein hoher Ausbildungsbedarf besteht, den nur Soldaten westlicher Armeen bedienen können. Dies kann nach der gegenwärtigen Lage nicht in der Ukraine geschehen. Wollten westliche Staaten dies in der Ukraine machen, würden sie ebenfalls Soldaten dort einsetzen und damit zumindest in der russischen Propaganda genau dasselbe machen, was sie Russland vorwerfen. Ob die Verständigung auf eine solche Lieferliste ein Ausweg wäre, auch Deutschland zu einer Zustimmung zu bewegen, ist offen. Jedenfalls wären das keine schweren Waffen, keine offensiven Systeme, sondern eindeutig Verteidigungswaffen, heißt es bei der Nato.