Der Riss zwischen pro und kontra Wolf verläuft quer durchs Land, erklärt Uwe Schanz, der im westlichen Brandenburg als ehrenamtlicher Wolfsbeobachter durch den Wald streift.
"Das ist in der Bevölkerung sowie bei den Jägern einfach auch eine zweigeteilte Meinung. Die einen sagen, sie finden es gut, sie können damit leben. Die anderen sagen, sie wollen es nicht, weil es einfach die Jagd schwieriger macht - das Ansitzen, die Pirsch und so weiter."
Denn wo der Wolf im Revier ist, da wird das Wild vorsichtiger. Und die Raubtiere erobern sich von der Grenze zu Sachsen und Sachsen-Anhalt im Süden aus immer neue Gebiete Brandenburgs. Uwe Schanz betreibt das so genannte Monitoring für ein neu zugezogenes Wolfsrudel nahe seines Dorfes Ragösen. Er schaut auf sein piepsendes GPS-Gerät:
"Wir befinden uns im Landkreis Potsdam-Mittelmark in der Nähe von Bad Belzig und werden jetzt mal schauen, ob wir hier vielleicht ein paar Hinweise, ein paar Spuren finden können."
Während er Ausschau hält, erzählt Schanz, dass die Jagd auf den Wolf keine einfache sei, denn die Tiere seien extrem scheu. Auch ernährten sie sich hauptsächlich von Rehwild oder Wildschweinfrischlingen - und entgegen landläufiger Vorurteile kaum von Schafen oder Kühen.
"Das ist ein bisschen unterschiedlich, je nach Region kann das auch mal ein bisschen mehr sein. Aber im Großen und Ganzen liegt das irgendwo um die ein Prozent."
Dann eine Spur im hellen Sand des Waldweges: große Pfoten, zehn, zwölf Zentimeter lang, acht Zentimeter breit.
"Also wenn wir hier mal schauen gibt's jede Menge Abdrücke. Na ja, ob das jetzt ein Wolf ist, das ist jetzt die Frage. Weil, von so einem einzelnen Abdruck, der hier zwar wunderbar ist - man kann hier sehen: die Ballen, die Krallen noch hier vorne, der Hinterballen - ist es erst mal sehr schwierig zu sagen, ob es ein Wolf ist. Wir gehen mal ein Stück weiter, vielleicht haben wir Glück und finden noch eine eindeutige Spur."
"Wolf erschossen und geköpft"
Die junge Wölfin, die Unbekannte in den Weihnachtsfeiertagen im Süden Brandenburgs an der Grenze zu Sachsen erschossen haben, wurde nur etwa ein Jahr alt. Der Kopf wurde ihr abgeschnitten, offenbar waren Trophäenjäger unterwegs. Erst vor wenigen Monaten hatte es einen ganz ähnlichen Fall unweit des Spreewaldes gegeben: Wolf erschossen und geköpft. Christiane Schröder vom Naturschutzbund in Potsdam sorgt sich, dass die Dunkelziffer noch viel höher sei:
"Das Problem ist aber, dass wir immer wieder ganze Rudel haben, die von heute auf morgen spurlos verschwinden mehr oder weniger, nicht mehr beobachtet werden können. Da kann man viel drüber spekulieren. Ich werde jetzt hier auch nicht irgendwen verdächtigen, weil, kann ich auch nicht - ob das jetzt irgendwelche Jäger sind, Sportschützen, Landwirte, wer auch immer da den Hass gegenüber den Wölfen hegt, aber es gibt solche Leute, denen es ein Dorn im Auge ist und die dann das Gesetz in die eigene Hand nehmen. Und das ist eben eine Straftat."
Und keine geringfügige, wie Behördensprecher Dietmar Keck erklärt: "Diese Sachverhalte werden deswegen vom LKA, dem Landeskriminalamt bearbeitet, weil der Wolf eine besonders geschützte Art ist und es hier also nicht um Jagdwilderei oder ähnliche Delikte geht, sondern es geht hier tatsächlich um gravierende Delikte gegen den Artenschutz."
Viele sehen die Rückkehr des Wolfes skeptisch
Wer die begangen hat, ist noch völlig unklar, auch der Fall des ebenfalls geköpften Wolfes vom Sommer noch nicht gelöst. Weswegen die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe 5000 Euro Belohnung für Hinweise ausgesetzt hat. Der Landesjagdverband nimmt seine Mitglieder in Schutz und spricht von Wilderern: Wer die Tiere illegal abschieße, verliere seinen Jagdschein. Tatsächlich war es der Jagdverband, der Anzeige gegen Unbekannt erstattet hat, nachdem ein Revierpächter die tote junge Wölfin gefunden hatte. Und dennoch ist es kein Geheimnis, dass viele Brandenburger Jäger die Rückkehr des Wolfes skeptisch sehen. Auch nicht für die Biologin Christiane Schröder vom NABU:
"Dieser Konkurrenzgedanke ist ganz groß. Was die Jäger ja auch immer ein bisschen im Hinterkopf haben: Das ist ja unser Wild dort im Wald - was es ja aber nicht tatsächlich ist. Ein Jäger kriegt eben keine Entschädigung für das gerissene Tier, was draußen vom Wolf gefressen wird."
Doch ist nicht genug für alle da? Ein Drittel Brandenburgs ist von Wald bedeckt, es gibt entsprechend viel Wild. Genau das zieht die Raubtiere ja auch ins Land. Wolfsbeobachter Uwe Schanz sieht darin kein Problem: "Eigentlich sollten die Jäger meiner Meinung nach doch froh sein über diese Unterstützung. Denn soweit mir persönlich bekannt ist, werden ja oft diese notwendigen Wildstrecken gar nicht geschafft."