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Naturschutz
Der Golfplatz als artenreiches Biotop

Golfen und Naturschutz - zwei Dinge, die auf den ersten Blick nicht miteinander vereinbar sind. Denn die Rasenflächen auf Golfplätzen sind meist plattgemäht und werden häufig mit Chemie behandelt. Anders auf einem Platz in Mainz: Hier profitieren sowohl Sportler als auch Natur von einem neuen Konzept.

Von Anke Petermann |
    Mageriten auf einem Golfplatz, im Hintergrund ist ein Golfspieler zu sehen.
    Naturschutz auf dem Golfplatz - immer mehr Plätze beweisen, dass das möglich ist (dpa/picture alliance/Horst Ossinger)
    Das teppichartige Golfgrün wird ohne Pestizide unkrautfrei gehalten, nur ultrakurz gemäht. Es umfasst nur einen winzigen Bruchteil der weitläufigen Anlage. Um die Inseln aus Golfrasen erstreckt sich eine Felslandschaft mit Schilf umstandenen Tümpeln, in denen der Eisvogel Nahrung sucht. Dazwischen Wiesen mit wildem Majoran, am Rand Trockenrasen mit Orchideen. Jens Tauchert von der Beratungsgesellschaft NATUR zeigt auf eine 40 Meter hohe Kalkfelswand des stillgelegten Steinbruchs, die allmählich zuwuchert.
    "Das etwas dunklere Grün, was da aus der Wand kommt, dahinten dran, das ist die Nische, die ist groß genug für Frau Uhu und ihre Eier, und die Jungen müssen sich am Ende schon ganz schön drängen."
    Der Biologe wendet sich an Albert Hesse, Mitgesellschafter des Platzes und Organisator des Pflegemanagements.
    "Ich hab mal überlegt, ob wir dem seine Brutnische mal ein bisschen ausräumen müssen, denn die bröckelt immer mehr ab."
    Robinien zurückdrängen, lichte Waldränder vom Esel beweiden lassen und Wiesen nach detailliertem Zeitplan mähen - das alles gehört auf dem Mainzer Golfplatz zur Biotop-Pflege. In Altgrasinseln mit hohen Halmen kann die Heuschrecke ihre Eier ablegen. Wo seltene Orchideen wachsen, wird früh gemäht:
    "Weil die Orchideen ja schon im Spätsommer ihre Blatt-Rosetten ausbilden. Wenn ich dann nachmähe, mähe ich erstens die Blatt-Rosetten ab, andererseits geht mir das Mahdgut in die Rosette und die Pflanze verfault. Also, es ist ganz wichtig, diese hohe Vielfalt in der Pflege, auch in der Nicht-Pflege, um diese Flächen zu fördern."
    Golfer respektieren die Regeln
    Am Waldsaum erstreckt sich eine einzigartige Dünenlandschaft, entstanden durch Kalkflugsande. Fliegt ein Golfball in den Dünensand, darf er von dort weitergespielt werden. Anders ist das beim umzäunten Trockenrasen mit seltenen Orchideen.
    "Wenn ein Ball die Strecke übers Biotop nicht vollkommen schafft und im Biotop liegen bleibt, dann darf der Golfer sich den Ball nicht wieder zurückholen. Der bleibt dort liegen, bis das dann ein-, zweimal gemäht wird, dann kommen die Bälle raus, und die gehen dann Richtung Jugendmannschaften."
    Die Golfer respektieren die niedrigen Zäune in der Regel. Wenn nicht, leistet Albert Hesse Überzeugungsarbeit. Denn die spektakuläre Steinbruchfolgelandschaft mit den schroffen, terrassenartigen Abbrüchen darf der Mainzer Klub nur nutzen, weil er sich zum Naturschutz verpflichtet hat.
    "Wir wären nie in so ein interessantes Gebiet reingekommen, ohne dass wir gleichzeitig auch als Ausgleichsmaßnahme dieses Drumherum pflegen. Und das ist letztendlich diese Situation, wo der Naturschutz was davon hat, und die Golfer haben eine sehr interessante Möglichkeit, ihren Sport zu betreiben."
    Ein Gewinn für Sport und Natur, meinen die Organisatoren des Deutschen Naturschutztages. Als der Platz vor sieben Jahren entstand, wurde ein Teil des allen Steinbruchs zur neuen Heimat der Mauereidechsen-Population, die den Baumaßnahmen im Mainzer Zollhafen weichen musste.
    "Das allerletzte Monitoring müssten wir 2016 gemacht haben. Aber das Ergebnis ist eigentlich immer: Die Zahlen sind stabil oder vergrößern sich, und die Flächen, auf denen die Tiere sind, werden mehr anstatt weniger. Alles, was ihnen gefällt, ist hier fußläufig zu erreichen, und so kann es passieren, dass Sie beim Golfen über das Grün laufen, da steht ein großer Stein am Rand und oben drauf sitzt die Eidechse."
    Naturschützer schließen Frieden mit Golfspielern
    Unterhalb des Hügels, den die begrünte Mülldeponie formt, verläuft der öffentliche Wanderweg durch die Anlage. Am Rand liegen Haufen aus totem Holz und Sand. Das werden die neuen frostfreien Eigenheime für Zauneidechsen, die demnächst einem Baugebiet auf angrenzenden Wiesen weichen müssen.
    "Und schön sind, wenn wir dann im nächsten April die ersten Tiere oben drauf sehen, wissen wir, sie haben da unten drunter auch überwintert."
    Golfen in ausgeräumten Rasenlandschaften war gestern. Artenreiche Plätze als Zufluchtsorte für bedrohte Tierarten tragen dazu bei, dass Naturschützer Frieden schließen mit Anhängern des edlen Outdoor-Sports. Seit einigen Jahren schon kooperiert das Bundesamt für Naturschutz mit dem Deutschen Golfverband.