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Naturnahe Fluss- und Uferstrukturen

Nachdem sich die Wasserqualität des Rheins in den vergangenen Jahren spürbar verbessert hat, wollen sich Naturschützer als neues Ziel nun den Uferabschnitten widmen. "Auf zum Strand nach Duisburg" - unter diesem Motto treffen sich zur Stunde Vertreter von Umweltverbänden, Schiffsverwaltung und Politik in Duisburg-Hochemmerich zum Start eines neuen Projektes. "Lebendiger Rhein - Fluss der tausend Inseln" nennt der Naturschutzbund Deutschland die jetzt beginnenden Maßnahmen zur Schaffung naturnaher Fluss- und Uferstrukturen.

Start des NABU-Projektes über Revitalisierungsmaßnahmen für den Rhein |
    Das mit dem Strand in Duisburg klingt zwar utopisch, scheint aber nicht unmöglich. Immerhin gab es den dort schon mal: ein Kalender für 2004 zeigt eine Szene, die um 1900 in Hochemmerich und Umgebung noch Alltag war: die "Sandstrände", so heißt es im Begleittext, "lockten an heißen Sommertagen Hunderte von Badefreudigen ans Rheinufer. Die Rheinbäder dort waren wie vielerorts mit schwimmenden Holzbalken und Zäunen markierte Badezonen im freien Strom.

    Diplom-Biologe Klaus Markgraf-Maué ist sich im Klaren darüber, dass man von solch einer Idylle auf den ausgewählten anderthalb Kilometern in Duisburg noch weit entfernt ist.

    Das Ziel ist, dem Rhein, der heute begradigt mit einem Standard-Ausbau-Profil versehen ist, wieder mehr natürliche Strukturen, mehr Dynamik zu verschaffen, und dabei die Wasser- und Schifffahrtsstraße nicht anzutasten, weil es ist halt Gegebenheit, die man hinnehmen muss. Was kann man an naturnahen Strukturen wieder schaffen? Unter dieser Maßgabe, das ist also der Versuch. Da wollen wir anhand von beispielhaften Projekten zeigen, die verschiedenen Problemlagen, die es gibt am Rhein, wie kann man die beispielhaft eben aufgreifen und Lösungen finden.

    Der Weg dorthin ist im wahrsten Sinne des Worte steinig; gerade da, wo Industrie den Rhein umlagert, ist der naturnahe Strand aus Sand und Kies schon vor Jahrzehnten unter einem harten Pflaster verschwunden. Und das soll nun weg.

    Am leichtesten und einfachsten ist es, die vorhandene Uferbefestigung in Form von Steinpackungen wieder heraus zu nehmen, damit der Rhein selber gestalten kann; nach Korngrößen sortierte Sand- Kiesufer wieder zu schaffen, die sich regelmäßig umlagern - das ist so der einfachste Aspekt. Schwieriger wird es dann - auch genehmigungstechnisch - , wenn man wieder Inseln schaffen will, was wir in dem Titel so ein bisschen andeuten. Das haben wir tatsächlich vor am Niederrhein, dass wir Nebenrinnen anlegen, wo quasi dauerhaft durchflossene Bereiche sind und sich dadurch wieder echte Inseln bilden, dann können sich wellengeschützte Flachufer ausbilden.

    1500 Meter neuer Sandstrand am Rhein, das kann auf die Gesamtlänge des Stroms gesehen, nur ein bescheidener Anfang sein. Klaus Markgraf-Maué legt Wert auf die Feststellung, dass es neben dem positiven lokal erzielten Effekt vor allem um Perspektiven für die Zukunft geht.

    Ja, natürlich haben diese Projekte nicht den Anspruch, den gesamten Rhein in naturnahem Zustand zu versetzten, sondern wir wollen exemplarisch zeigen, wie man mit welchem Problem mit welcher Zielstellung umgehen kann. In Zusammenarbeit mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung versuchen wir eben an diesen Beispielen aufzuzeigen, wo es vielleicht in Zukunft langgehen kann.

    In Duisburg Hochemmerich beginnen die Bagger jetzt erst einmal, die das Ufer bildende Schlacke aufzunehmen - Steine, die nicht sehr groß sind, aber unter dem jahrzehntelangen Einfluss von Wasser und Witterung zu einem betonähnlichen Material verbacken sind. Diese Arbeiten werden sich jedoch über einen längeren Zeitraum hinziehen, denn - so Klaus Markgraf-Maué - das Material soll dem Fluss nicht endgültig verloren gehen.

    Weil das nur dann entnommen wird, wenn es anderswo gebraucht wird. Das heißt, wir haben jetzt nicht innerhalb weniger Monate die gesamte Maßnahme abgeschlossen, Sondern nur, wenn anderswo Reparaturbedarf ist. Die Wasserbausteine werden direkt wieder verwendet, d.h., man braucht keine aus dem Westerwald einkaufen und dort einen Steinbruch betreiben, sondern hat eben hier das vor Ort. Das heißt aber auch, dass es sicherlich noch bis inklusive 2006 mindestens dauern wird, weil es eben immer nur Stück für Stück gemacht wird.

    Durch die Wiederverwendung der Steine finanziert sich die Maßnahme beinahe selbst.
    Auch für ein anderes Problem, nämlich die unterschiedlichen Interessen der Betroffenen einzubinden, hat man eine Lösung gefunden. Mit im Boot sitzt - neben der Umweltstiftung, der Deutschen Umwelthilfe und der Michael-Otto-Stiftung - auch ein zahlungskräftiger Sponsor aus der regionalen Industrie. Kyocera-mita aus Meerbusch, ein Hersteller von Laserdruckern und Kopierern, kann so im Zusammenhang mit der guten Sache seien Namen ins Licht der Öffentlichkeit rücken. NABU-Projektleiter Klaus Markgraf-Maué sieht gute Chancen, dass sich im weiteren Verlauf des Projektes auch andere Firmen finanziell für einen naturnäheren Rhein engagieren. In Duisburg-Hochemmerich kann in den nächsten Jahren jeder beobachten, wie sich solch ein Engagement in natura auswirkt.
    Wenn alles gut geht, wird man dort am neuen Kies-Strand zum Beispiel wieder auf die Brutplätze des Flussregenpfeifer stoßen. Und auch im Strom wird sich einiges ändern.


    Im Wasser haben wir dann sicherlich wieder einen flach einfallenden überströmten Kiesbereich. Das ist ganz wichtig für Strömung liebende Fischarten als
    Jungfischlebensraum. Wieder auch hier mit der Einschränkung, dass natürlich der Wellenschlag den Wert begrenzt. Deswegen haben wir auch andere weiter gehende Maßnahmen, wo wir eben versuchen, jenseits der Schifffahrtsrinne Flachwasserbereiche zu schaffen, wo dann eben auch wellengeschützt Laich- und Jungfischhabitate entstehen.