Am 2. August läuft der INF-Vertrag zwischen den USA und Russland aus. Das ist die überwiegende Erwartung in der Nato. In der sechsmonatigen Übergangsphase, nach der Suspendierung durch die USA, hat sich auf der Gesprächsebene wenig getan. Dennoch gilt noch immer die Devise: Russland habe noch ein Zeitfenster von nun fünf Wochen, um wieder vertragstreu zu werden.
Wenig Hoffnung auf Wunder
In der nächsten Woche am 5. Juli soll noch einmal der Nato-Russland-Rat tagen, um auch über dieses Problem zu sprechen, doch Hoffnungen auf ein Wunder sind begrenzt. Und so ist dies das letzte NATO-Treffen vor dem wahrscheinlichen Ende jenes historischen Abrüstungsvertrages zwischen Russland und den USA. In der ersten Arbeitssitzung heute Nachmittag werden die Verteidigungsminister über mögliche Reaktionen und Maßnahmen für eine Welt ohne dieses Abkommen beraten.
Alle Optionen liegen auf dem Tisch, nur dass es sich um konventionelle Maßnahmen handeln wird sagte die USA-Botschafterin bei der NATO, Hutchison. Konventionelle Raketenabwehr, Nonprolieferationsverträge könnten dazu gehören. Nukleare Antworten, wie die Verstärkung und Ausweitung des amerikanischen Atomschirms oder ein neues europäisches Verteidigungssystem werden in den Bereich der Spekulation verweisen. Es wird keine spiegelbildliche Reaktion geben versicherte NATO-Generalsekretär Stoltenberg auch gestern, man wolle kein neues Wettrüsten.
Die Notwendigkeit steigender Verteidigungsausgaben wird inzwischen durchaus auch mit dem Ende des INF-Vertrages in Verbindung gebracht. Die gestern veröffentlichten Statistiken weisen einen Anstieg der Militärausgaben in diesem Jahr von 3,9 Prozent in Kanada und bei den europäischen Verbündeten zusammen genommen aus. Acht von 29 Nato Partnern erreichen in diesem Jahr das Zwei-Prozent-Ziel. Die Richtung stimmt, hieß es gestern, das positive Momentum in der NATO müsse nun aber auch genutzt werden.
Investitionen in der Zukunft
Wofür man in Zukunft investieren will, das wird auch ein Thema sein. Zum Beispiel in Satellitenen Technik: Insgesamt soll der Weltraum in Zukunft eine weitere eigene, dann fünfte, Domäne werden - neben der Verteidigung zu Wasser, zu Lande, in der Luft sowie im Cyberraum. Die NATO will dazu jetzt den Rahmen schaffen, der in den kommenden Monaten und Jahren ausgefüllt werden soll. Am Rande des Treffens wird es auch um die Entwicklung in der Golfregion und die zunehmenden Spannungen mit dem Iran gehen. Der neue amtierende US-Verteidigungsministers dürfte sich dazu gegenüber den NATO-Partnern äußern.
Mark Esper ist schon der zweite amerikanische Verteidigungsminister in nicht mal einem halben Jahr seit dem Rücktritt von James Mattis. Er hätte die Wahl gehabt, nur wenige Tage im Amt, jemand anderen zur NATO zu schicken, so die US-Botschafterin, aber er weiß, wie wichtig sein Besuch für die Partner hier ist. Im Vergleich zu seinem Vorgänger Shanahan gilt Mark Esper als politisch und militärisch erfahrener und mit guten Verbindungen in den Kongress. Ein Kandidat, den seine Partner möglicherweise öfter in Brüssel sehen werden.