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NATO-Generalsekretär Stoltenberg
Der Anti-Rasmussen

Früher ging Jens Stoltenberg gegen die NATO auf die Straße, heute wird er Generalsekretär des Bündnisses. Er gilt als Gegenentwurf zu seinem Vorgänger Anders Fogh Rasmussen. Bei seiner Ernennung spielte auch ein Anruf von Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Rolle.

Vom Tim Krohn |
    Der designierte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
    Der designierte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. (AFP / NTB Scanpix / Hakon Mosvold Larsen)
    Diesen Job hatte er ganz sicher nicht auf dem Zettel. Bücher schreiben, Vorträge halten, Parteikonzepte erarbeiten, alles Mögliche hätte er sich vorstellen können. Aber NATO-Generalsekretär? Ausgerechnet er?
    "Das erste Mal, dass ich davon hörte, da saß ich gerade in meinem Büro und hab gegrübelt, wie es mit mir denn weiter gehen soll", sagt Jens Stoltenberg. "Da ruft mich plötzlich Angela Merkel an und fragt, ob ich denn zugänglich sei für eine mögliche internationale Aufgabe, zum Beispiel in der NATO."
    Angela Merkels Vorschlag - Jens Stoltenberg muss fast etwas grinsen, als er davon erzählt. Eine gewisse Ironie hat die Idee ja auch. Da macht die NATO einen zum Chef, der früher des öfteren mal lauthals gegen das Bündnis auf die Straße ging.
    Durch und durch freundlich wirkender Mann
    Der Jungsozialist Stoltenberg änderte dann, nach dem Vietnamkrieg, langsam aber sicher seine Meinung. Arne Grödal, ein alter Freund aus wilden Juso-Zeiten, erinnert sich an einen Riesenkrach:
    "Das war damals in etwa so, als wenn man jemand sagen würde, Martin Luther sei eigentlich katholisch. Hätten wir es gekonnt, wir hätten ihn sogar rausgeschmissen. Jens kann aber auf so viele Arten sozial und freundlich sein, wirklich einnehmend. Wir hatten nichts gegen ihn als Person, wirklich nicht."
    Wie soll man auch? Was lässt sich überhaupt sagen gegen diesen durch und durch freundlich wirkenden Mann? Stoltenberg kann zuhören, sich zurücknehmen. Seine Bescheidenheit und Nachdenklichkeit wirkt wie ein personifizierter Gegenentwurf zu seinem zuweilen brachial lauten Vorgänger im Amt, dem Dänen Anders Fogh Rasmussen.
    "Ich hoffe, dass ich niemals hochmütig bin und dass ich genügend Selbstironie habe. Die Politiker, mit denen man verhandelt, das sind ja alles ganz normale Menschen, viel normaler, als man denkt. Wenn man sie auch so behandelt, dann geht es meistens gut."
    Erfahrende Diplomaten in der Familie
    Stoltenberg kann das. Sich nicht größer machen als die anderen - dieses Mantra der norwegischen Politik hat der 55-Jährige von Kindesbeinen an verinnerlicht. Sein Vater Thorwald war Außenminister und Friedensschlichter auf dem Balkan. Seine Mutter, seine Frau, alle in seiner wohlhabenden Familie sind erfahrene Diplomaten.
    Mit 41 Jahren wählten ihn die Norweger zum jüngsten Ministerpräsidenten ihrer Geschichte. Stoltenberg hielt sich zunächst für anderthalb Jahre, kam später zurück und blieb. Acht Jahre lang. Dann kam der 22. Juli 2011.
    "Wir bleiben ein offenes Norwegen, ein demokratisches Norwegen"
    Stoltenberg wiederholte und variierte diesen einen Satz immer wieder. Er war Norwegens Antwort auf die Anschläge von Oslo und Ütöya. Die ganze Welt wurde plötzlich aufmerksam auf diesen netten, schlanken Mann mit der randlosen Brille. Die Norweger wählten ihn später trotzdem ab. Und da saß er dann nun, bis zu dem Anruf von Merkel.
    "Ich hatte ihr gesagt, dass das Angebot zu früh kommt und hab ihr erst einmal keine Antwort gegeben. Ich war auch sehr unsicher, ob bei der NATO nun wirklich ein Norweger Nachfolger eines Dänen werden kann. Aber naja, dann passiert´s halt doch. Da habe ich schließlich ja gesagt."