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"Natürlich bin ich enttäuscht"

Nach seinem Rauswurf als Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters in Weimar hat Stephan Märki einer kleinen Gruppe im Aufsichtsrat das Anzetteln einer Intrige vorgeworfen. Das Theater in Weimar sei dieser Gruppe zu politisch gewesen. Eine überwältigende Mehrheit der Stadt habe dagegen hinter ihm und seiner Arbeit gestanden.

Stephan Märki im Gespräch mit Michael Köhler |
    Michael Köhler: Zuerst aber geht es hier um einen Rauswurf im Bühnenleben wieder einmal. Die Stadt Weimar beendet nämlich 2010 die Zusammenarbeit mit dem Generalintendanten des Deutschen Nationaltheaters Stephan Märki. So nüchtern nachrichtlich liest sich das, wenn es als Agenturmeldung daherkommt und trotz erfolgreicher Bühnenarbeit passiert. Einer Verlängerung seines Vertrages bis 2015 hat der Aufsichtsrat gestern nicht zugestimmt. Ich habe Stephan Märki, den amtierenden Intendanten gefragt, warum das Ganze? Haben Sie silberne Löffel geklaut, den Etat überzogen, schmuddeliges Theater gemacht? Was sind die Gründe aus Ihrer Sicht?

    Stephan Märki: Unterm Strich sind wir denen zu politisch und zu stark. Wir mischen uns zu sehr in gesellschaftliche Prozesse ein und sie wünschen sich ein Theater, was mehr, sagen wir mal, so ein Vergnügungsinstrument für selbsternannten Eliten ist.

    Köhler: Könnte man es auf die Formel bringen, das Land schätzt Sie, aber die Stadt will Sie nicht?

    Märki: Nein, das kann man so nicht sagen, weil ich bin mir absolut sicher, dass eine überwältigende Mehrheit der Stadt hinter uns steht. In diesem Fall war es einfach eine kleine Gruppe, muss man sagen, die eine wirkliche Intrige angezettelt hat und vielleicht eine Schwäche des Landes ausgenutzt hat innerhalb dieses Aufsichtsrates.

    Köhler: Sie wären gerne geblieben?

    Märki: Ja natürlich. Man muss dazu sagen, dass dieser ganze Meinungsfindungsprozess eigentlich schon vor einem Jahr stattgefunden hat. Nur durch eine Kabinettsumbildung des Landes hat sich aus der Sicht der Politiker eine neue Situation ergeben und dann haben sie das ganze Thema noch mal aufgerollt.

    Köhler: Sind Sie enttäuscht oder gekränkt?

    Märki: Natürlich bin ich enttäuscht, keine Frage. Für das Theater ist es ja so, dass wir jetzt zehn Jahre gegen politische Ranküne ankämpfen mussten und jetzt wirklich endlich durchgestartet sind für unser eigentliches Ziel, künstlerisch, gesellschaftlich zu wirken und zu arbeiten. Und dieser Steigflug gerade, der wird wieder je unterbrochen, obwohl wir eines unserer besten Jahre hinter uns hatten, was die Zuschauerzahlen angeht, was die Wirtschaftlichkeit angeht und was auch die lokale und überregionale Resonanz angeht. Und das Theater ist aufs Neue wieder so politischer eingespielt und ausgeliefert. So wunderbar diese Stadt ist, auch mit diesen wunderbaren Menschen, es hat leider auch dies eine Tradition hier.

    Köhler: Herr Märki, ich weiß nicht, wie dramatisch ein Theaterintendant ist. Aber sind Sie von Rachegelüsten umflort?

    Märki: Nein, unsere Aufgabe ist ja, einen Raum vorzuhalten, wo wir all die gesellschaftlichen Prozesse und natürlich auch die zwischenmenschlichen Beziehungen durchdeklinieren, um sie für die Realität zu erproben. Und ich bin da selbst auch ziemlich erprobt. Ich bin auch nicht überrascht von dem Ganzen. Ich finde es etwas schade für die Stadt. Ich liebe sie wirklich und die Menschen auch. Und ich habe nicht umsonst gerne und lange hier gewirkt.

    Köhler: Sagt Stephan Märki, dessen Vertrag als Generalintendant am Deutschen Nationaltheater Weimar nicht verlängert wird.