Die besorgten Töne, die unüberhörbar aus Europa über den Atlantik hallen, haben ihren Grund. Donald Trump ist weiterhin auf Krawall gebürstet und ist offenbar bereit, den Keil immer tiefer zwischen die USA, Europa und die NATO-Partner zu treiben.
Das Handelsdefizit gegenüber der EU auf der einen Seite und das Vermögen, das die Vereinigten Staaten selbstlos für Europas Schutz in die NATO stecken - das ist das immerwährende Motiv dieses schwelenden Streites, der auf dem NATO-Gipfel offen aufzubrechen droht. Mit dem Fuß gewissermaßen bereits auf dem Absatz in die Präsidentenmaschine Airforce One legte Trump noch nach: Auf der Tagesordnung seiner Europareise stehe die NATO, die die USA permanent schlecht behandle; Großbritannien, das sich in einem politischen Chaos befinde; und das Gipfeltreffen mit Putin, das im Vergleich mit allen anderen Begegnungen zur leichtesten Übung werde. Denn Putin sei weder Freund noch Feind, sagte Trump, er sei schlichtweg ein politischer Mitbewerber.
Die Angst der Gipfelteilnehmer vor dem Eklat
Mittlerweile sind indes nicht nur vielen Gipfelteilnehmern die Sorgenfalten ins Gesicht geschrieben – befürchtet wird ein weiterer Eklat wie auf dem Gipfeltreffen der G7 Anfang Juni in Quebec, als Trump nachträglich seine Unterschrift unter dem Abschlussdokument zurückzog. Das könnte zu einer ernsten Belastungsprobe für das westliche Bündnis werden. Dies umso mehr, als Trump im Anschluss nach Helsinki reist, um dort Wladimir Putin zu treffen - unter vier Augen, ohne Berater, ohne Zeugen, wie Trump insistierte. Nicht nur Chuck Schumer, der demokratische Minderheitsführer im Senat, befürchtet, der Präsident könnte in dieser Begegnung wichtige Verhandlungspositionen räumen - ohne vorherige Rücksprache mit den Verbündeten.
Sorge in Washington über Trumps Brüskierungen
Konkret wird im politischen Washington die Sorge geäußert, Trump könne Putin in der Frage der Krim-Annexion allzu weit entgegenkommen. Seine Beraterin im Weißen Haus, Kellyanne Conway, weist das allerdings energisch zurück. Indes sind es auch Trumps eigene Parteifreunde, die ihr Unbehagen offen zu Protokoll geben. Senator Jeff Flake treibt insbesondere die Tatsache um, dass der amerikanische Präsident die eigenen Verbündeten immer aggressiver brüskiert, während er dem schärfsten Gegner der Vereinigten Staaten um den Bart geht.
Und Bob Corker aus Tennessee, auch er republikanischer Senator, sah sich genötigt, noch einmal klarzustellen, dass Putin durchaus kein Freund sei, der Demokratie und Pluralismus fördere und die Korruption bekämpfe.
Zwei, die sich in Ablehnung der NATO bedenklich einig sind
So wird das geplante Gipfeltreffen zwischen Donald Trump und Wladimir Putin wie ein Damoklesschwert über dem zunächst anstehenden NATO-Gipfel hängen - weil anschließend in Helsinki zwei Staatschefs aufeinandertreffen, die sich in der Ablehnung der westlichen Verteidigungsgemeinschaft bedenklich einig sind. Der eine, Donald Trump, weil er sie als anachronistisches Erbe einer überkommenen Weltordnung sieht. Der andere, Wladimir Putin, weil er sie aus machtpolitischen Gründen schwächen möchte.